Lexikon der Biologie: Proteasom
Proteasoms [von Proteine, griech. sōma = Körper], Prosom, multikatalytische Protease, Abk. MCP (von multicatalytic protease), intrazelluläres Partikel mit einer Sedimentationskonstanten (Sedimentation) von 20 S bzw. 26 S (also mit ähnlicher Größe wie eine Untereinheit der Ribosomen), das einen zylinderförmigen Komplex aus bis zu 28 verschiedenen Proteinen und einer oder mehreren kleinen cytoplasmatischen RNAs (scRNA) darstellt. Die Proteasomen treten bereits bei den Archaebakterien auf, wo sie allerdings nur aus 2 verschiedenen Typen von Untereinheiten bestehen. Da Proteasomen zuerst als Subkomplex der freien mRNP (cmRNP; messenger-Ribonucleoproteine) gefunden wurden und in vitro eine Bindung der Proteasomen an proteinfreie mRNA (messenger-RNA) stattfindet, die eine Inhibition der Translation zur Folge hat, wurden sie zunächst mit einer Regulation der Genexpression oder mit Verteilung, Transport und Lagerung von mRNA im Cytoplasma in Verbindung gebracht. Inzwischen ist klar, daß die Funktion der Proteasomen in ihrer ATP-abhängigen, unterschiedlichen proteolytischen Aktivität liegt (ATP-abhängige Proteasen). Durch die Klonierung eines großen Teils der Gene, die für die Untereinheiten der Proteasomen codieren, ist einiges über die Bedeutung der Proteasomen deutlich geworden. Diese Proteasen bilden eine neue Klasse, die mit bereits bekannten Proteasen (Thiol-Proteasen, Cathepsinen) nicht näher verwandt ist. Die 26 S-Form wird auch als UCDEN (Abk. für Ubiquitin-conjugate degrading enzyme) bezeichnet, was auf die Tatsache hinweist, daß dieser Protease-Komplex an der Ubiquitin-abhängigen Proteolyse beteiligt ist. An Lysinreste der Substratproteine gekoppeltes Ubiquitin dient dabei den Proteasomen als Erkennungssignal für den Abbau (Proteinabbau). Die eigentliche proteolytische Domäne des Proteasoms ist die 20 S-Form. Diese bildet einen Zylinder mit einem Kanal, der von der regulatorischen Domäne mit einer Sedimentationskonstanten von 19 S verschlossen wird. Die verschiedenen enzymatischen Aktivitäten für den Abbau liegen im Kanal des Zylinders. Substratproteine werden durch die regulatorische Domäne ATP-abhängig entfaltet und in den Kanal eingeleitet. Je nach Fixierung der Substratproteine sind die Spaltprodukte unterschiedlich groß, meist etwa 8–9 Aminosäuren lang. Die Spaltstücke werden freigesetzt und können im Cytoplasma weiter in wieder verwertbare Aminosäuren gespalten werden. Für den weiteren Abbau der Proteinfragmente ist ein Protein mit hoher Komplexität zuständig, die Tricorn-Protease. Substratproteine für den Abbau durch Proteasomen können Proteine sein, die für die Steuerung zellulärer Vorgänge wichtig sind, z.B. Cycline, deren regelmäßiger Auf- und Abbau für den Zellzyklus notwendig ist, oder Transkriptionsfaktoren, deren Aktivität durch den Abbau beendet wird. Substratproteine sind aber auch defekte Proteine oder solche, die im Rahmen des normalen Umsatzes in der Zelle abgebaut werden. Besonderes Interesse erregt die bei Virusinfektionen erfolgende Herstellung von Proteinfragmenten durch Proteasomen, die auf MHC-Molekülen (Haupt-Histokompatibilitäts-Komplex) dem Immunsystem präsentiert werden (Antigen-Präsentation). Es konnte ein sog. Immunproteasom definiert werden, das durch Interferon-γ (Cytokine, Interferone) induzierte Untereinheiten enthält (LMP2, LMP7 und LMP10; LMP = Abk. für low molecular weight protein). Die Untereinheiten LMP2 und LMP7 werden durch Gene codiert, die, wie auch der TAP-Transporter (Peptid-Transporter), im MHC-Komplex liegen. Durch den Einbau dieser Untereinheiten werden bevorzugt Peptide gebildet, welche gut von MHC-Klasse-1-Molekülen (Histokompatibilitäts-Antigene) gebunden werden können (z.B. durch Spaltung von Peptiden nach hydrophoben oder basischen Resten). Dies ist besonders wichtig für die Induktion einer Immunantwort durch cytotoxische T-Lymphocyten. – In neuerer Zeit zeigt sich die Bedeutung des Proteasoms für die pflanzliche Signaltransduktion. Durch Signale wie Auxin, Gibberellin, Phytochrom (Phytochrom-System) oder Pathogene (pflanzliche Abwehr) werden Repressorproteine ubiquitiniert (Ubiquitinierung von Proteinen) und durch das Proteasom entfernt, so daß die Hemmung signalgesteuerter Promotoren aufgehoben wird.
U.T./M.B./A.F./P.N.
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