Lexikon der Biologie: Phytohormone
Phytohormone [von *phyto- , Hormone], Pflanzenhormone, Pflanzenwuchsstoffe, Gruppen von natürlichen endogenen Substanzen, welche steuernd auf pflanzliche Entwicklungsvorgänge (z.B. Keimung, Wachstum, Samenreife, Blattabwurf usw.; Abscission, Blattfall, Blütenbildung) wirken. In Anlehnung an das klassische, ursprünglich für tierische Organismen entwickelte Hormonkonzept wurde die Bezeichnung „Phytohormone“ nach der Entdeckung des wachstumsfördernden Effekts von Auxin auch auf pflanzliche Substanzen übertragen. Im Lauf der Forschung stellte sich jedoch rasch heraus, daß sich die Phytohormone nicht widerspruchsfrei in das tierische Hormonkonzept einordnen lassen. Im Gegensatz zu Tieren haben Pflanzen keine echten, morphologisch abgegrenzten Hormondrüsen. Phytohormone ( vgl. Infobox ) können in vielen Bereichen des Kormus gebildet werden, und häufig wird ein bestimmtes Organ oder Gewebe erst durch Umwelteinflüsse zur Synthese von Phytohormonen angeregt. Bei Pflanzen läßt sich häufig auch keine Trennung von Bildungs- und Wirkort beobachten. Phytohormone können in denselben Zellen oder Geweben wirken, in denen sie synthetisiert werden. Es muß davon ausgegangen werden, daß Phytohormone anders als die tierischen Hormone nicht nur als Botenstoffe dienen, sondern darüber hinaus regulatorische Aufgaben erfüllen. Bei pflanzlichen und tierischen Hormonen handelt es sich somit bestenfalls um analoge, nicht aber um homologe Substanzen. – Phytohormone erfüllen ihre Koordinierungs- und Integrationsfunktion entweder, indem sie als transportierbare Botenstoffe zwischen verschiedenen Organen und Geweben dienen, oder indem sie als ortsgebundene Signalüberträger bei der Reaktion auf Umwelteinflüsse fungieren. Diese Funktionsweisen sind an ein im „Zielgewebe“ bereits vorhandenes zeitliches und räumliches Kompetenzmuster gebunden. In unterschiedlichen Organen kann daher das gleiche Phytohormon gegensätzliche Reaktionen hervorrufen. So fördert IAA (Indol-3-essigsäure) das Streckungswachstum in Sprossen, hemmt aber das Wachstum der Wurzel. Solche Wirkungen setzen voraus, daß die Phytohormone in kompetenten Zellen spezifisch erkannt werden können. Man nimmt allgemein an, daß dies durch spezifische Rezeptoren geschieht. Mit Hilfe von Mutanten konnten für Ethylen, Cytokinin und Brassinosteroide die mutmaßlichen Rezeptoren isoliert werden. Für Auxin wird aufgrund biochemischer Daten schon lange das Auxin-Bindeprotein als Rezeptor (Auxinrezeptor) diskutiert. Die Hormonwirkung beruht auf der Aktivierung bestimmter Gene, die über hormonempfindliche Promotorelemente gesteuert werden. Zusätzlich gibt es schnelle Hormonwirkungen, die über Phosphorylierungskaskaden, Ionenflüsse und Änderungen des pH-Werts vermittelt werden. – Die physiologische Wirksamkeit von Phytohormonen hängt von deren Konzentration und von der Empfindlichkeit der reagierenden Zellen für das Phytohormon ab. Bei Pflanzen muß davon ausgegangen werden, daß die Empfindlichkeit für ein bestimmtes Phytohormon im Zielgewebe kurzfristigen Änderungen unterworfen sein kann. Es konnte gezeigt werden, daß die Regulation der physiologischen Wirkung von Phytohormonen auf 2 Ebenen stattfinden kann – durch die Variation des Hormonspiegels bei gleichbleibender Empfindlichkeit oder durch die Variation der Empfindlichkeit bei gleichbleibendem Hormonspiegel. Experimentell lassen sich diese Regulationswege durch Messung des Phytohormonspiegels (zumeist über gaschromatographische [Gaschromatographie] und massenspektroskopische Verfahren [Massenspektrometrie]) und Bestimmung der Dosis-Wirkungs-Kurven voneinander unterscheiden. Als neuer erfolgversprechender Weg zur Manipulation der endogenen Phytohormonspiegel bieten sich Phytohormon-Mutanten an. Dabei zeigt sich jedoch häufig, daß Hormonpegel und Hormonempfindlichkeit in hohem Maße gepuffert sind. – Oft sind mehrere Phytohormone an der Regulation eines physiologischen Vorgangs beteiligt, so daß in einigen Fällen nicht die Konzentration der beteiligten Phytohormone von Bedeutung ist, sondern das Verhältnis der Konzentrationen der beteiligten Phytohormone zueinander die Entwicklungsrichtung bestimmt. Zu den Phytohormonen werden heute Auxine, Gibberelline (Antheridiogen), Abscisinsäure, Ethylen, Cytokinine, Jasmonate (Jasmonat-induzierte Proteine, Jasmonsäure), Salicylsäure, das Peptid Systemin und die Brassinosteroide gezählt. Wachstumsregulatoren.
T.S./P.N.
Lit.:Davies, P.J. (ed.): Plant Hormones. Dordrecht 21995.
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