Kompaktlexikon der Biologie: Fotosyntheseforschung
METHODEN
Fotosyntheseforschung
Die Bedeutung der Fotosynthese für das Leben auf der Erde hat dazu geführt, dass sich Forscher unterschiedlicher biologischer Teildisziplinen immer wieder mit der Erforschung einzelner Aspekte befasst haben bzw. auch heute noch befassen. So sind viele Erkenntnisse über die Beschaffenheit der Komponenten der Fotosysteme der Elektronentransportketten Versuchen zu verdanken, die seit den 1930er-Jahren durchgeführt wurden (Emerson-Effekt). Bereits vorher waren Versuche zum Aktionsspektrum der Fotosynthese durchgeführt worden, die zeigten, dass nur Licht bestimmter Wellenlängen die fotosynthetische Sauerstoffproduktion auslösen kann (z.B. Engelmann-Versuch). Und mit einer speziellen Messkammer konnten F. Blackman (1866-1947) und Mitarbeiter den Einfluss äußerer Faktoren wie Licht und Temperatur auf die Fotosynthese beschreiben.
Vor allem in den 1950er-Jahren wurde jedoch eine Reihe von bahnbrechenden Forschungsergebnissen erzielt. Dabei galt es nicht zuletzt, den Mehrschrittcharakter, d.h. die voneinander getrennt ablaufenden Lichtreaktionen und CO2-Fixierung der Fotosynthese zu bestätigen, der auch unter dem Einfluss von O. Warburg mehrfach in Frage gestellt worden war. Bereits 1937 stellte sich heraus, dass belichtete Blattextrakte in Abwesenheit von CO2 Sauerstoff entwickeln, wenn künstliche Elektronenakzeptoren wie Fe3+ vorhanden sind (Hill-Reaktion). Etwas später konnten D. Arnon und Mitarbeiter zeigen, dass nicht nur bei der mitochondrialen Atmung, sondern auch bei der Fotosynthese ATP und NADPH gebildet werden und eine Schlüsselstellung einnehmen. Mit Einführung von neuen biophysikalischen Analyseverfahren wie der Absorptionsdifferenzspektroskopie gelang es, bei höheren Pflanzen und fototrophen Bakterien die Existenz fotochemisch aktiver Reaktionszentren nachzuweisen. Die Verbindung der beiden Fotosysteme wurde anhand von photochemischen und thermodynamischen Untersuchungen durch R. Hill und F. Bendall im so genannten Z-Schema zusammengefasst.
Doch nicht nur bei der Erforschung der Lichtreaktionen, sondern auch hinsichtlich der fotosynthetischen CO2-Fixierung wurden in den 1950er-Jahren große Fortschritte erzielt. Hierzu zählen die von M. Calvin und Mitarbeitern durchgeführten Untersuchungen des reduktiven Pentosephosphatweges (Calvin-Zyklus), bei denen unter Verwendung von radioaktiv markiertem CO2 sämtliche Intermediate ermittelt werden konnten. Weitere Experimente der folgenden Jahre führten zu einem zunehmend besseren Verständnis vieler Aspekte der Fotosynthese. In einem eleganten Experiment gelang es z.B. A. Jagendorf und Mitarbeitern 1967, den chemiosmotischen Mechanismus der ATP-Synthese zu identifizieren und somit zu beweisen, dass ATP ohne direkte Lichtbestrahlung gebildet werden kann. Sie isolierten Thylakoide mit einem pH-Wert von 8 und überführten sie in einen Puffer mit pH 4. Der dadurch entstandene Protonengradient trieb die ATP-Synthese an, was anhand radioaktiver Markierungsversuche bestätigt werden konnte. Ein Meilenstein der F. war auch zu Beginn der 1980er-Jahre die Aufklärung der dreidimensionalen Struktur des Reaktionszentrums von Rhodopseudomonas viridis mittels hochauflösender Röntgenstrukturanalyse durch H. Michel, J. Deisenhofer und R. Huber.
Die Untersuchung der Fotosynthese ist jedoch nicht nur für die Aufklärung der bisher beschriebenen Aspekte von großem Interesse, sondern auch in anderen Zusammenhängen nützlich. Ökophysiologen und Landwirte sind an der Messung der Fotosyntheserate interessiert, die ihnen Informationen über die CO2-Fixierung bei bestimmten Umweltbedingungen liefern und z.B. Hinweise auf ertragsmindernde Stressfaktoren geben kann. Zu diesem Zweck stehen eine Reihe von z.T. tragbaren und somit im Feld einsetzbaren Messapparaturen zur Verfügung ( vgl. Abb. ), die durch Messung der einfallenden Lichtenergie, der Temperatur, der CO2-Konzentration der Luft und im Blattinnern sowie der Wasserdampfdifferenz innerhalb und außerhalb die fotosynthetische CO2-Assimilation ermitteln. Hierzu wird ein Blatt bzw. ein Teil eines Blattes in einer geschlossenen lichtdurchlässigen Messkammer untersucht. Eine Pumpe sorgt für einen kontinuierlichen Luftstrom zwischen Kammer und einem Infrarot-CO2-Analysator. Wird der Luftstrom zudem durch ein Trocknungsmittel geleitet, sodass in der Kammer eine konstante Luftfeuchtigkeit herrscht, kann die Fotosyntheserate ausschließlich aufgrund der abnehmenden CO2-Konzentration berechnet werden. Ein im Gerät integrierter Computer speichert Messwerte kontinuierlich, sodass z.B. die Veränderung der Fotosyntheserate im Tagesverlauf ermittelt werden kann.
Wie die Erforschung der Fotosynthese aus Sicht der Bionik in einem ganz anderen Zusammenhang nützlich sein kann, zeigt die Idee von artifiziellen Bakterien-Algen-Symbiosen („ArBAS“), mit deren Hilfe durch die Fotolyse von Wasser Wasserstoff in großen Mengen für die Verwendung in Brennstoffzellen oder als Treibstoff erzeugt werden könnte. Im Labor funktioniert diese Technik bereits: In einer verfahrenstechnischen Nachbildung des Stickstoff fixierenden Cyanobakteriums Nostoc muscorum stellt ein Reaktorgefäß, gefüllt mit Grünalgen, die vegetative Zelle und ein Reaktorgefäß, gefüllt mit Purpurbakterien, das Pendant zur Heterocyste dar. Fehlt Stickstoff zur NH3-Bindung, wird Wasserstoff freigesetzt. Die großen Wasserstoff-Farmen, die auf einer Fläche von 600 x 600 m in röhrenförmigen Reaktionsgefäßen im großen Stil betrieben werden könnten, sind bislang jedoch noch Visionen. ( vgl. Abb. )
Fotosyntheseforschung: Schematische Darstellung einer Apparatur zur Messung der Fotosyntheserate
Fotosyntheseforschung: Mit Hilfe des ArBAS-Systems könnte die Fotosynthese künstlich nachgebildet und zur industriellen Produktion von Wasserstoff genutzt werden
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