Lexikon der Biologie: Glutathion
Glutathions, Abk. GSH, schwefelhaltiges Tripeptid (γ-Glutamylcysteinylglycin; relative Molekülmasse 304), das 1888 in Hefe (als „Philothion“) entdeckt und 1935 durch Synthese in seiner Struktur ( vgl. Abb. ) aufgeklärt wurde. Wegen seiner Thiolgruppe (SH-Gruppe) und der γ-Glutamylbindung besitzt das Glutathion eine Fülle von biologischen Funktionen, die Entgiftungsreaktionen (Entgiftung), Strukturbildung von Proteinen, Coenzymfunktionen, Reparatur von DNA-Schäden (DNA-Reparatur), Beeinflussung des Zellmilieus und damit Beteiligung an Entwicklungs- und Alternsprozessen (Altern) umfassen. Glutathion ist wohl das am häufigsten vorkommende niedermolekulare Thiol (Mercaptane) und wird in nahezu allen Zellen mit zum Teil relativ hohen Konzentrationen (etwa 5 mmol/l) gefunden. Biosynthese und Abbau des Glutathions verlaufen über den sog. γ-Glutamylzyklus (Abb.). Es steht als Sulfhydrylpuffer in der Zelle im Gleichgewicht mit dem Glutathion-Disulfid GSSG, das als Oxidationsprodukt entweder durch katalytische Wirkung einer Selen-haltigen Glutathion-Peroxidase entsteht, wobei im Stoffwechsel anfallendes H2O2 (Wasserstoffperoxid) reduziert wird (antioxidative Wirkung) oder in einer Transhydrogenierung gebildet wird. Weiter kann GSSG durch Wirkung freier Radikale entstehen oder extrazellulär durch spontane Oxidation unter Bildung von H2O2. Eine NADPH-abhängige GSSG-Reductase katalysiert die Rückreaktion zu Glutathion. Normalerweise wird dadurch der GSSG-Gehalt der Zelle weit unter 1% gegenüber der reduzierten Form gehalten. Aufgrund dieser reduzierenden Bedingungen weisen cytoplasmatische Proteine keine Disulfidbindungen auf. Im Lumen des endoplasmatischen Reticulums ist das GSH/GSSG-Verhältnis zugunsten der oxidierten Form verschoben; Exportproteine können daher mittels Disulfidbindungen ihre Konformation stabilisieren (z.B. beim Insulin zwischen der A- und B-Kette und innerhalb der A-Kette). Oxidativer Streß, Umweltgifte sowie der normale Alternsprozeß lassen den GSSG-Spiegel in der Zelle auf unter Umständen toxische Werte ansteigen. GSSG wird daher ständig in einem aktiven, ATP verbrauchenden Prozeß aus der Zelle transportiert und ausgeschieden. Zahlreiche exogene (Medikamente, Umweltgifte) und endogene (z.B. Prostaglandine und Leukotriene) Substanzen werden mit Glutathion konjugiert (Konjugation). Dabei katalysiert die Glutathion-S-Transferase die Bildung Schwefel-substituierter Glutathionderivate, die über Mercaptursäuren metabolisiert und ausgeschieden werden (Biotransformation). SH-Gruppen von Proteinen (Cysteinreste des Hämoglobins, Membranproteine) werden durch Glutathion vor Oxidation geschützt. Der gleiche Mechanismus (Spaltung von oder Bindung an Disulfidgruppen) macht Glutathion zu einem Aktivator von Enzymen. Auch die DNA-, RNA- und Proteinbiosynthese läuft unter Glutathionbeteiligung ab. Initiation und Elongation bei der Proteinsynthese (Translation) werden durch Glutathionmangel gehemmt. In einigen enzymatischen Reaktionen wirkt es als Coenzym, z.B. bei der Dehydrochlorinierung von DDT zu DDD. Über den erwähnten γ-Glutamylzyklus können Aminosäuren in die Zelle transportiert werden. Durch die Spaltung von Disulfidgruppen und die enzymatische oder nicht-enzymatische Oxidation zu GSSG wirkt Glutathion als wichtigstes nicht-enzymatisches Antioxidans (Antioxidantien) und schützt die Zelle vor dem Angriff freier Sauerstoffradikale (freie Radikale). Damit im Zusammenhang steht eine ganz entscheidende Mitwirkung (neben NADH und NADPH) bei der Aufrechterhaltung eines definierten Redoxpotentials in der Zelle, wie es für Entwicklungs- und Differenzierungsprozesse unabdingbar ist. Weiterhin greift es auch in die Ca2+-Homöostase (Calcium) ein. Glutathionmangel bzw. -defekte von Enzymen des Glutathionstoffwechsels führen zu einer Reihe von Erkrankungen, z.B. Degenerationen im Zentralnervensystem (neurodegenerative Krankheiten), hämolytischer Anämie, peripheren Neuropathien, Myopathien und vermehrter Exkretion von Aminosäuren. Schließlich weisen der hohe Glutathiongehalt in Krebszellen (Krebs) sowie ein Anstieg der γ-Glutamyl-Transpeptidase nach experimenteller Applikation von Carcinogenen (cancerogen) auf einen engen Zusammenhang zwischen Neoplasien (Neoplasma) und Glutathion hin. Im Tierexperiment ist es gelungen, Aflatoxin-induzierte Lebertumore (Aflatoxine) durch hohe orale Glutathiongaben zur Regression zu bringen. Chromosomenkarte ( Chromosomenkarte I
Chromosomenkarte II
Chromosomenkarte III
Chromosomenkarte IV
), Glyoxalase, Hopkins (F.G.), Kendall (E.C.).
K.-G.C./S.Kl.
Glutathion
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