Lexikon der Biologie: Keimzelldeterminierung
Keimzelldeterminierung, die Spezifizierung der Keimzellen, bei vielen Tieren (z.B. Drosophila, Frösche, Fadenwürmer) durch cytoplasmatische Faktoren, welche schon in der Eizelle lokalisiert sind (cytoplasmatische Lokalisation). Bei Drosophila melanogaster ( vgl. Abb. 1 ) sind die Produkte von 8 maternalen Genen für die Bildung des am posterioren Eipol lokalisierten und Polgrana enthaltenden Polplasmas notwendig. Bei der Blastodermbildung (Blastoderm, Blastodermstadium) wird das Polplasma in den sich als erstes abschnürenden primordialen Keimzellen, den Polzellen, inkorporiert. Die Produkte der an der Polzellbildung beteiligten Gene sind zum Teil während des gesamten Lebenszyklus in den Keimbahnzellen nachweisbar. Bei Caenorhabditis elegans ( vgl. Abb. 2 ) liegen keimzellspezifische P-Grana zunächst gleichverteilt in der Eizelle, werden aber nach der Befruchtung mit Hilfe von Actinfilamenten in die posteriore Hälfte der Zygote verschoben. Bei den folgenden Furchungsteilungen (Furchung) werden die P-Grana jeweils an die posterioren Tochterzellen, die sog. P-Zellen, weitergegeben und sind danach während des gesamten Lebenszyklus in den Keimbahnzellen nachweisbar. P-Grana von Caenorhabditis sind, wie die Polgrana von Drosophila, RNP-Partikel (Ribonucleoproteine, messenger-Ribonucleoproteine) und enthalten z.B. eine RNA-Helicase(glh-1), die eine gewisse Ähnlichkeit zum Vasa-Protein von Drosophila (Polplasma) aufweist. Bei Xenopus ( vgl. Abb. 3 ) ist bereits im Ovar das aus Grana fibrillärer Konsistenz bestehende Keimplasma am vegetalen (vegetativen) Pol der Eizelle nachweisbar. Nach der Befruchtung aggregieren diese Grana und werden nur an die prospektiven primordialen Keimzellen (Urkeimzellen) weitergegeben. Diese Zellen sind jedoch erst in der Gastrula eindeutig als Keimzellen determiniert. Die mRNAs (messenger-RNA) von Xcat-2 (dessen vorhergesagtes Protein Ähnlichkeit mit der Polplasma-Komponente Nanos [nanos] von Drosophila hat) und Xcat-3 (Ähnlichkeit mit der Polplasma-Komponente Vasa von Drosophila) sind Bestandteile des Xenopus-Keimplasmas. – Die Eizellen der Säuger enthalten kein Keimplasma. Das Schicksal der Keimzellen wird hier in einem späten Stadium durch interzelluläre Wechselwirkungen festgelegt. Sobald die primordialen Keimzellen determiniert sind, wandern sie von ihrem Ursprungsort aktiv in die sich bildenden Gonaden ein, wo sie ihre weitere Entwicklung zu den Keimzellen durchmachen. Keimzelldeterminante, Lokalisierung von mRNA.
J.B./K.N.
Keimzelldeterminierung
1 Polplasmabildung und Keimzelldeterminierung bei Drosophila melanogaster. a Während der Oogenese werden die Bestandteile des Keimplasmas in den Nährzellen gebildet und dann am posterioren Pol der Eizelle lokalisiert (Polplasma). b Während der frühen Embryogenese wird das Polplasma in die primordialen Keimzellen (Polzellen) integriert, die als erste Zellen des Embryos entstehen. c Erstes Larvenstadium mit Gonadenanlage. 2 Segregation der P-Grana bei Caenorhabditis. a Zum Zeitpunkt der Befruchtung sind die P-Grana im Ei noch gleich verteilt. b Vor der ersten Furchungsteilung wandern die P-Grana in die posteriore Eihälfte. c Während aus der größeren AB-Zelle nur somatische Zellen hervorgehen, entstehen aus der kleineren, die P-Grana enthaltenden P-Zelle die prospektiven primordialen Keimzellen. 3 Keimplasmabildung und -segregation bei Xenopus (Krallenfrösche). a Entstehung des Keimplasmas am vegetativen Oocytenpol während der Oogenese. b Aggregation des Keimplasmas nach der Befruchtung. c Einwanderung des Keimplasmas entlang der ersten Teilungsfurche. d Segregation des Keimplasmas in die 4 vegetativen Blastomeren, die prospektiven primordialen Keimzellen.
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