Lexikon der Biologie: Ribonucleoproteine
Ribonucleoproteine, Abk. RNP, zelluläre RNA-Protein-Komplexe (Ribonucleoprotein-Komplexe oder Ribonucleoprotein-Partikel, Abk. RNP-Partikel) von unterschiedlicher Größe und Funktion ( vgl. Tab. ). Schon in den 1950er Jahren konnte die Entstehung RNase-sensitiver Partikel an Lampenbürstenchromosomen elektronenmikroskopisch gezeigt und so die Bildung von RNPs aus frischen Polymerase-II-Transkripten (Polymerasen) und nucleären Proteinen nachgewiesen werden. Im eukaryotischen Cytoplasma wurde in den 1960er Jahren das Vorkommen nicht-ribosomaler RNPs durch Dichtegradienten-Zentrifugation und anschließende Fraktionierung (fraktionieren) nachgewiesen. Die RNPs werden sehr grob nach Größe und Lokalisation unterteilt. So unterscheidet man im Kern hauptsächlich heterogene nucleäre RNPs (Abk. hnRNPs;hn-RNA), die Polymerase-II-Transkripte als RNA enthalten und von sehr unterschiedlicher Größe sind, und kleine nucleäre RNPs (Abk. snRNPs [small nuclear RNP], UsnRNPs), die zum größten Teil an der RNA-Prozessierung beteiligt sind. Im Cytoplasma treten Ribosomen, Proteasomen, messenger-Ribonucleoproteine(mRNPs), bei denen man polysomale und freie (pmRNPs bzw. cmRNPs) unterscheiden kann, und kleine cytoplasmatische RNPs (scRNPs) auf. RNPs sind an allen Schritten der eukaryotischen Genexpression maßgeblich beteiligt. Schon während der Transkription assoziieren Proteine an die frisch synthetisierten RNAs. Bei Polymerase-II-Transkripten, den Vorläufern von mRNAs (messenger-RNA), sind es ca. 20 Proteine, die zur Bildung des hnRNPs benötigt werden. Die hn-RNA liegt hier in einer Struktur vor, die den Ablauf weiterer Prozessierungsschritte erleichtert. Am Spleißvorgang (spleißen) z.B. sind die UsnRNPs beteiligt, die das sog. Spleißosom bilden und die durch Paarung eines Bereichs ihrer RNA mit bestimmten Sequenzen der mRNA-Vorläufer den genauen Prozessierungsort an den Exon-Intron-Grenzen festlegen. Beim Übertritt der mRNP-Vorläufer ins Cytoplasma werden fast alle Proteine gegen cytoplasmatische ausgetauscht, und die eigentlichen mRNPs entstehen. Die Translation der mRNA bzw. mRNPs findet am Ribosom statt, dem am längsten bekannten RNP, das aus mehreren ribosomalen RNAs und zahlreichen Proteinen besteht. Neben diesen RNPs, die an zentralen Prozessen der eukaryotischen Genexpression beteiligt sind, existieren noch weitere, von denen nur wenige, z.B. das signal recognition particle (Abk. SRP) oder einige Ribozyme (mit Proteinanteil), funktionell und strukturell gut untersucht sind. Auch in Prokaryoten, Chloroplasten und Mitochondrien werden RNPs gefunden (vor allem in Form von Ribosomen). – Die Proteine, die an RNPs beteiligt sind, weisen oft homologe Domänen (z.B. RNA recognition motif, Abk. RRM) auf, die ihrerseits hochkonservierte Sequenzen (RNP-1 und RNP-2; RNA-bindende Proteine) zum Teil vielfach hintereinander enthalten. Sie dürften für die spezifische RNA-Bindung eine wichtige Rolle spielen. Cech (T.R.), Levene (P.), Ochoa (S.), RNP-Welt, Sanger (F.).
J.S./M.B.
Ribonucleoproteine
Einige Ribonucleoproteine in eukaryotischen Zellen
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Zellkern | ||||
HnRNP | hnRNA | ca. 20 (34–120 kDa) | hnRNA-Verpackung, prä-mRNA-Prozessierung | |
U1, U2, U5, U4/U6 snRNP | U1, U2, U5, U4/U6 snRNA | B,B',D,D',E,F,G u.a. spezifische Proteine | prä-mRNA-Spleißen | |
U3-snRNP | U3-snRNA | ca. 6 Proteine | rRNA-Prozessierung | |
La | naszierende Polymerase-III-Transkripte | 55-kDa-Protein | Termination der Transkription durch RNA-Polymerase III | |
RNase P | 377nt-RNA | 20-kDa-Protein | prä-tRNA-Schneiden | |
Telomerase | 159nt-RNA bei Tetrahymena, 450nt-RNA beim Menschen | schlecht charakterisiert | Addition der telomeren Repeats an den Chromosomenenden | |
Cytoplasma | ||||
MRNP | mRNA | PABP, CBP und mehrere andere Proteine | mRNA-Translation, -Stabilität, -Lagerung und -Lokalisation | |
Ribosomen | rRNA | über 50 verschiedene Proteine | Translation | |
Proteasomen | scRNA | verschiedene Proteine zwischen 20 und 35 kDa | multifunktionelle ATP-abhängige Proteasen | |
SRP | 7SL-RNA | 9, 14, 19, 54, 68 und 72 kDa | leitet sekretorische Proteine zum ER |
Abk.: hnRNP = heterogene nucleäre RNP, snRNP = small nuclear RNP, RNase = Ribonuclease, mRNP = messenger-RNP, SRP = signal recognition particle, PABP = poly(A)-bindendes Protein, CBP = cap binding protein, ER = endoplasmatisches Reticulum
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