Lexikon der Biologie: Wundheilung
Wundheilung, 1) Botanik: Bezeichnung für den selbständigen Verschluß von Verletzungen und den Ersatz verlorengegangener Strukturen (Restitution). So reembryonalisieren bei krautigen Pflanzen zunächst Parenchymzellen in Wundnähe und bilden durch erhöhte Teilungsaktivität eine Zellwucherung (Wund-Kallus). Bei verholzten Pflanzen geht der Wundkallus meist aus dem Kambium hervor. Später setzt im Kallus durch den Einfluß eines wechselnden Konzentrationsverhältnisses an Phytohormonen eine Differenzierung einiger Kalluszellen ein, die zu dem passenden Regenerat führen: so werden Sproß- oder Wurzel-Vegetationspunkte gebildet, Leitelemente ersetzen unterbrochene Verbindungen innerhalb des Xylems oder Phloems. Verlorene Blattspreiten werden nur in sehr seltenen Fällen ersetzt. Das Auftreten von speziellen Wundhormonen ist nach neueren Untersuchungen eher unwahrscheinlich geworden. Allerdings wird durch Verwundung die Bildung der gasförmigen Hormone Ethylen und Jasmonat stimuliert, was jedoch vor allem im Zusammenhang mit der pflanzlichen Abwehr gesehen werden muß – die Verwundung dient quasi als Alarm, der den Angriff eines Pathogens signalisiert; durch die Verwundung gekappte Gefäße müssen durch neugebildete „Umleitungsverbindungen“ ersetzt werden; letztere entstehen entlang des Auxinstroms (Auxine), der durch die Verwundung umgelenkt wird und dadurch auf parenchymatische Zellen trifft, die sich daraufhin zu Xylemgefäßen umdifferenzieren. Nach außen bildet der Kallus ein wundverschließendes, stets dünnwandiges korkähnliches (Kork) Gewebe, den Wundkork, der den Wasserverlust und das Eindringen von Krankheitskeimen verhindert. Bei Verletzungen der sekundär verdickten Sproßachse bildet sich ein Wundholz aus, das durch sog. Überwallung die Verletzungen ausgleicht und reich an isodiametrischen, aber arm an faserförmigen Zellen ist. Baumwachs, Exsudation, Harze, Regeneration. 2) Zoologie: Bei Tieren und Mensch können 3 Stadien der Wundheilung unterschieden werden: In der Substratphase kommt es zur Exsudation (Entzündung, Blutgerinnung) und zum Abbau von zerstörtem Gewebe, in der Kollagenphase wird die Reparatur mittels Bindegewebszellen eingeleitet (Bindegewebe) und in der Differenzierungsphase (soweit möglich) die ursprüngliche Gewebssituation wiederhergestellt (hierbei sind die Neubildung von Blutkapillaren, Vermehrung von Bindegewebs- und Epithelzellen [Epithel] und die Bildung kollagener Fasern beteiligt). Bei der primären Wundheilung wird der Wundverschluß innerhalb von 4–6 Tagen mit völliger Regeneration erreicht. Die sekundäre Wundheilung (nach Wundinfektion oder bei nekrotischen Wundrändern [Nekrose]) verläuft wesentlich langsamer und führt zur Bildung eines nicht mehr ursprünglich funktionstüchtigen Narbengewebes (Narbe). – An allen Phasen der Wundheilung sind Cytokine beteiligt. Sie wirken dabei chemotaktisch (Chemotaxis), aktivierend oder mitogen (Mitogene). So wirken Cytokine z.B. chemotaktisch auf Monocyten, neutrophile Granulocyten, Fibroblasten und inflammatorisch wirkende Zellen, fördern die Bildung von Granulationsgewebe und von Material der extrazellulären Matrix, fördern die Angiogenese, wirken differenzierend auf Makrophagen, mitogen auf Epithelzellen im Bereich der Wunde und induzieren die Umwandlung von Granulationsgewebe in normales Bindegewebe. Der Einsatz von Cytokinen zur Beschleunigung der Wundheilung wird in Erwägung gezogen. Genauere Kenntnisse über die Wirkung dieser Cytokine könnten in Zukunft Möglichkeiten bieten, Hautwunden nahtlos zu schließen, entstellende Narben zu vermeiden oder während der Embryonalentwicklung im Mutterleib entstehende Mißbildungen (Fehlbildung) abzuwenden. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Ansätze, den Prozeß der Wundheilung günstig zu beeinflussen, z.B. mittels Wundverbänden aus Hydrokolloiden oder Algenbestandteilen, die ein feuchtes Milieu schaffen, mittels Vakuumversiegelung oder durch den Einsatz von Maden, die abgestorbenes Gewebe vernichten und ein Sekret mit antibakteriell wirkenden Stoffen und Wachstumsfaktoren abgeben. Blattschneiderameisen, Catgut, Fibroblasten, Fibronektin, Gewebezüchtung, Schorf, Tumor-Nekrosis-Faktor, Wundparasiten.
B.La./P.N./S.Kl.
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