Lexikon der Biologie: Blattkäfer
Blattkäfer, Chrysomelidae, Familie der Polyphaga (Käfer), weltweit ca. 30 000–40 000 Arten, davon in Mitteleuropa ca. 600; die Blattkäfer sind damit nach den Rüsselkäfern und Blatthornkäfern die artenreichste Familie ( ä vgl. Tab. ) im Tierreich. Sie sind mit den Bockkäfern und den Rüsselkäfern nächstverwandt und teilen mit ihnen den Besitz von nur 4 sichtbaren Tarsalgliedern, das 4. ist winzig und fast nicht erkennbar. Hierher gehören unter anderem der Kartoffelkäfer ( ä vgl. Abb. ), Schilfkäfer, Hähnchen, Erdflöhe, Schildkäfer und die Igelkäfer ( ä vgl. Abb. ). Mit wenigen Ausnahmen sind die Blattkäfer Pflanzenfresser. In der Wahl der Futterpflanzen haben sich viele Arten auf wenige (oligophag) oder gar nur auf eine (monophag) spezialisiert. Viele deutsche Namen beziehen sich auf diese Pflanzen: Kartoffelkäfer, Erlenblattkäfer oder Lilienhähnchen. Die Weibchen legen ihre Eier meist in kleinen Häufchen auf Blätter oder Stengel; die Junglarven schlüpfen nach 2–3 Wochen. Nicht selten beginnen sie als Gruppe die zarten Pflanzenteile zu benagen, die Blattadern bleiben dabei unberührt ("Fensterfraß"); bleiben überhaupt nur diese Rippen übrig, sehen die Blätter skelettiert aus ("Skelettfraß"). Werden die Larven größer, zerstreut sich die Gruppe, und die jetzt einzeln lebenden Larven fressen Löcher in die Blätter ("Lochfraß"). Später werden die ganzen Blätter gefressen, was bei Massenbefall zum Kahlfraß führt. Bereits nach wenigen Wochen findet die Verpuppung im Boden oder als Sturzpuppe an der Pflanze statt. So verläuft bei vielen Blattkäfern die Entwicklung, z. B. bei dem nur auf Erlen (Erle) fressenden Erlenblattkäfer (Agelastica alni, metallisch-blau, 6–7 mm), den vielen Arten der Gattung Chrysomela (heute Chrysolina) oder dem roten, nur auf Pappeln (Pappel) lebenden Pappelblattkäfer (Melasoma populi, heute Chrysomela populi; ä vgl. Abb. und Insekten III). Die Arten der Unterfamilie Clytrinae und Cryptocephalinae (Fallkäfer) tarnen ihre Eier, indem sie diese mit Hilfe ihrer Hintertarsen mit ihrem Kot beschmieren und dann einfach fallen lassen; die frisch geschlüpfte Larve benutzt diese Kothülle als Köcher, den sie als Schutz ähnlich wie die Larven der Köcherfliegen herumträgt. Die Larven der Gattung Clytra (Clytra laeviuscula und Clytra quadripunctata) dringen dann in Ameisennester ein (häufig Rote Waldameise) oder werden sogar von den Ameisen eingetragen. Sie leben nun im Nest innerhalb ihres Köchers, der im Verlauf des Wachstums mit vergrößert wird, von toten Ameisen, gelegentlich aber auch von deren Brut. Wie bei den Fallkäfern, dauert die Entwicklung oft mehrere Jahre. Manche Arten haben Brutfürsorge, z. B. der gelbliche Schneeballkäfer (Galerucella viburni, 4,5–6,5 mm), der auf den Blättern des Schneeballstrauchs (Schneeball) und anderer Viburnum-Arten lebt. Das Weibchen nagt im Frühherbst in die Rinde frischer Triebe ein längsovales Loch, in das es 4–12 Eier legt und anschließend mit einem Deckel aus Kot, Drüsensekret und Holzfasern wieder verschließt. Auf diese Weise werden bis zu 50 Gelege hergestellt. Die Eier überwintern, die Larven fressen im kommenden Frühjahr auf der Blattunterseite (gelegentlich Skelettfraß); die Verpuppung erfolgt im Boden. Als Anpassung an eine kurze Vegetationsperiode kann bei einigen im Gebirge lebenden Arten der Gattungen Chrysolina und Chrysochloa (Alpenblattkäfer, heute Gattung Oreina) – letztere leben vor allem auf Alpendost – verstanden werden, daß bei ihnen die jungen Larven bereits kurz nach der Eiablage schlüpfen. Bei Chrysolina varians und Oreina-Arten kann dies bereits wenige Minuten nach der Ablage erfolgen (Ovoviviparie). Einige Blattkäfer-Arten wurden zur Pflanzenbekämpfung in Australien und Nordamerika eingesetzt; dort aus Europa eingeschleppte Pflanzen haben sich wegen fehlender Konkurrenz und Feinden stark ausgebreitet. So hat man in Australien mit gutem Erfolg zur Bekämpfung des Johanniskrauts (Hartheu) den Blattkäfer Chrysolina hyperici eingeführt. Stridulation, Wehrsekrete; ä Blattkäfer I , ä Blattkäfer II , Käfer II.
H.P.
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