Lexikon der Biologie: insulin like growth factor
insulin like growth factorm, Abk. IGF, non-suppressible insulin-like activity (NSILA), skeletal growth factor (SGF), sulfation factor (SF), sulfation factor activity (SFA), ein Cytokin, das strukturell und funktionell mit dem Insulin verwandt ist, sich von diesem aber durch fehlende immunologische Kreuzreaktivität unterscheidet. Es gibt 2 IGFs, IGF-1, der auch als Somatomedin C, Somatomedin A oder basisches Somatomedin bezeichnet wird, und IGF-2, der auch multiplication stimulating activity (MSA) genannt wird ( vgl. Infobox ). Es sind hoch konservierte homologe Peptide, die von vielen anderen fetalen und adulten Geweben gebildet und sezerniert werden. Beide IGFs haben 3 intramolekulare Disulfidbindungen; sie zeigen auf Aminosäureebene untereinander 62% und zu Insulin 47% Sequenzhomologie. Im Blut und in der extrazellulären Flüssigkeit liegt der Hauptanteil der IGFs an spezifische Proteine gebunden vor, die als Carrier dienen, IGFs stabilisieren (Verlängerung der Halbwertszeit) und außerdem in Abhängigkeit vom Zell- und Gewebetyp die Aktivität der IGFs modulieren. Bisher konnten mindestens 8 verschiedene IGF-bindende Proteine nachgewiesen werden ( vgl. Infobox ), die zum Teil konstitutiv, zum Teil durch die beiden IGFs reguliert gebildet werden. Die Wirkungen der IGFs sind sehr vielfältig und im Gegensatz zu Insulin allgemein langanhaltender. Sie bewirken eine Absenkung des Blutglucosespiegels (Blutzucker) und stellen starke Wachstumsfaktoren, z.B. für Muskel-, Knochen-, Knorpelzellen, dar. Sie wirken zum Teil synergistisch mit anderen Wachstumsfaktoren (z.B. mit GMCSF, Erythropoetin). Außerdem wirken die IGFs chemotaktisch (Chemotaxis) für viele Zelltypen (z.B. Endothelzellen, Melanomzellen). Sie stimulieren die DNA-Synthese, erhöhen die Zellteilungsrate, vor allem mesodermaler Zellen, steigern die Proteinsynthese und den Stoffwechsel (z.B. Stimulation der Steroidsynthese). Eine wichtige Rolle spielen IGFs bei der Wundheilung, bei Wachstumsvorgängen (bei Embryo, Fetus und Kind), bei Hypertrophien von Organen (z.B. nach Nephrektomie) und der Tumorentstehung (bewirkten aber keine Transformation, sondern fördern das Wachstum transformierter Zellen). Daneben sind IGFs an der Regeneration geschädigter Nervenzellen beteiligt und stimulieren offensichtlich die Bildung der schützenden Myelinscheide (Markscheide) um Axonen durch Schwann-Zellen. Nach neueren Befunden hemmt der TNFα (Tumor-Nekrosis-Faktor) die Anbindung von IGF an die Rezeptoren der Nervenzellen, wodurch der schützende Effekt des IGF nicht einsetzen kann. Die Serumkonzentration beim Menschen beträgt je nach Alter, Ernährungszustand, Geschlecht und Hormonstatus zwischen 150 und 250 μg/l für IGF-1 und 400–900 μg/l für IGF-2. Die Serumkonzentration vor allem von IGF-1 wird durch Wachstumshormon (Somatotropin), Prolactin, Steroide und Schilddrüsenhormone beeinflußt und wirkt ihrerseits über einen negativen Feedback-Mechanismus (Feedback) hemmend auf die Freisetzung von Wachstumshormon. Klinisch ist IGF-1 von Bedeutung, weil es zur Diagnose und Verlaufskontrolle bei Wachstumsstörungen herangezogen werden kann. Eine erhöhte oder erniedrigte Konzentration an Wachstumshormon korreliert mit einer ebenso veränderten IGF-1-Konzentration im Serum, die im Gegensatz zum Wachstumshormon unabhängig von täglichen Schwankungen gemessen werden kann. Weitere Anwendungsmöglichkeiten für IGFs in der Klinik sind: Adipositas (Fettsucht) und Hypercholesterinämie (IGF erhöht den Grundumsatz), Diabetes mellitus (IGF senkt den Blutzuckerspiegel), durch Diabetes mellitus verursachte Nierenfunktionsstörungen, Knochenbrüche (mitogener Effekt von IGF auf Knorpel- und Knochenzellen), degenerative Gelenkerkrankungen und Osteoporose (IGF fördert die Kollagen-Synthese), Wundheilung sowie neurodegenerative Krankheiten wie diabetische Neuropathie, multiple Sklerose und amyotrophe Lateralsklerose. Aufgrund der nachgewiesenen anabolen Wirkungen der IGFs werden sie mitunter auch als Dopingmittel (Doping) eingesetzt.
S.G./M.B.
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