Lexikon der Biologie: Bacillus
Bacillusm [von latein. bacillum, spätlatein. bacillus = Stäbchen], 1) Gattung der Bacillaceae, vorwiegend aerobe, einige fakultativ anaerobe, stäbchenförmige Bakterien, die lange Ketten bilden können. Herausragendes Merkmal ist die Fähigkeit, hitzeresistente Endosporen zu bilden. Sie enthalten Katalase, sind vorwiegend grampositiv, meist beweglich mit peritrich angeordneten Geißeln (Bakteriengeißel); zum Teil bilden sie sehr große Zellen (1 × 10(12) μm). Bacillus-Arten (s. u.) sind in der Natur weit verbreitet, besonders im Boden, im Wasser und in staubiger Luft. Neben mesophilen gibt es eine Reihe psychrophiler Formen, die noch unter 0 °C, und viele thermophile Vertreter, die bei 65–75 °C wachsen können. Organische Substrate werden im Atmungsstoffwechsel oder fakultativen Gärungsstoffwechsel abgebaut; dabei tritt auch unter aeroben Bedingungen eine typische Säurebildung ein (unvollständige Oxidation, 2,3-Butandiol-Gärung, Acetoin). Einige Stämme führen eine anaerobe Nitratatmung aus, und einige Vertreter besitzen die Fähigkeit zur N2-Fixierung (Stickstoffixierung). Bacilli sind meist harmlose Saprophyten und spielen eine bedeutende Rolle als Destruenten beim Abbau komplexer Kohlenhydrate (z. B. im Kompost). Thermophile Bacilli sind neben einigen Actinomyceten an der Selbsterhitzung von pflanzlichem Material (wie Heu- und Tabakfermentation) beteiligt. Bacillus anthracis, der Milzbranderreger, ist die einzige pathogene Art, die bei Mensch und Tier zu ernsthaften Erkrankungen führt. Einige Arten sind Nahrungsmittelvergifter und Schädlinge in der Zucker- und Konservenindustrie, da sie starke Erhitzung überstehen; sie können "Flachsäuerungen" verursachen und oft pasteurisierte (Pasteurisierung) Milch und Milchprodukte verderben. Sporen von insektenpathogenen Arten werden immer öfter in der biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt; sie bilden Exo- und Endotoxine, die für eine Reihe von wichtigen Schädlingen (Raupen und Mückenlarven) tödlich sind. Bacilli sind wichtige Antibiotikabildner (Antibiotika, Peptid-Antibiotika) und werden, neben Aspergillus, am häufigsten zur biotechnischen Produktion von Enzymen (Biotechnologie) genutzt, besonders von Proteasen und Amylasen, z. B. als Zusatz für Waschmittel. In der Gentechnologie wird Bacillus subtilis ( vgl. Abb. ) als Wirt für fremde Gene zur Herstellung besonderer Stoffe (z. B. Virusantigene) eingesetzt. Aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen werden die Bacillus-Arten in mindestens 5 taxonomische Gruppen (Cluster) unterteilt, die nach den bekanntesten Vertretern benannt werden oder einen eigenen Gattungsnamen erhalten haben: Bacillus-polymyxa-Gruppe (= Paenibacillus), Bacillus-brevis-Gruppe (= Brevibacillus), Alicyclobacillus-Gruppe (= Alicyclobacillus), Bacillus-subtilis-Gruppe (= Bacillus). – Wichtige Arten: Bacillus anthracis (Erreger des Milzbrands [Anthrax], bakteriologische Kampfstoffe); Paenibacillus [Bacillus] larvae (Erreger der bösartigen oder amerikanischen Faulbrut der Honigbiene); Bacillus cereus (Kartoffelbacillus, wichtiger Nahrungsvergifter, besonders von Milchprodukten, Enterotoxinbildner; in Biofiltern zur Geruchsbeseitigung); Bacillus mycoides (= Bacillus cereus var. mycoides, Wurzelbacillus); Paenibacillus (Bacillus) polymyxa (Gemüseverderber; Polymyxin-Antibiotika, Polymyxine); Bacillus subtilis (Heubacillus, Nahrungsmittelverderber; Bacitracin-Antibiotika, Bacitracin; Genempfängerzelle in der Gentechnologie; 1997 lag das Genom des Heubacillus komplett sequenziert vor); Bacillus licheniformis (Bacitracin-Antibiotika, Protease- und Amylase-Produktion); Bacillus thuringiensis (-Sporen) (Insektizid im biologischen Pflanzenschutz); Alicyclobacillus (Bacillus) acidocaldarius (Wachstum in heißen [bis 65 °C], sauren Quellen); Bacillus stearothermophilus (Wachstum bis 60 °C, Erreger vieler Flachsäuerungen von Lebensmittelkonserven). acidophile Bakterien, Bodenorganismen, Cohn (F.J.), Döderlein (A.), Eubacterium, Gramicidine, Kläranlage, Koch (H.H.R.), Müller (O.F.), Schütz (J.W.). 2) Falsche, aber manchmal in der Medizin noch gebräuchliche Benennung einiger Krankheitserreger oder anderer für den Menschen wichtiger Gattungen, z. B. Bacillus proteus = Proteus vulgaris (Proteus), Bacillus mucosus capsulatus = Klebsiella pneumoniae (Klebsiella), Bacillus prodigiosus = Serratia marcescens (Serratia), Bacillus bifidus = Bifidobacterium bifidum (Bifidobacterium), Bacillus pyocyaneus = Pseudomonas aeruginosa (Pseudomonas), Bacillus oedematis maligni = Clostridium novyi und andere Clostridium-Arten (Clostridien). 3) Gattung der Gespenstschrecken.
G.S.
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