Lexikon der Biologie: Keratine
Keratine [von *kera- ], Cytokeratine, Hornsubstanzen, zu den Skleroproteinen zählende Gruppe von wasserunlöslichen Proteinen, die in Wolle, Haaren, Krallen, Hufen, Schildpatt, Schuppen, Vogelschnäbeln (Schnabel), Hörnern (Gehörn) und Federn (Vogelfeder) vorkommen. Bündel aus Keratinfilamenten übernehmen im Organismus eine Stützfunktion, verleihen der Zelle Formbeständigkeit und tragen zum Zusammenhalt der Zellen im Gewebeverband bei, da sie in benachbarten Zellen über Desmosomen in Verbindung stehen und so mechanisch stabile, zellübergreifende Netzwerke bilden. Keratine entstehen in einem Differenzierungsprozeß in den verschiedenen Typen der Oberhautzellen (Keratinocyten). Sie werden in 2 Klassen, die α- und β-Keratine, eingeteilt. α-Keratine sind reich an Cystin-Resten (Cystin) und enthalten daher zahlreiche, die Peptidketten quervernetzende Disulfidbindungen; z.B. weisen die in tierischer Horn- und Nagelsubstanz vorkommenden α-Keratine bis zu 22% Cystin auf, während die flexibleren α-Keratine von Haut, Haar und Wolle 10–14% Cystin besitzen. α-Keratine haben als Sekundärstruktur die nach ihnen benannte Alpha-Helix. Charakteristisch für α-Keratine und die vorwiegend aus α-Keratinen aufgebauten Substanzen (z.B. Haare) sind ihre Dehnbarkeit bis auf die doppelte Länge beim Erwärmen unter Feuchtigkeit und ihre Elastizität (Biomechanik). Die Dehnbarkeit beruht auf einer Umfaltung der α-Helices unter vorübergehendem Aufbrechen von Wasserstoffbrücken zu Faltblattstrukturen mit parallel zueinander ausgerichteten Peptidketten (im Gegensatz zur antiparallelen Ausrichtung bei den β-Keratinen). Da die Umfaltung reversibel ist und die α-Helix von α-Keratinen insgesamt die stabilere Konformation darstellt, ist auch die Dehnung der α-Keratine reversibel (Haare ziehen sich beim Abkühlen wieder auf die ursprüngliche Länge zusammen). Die Elastizität der Keratinfasern basiert auf einer Quervernetzung der α-Helices durch Disulfidbrücken. Der Aufbau der intrazellulären Keratinfilamente bzw. der makroskopisch erkennbaren Keratinfasern erfolgt nach älteren Vorstellungen durch helikale Aneinanderlagerung mehrerer α-Helices zu einer Protofibrille mit einem Durchmesser von 2 nm, wobei sich häufig 3 α-Helices zu einer Linksschraube (aber auch z.B. 7 α-Helices zu einer Rechtsschraube) vereinigen. 11 dieser Protofibrillen lagern sich beim Aufbau der Wollfaser zur 8 nm dicken stabförmigen Mikrofibrille zusammen, wovon wiederum mehrere Hundert nach Aneinanderlagerung die 200 nm dicke Makrofibrille ergeben. Die 20.000 nm dicke Wollfaser schließlich besteht aus einem Paket abgestorbener Zellen, wovon jede etwa 10 Makrofibrillen enthält. Im Gegensatz zu den α-Keratinen besitzen β-Keratine (wie z.B. das Fibroin des Seidenspinners, Federn und Schuppen) keine Cystin-Reste und können daher keine Disulfidbrücken ausbilden. Sie weisen jedoch besonders die in nur einer einzigen sterischen Konformation vorkommenden Aminosäuren Glycin, Alanin und Serin auf, wodurch für β-Keratine die Ausbildung einer antiparallelen Faltblattstruktur (Proteine, Abb.) energetisch günstiger ist (daher auch das Synonym β-Struktur für Faltblattstruktur; Beta-Faltblatt). Die in β-Keratinen bereits vorliegenden Faltblattstrukturen verhindern eine den α-Keratinen analoge Dehnbarkeit.
Nach neuerer Betrachtungsweise gehört die Gruppe der Keratine zu den intermediären Filamenten, die durch folgenden Grundbaustein gekennzeichnet sind: 2 Helices formen eine Doppelschraube, deren 2 sich jeweils zu einem tetrameren Protofilament (48 × 3 nm) aus 2 antiparallelen Strängen zusammenlagern. Da innerhalb eines solchen Tetramers die Dimere versetzt zueinander angeordnet sind, können sie sich mit einem zweiten Tetramer verbinden. Auf diese Weise fügen sich die Protofilamente in gestaffelter Anordnung zu den 8–10 nm starken Filamenten zusammen, die wahrscheinlich je 8 Protofilamente im Querschnitt aufweisen. In den seilartigen Keratin-Filamenten winden sich die Tetramere ihrerseits schraubig umeinander. In den menschlichen Epithelien (Epithel) finden sich über 20 verschiedene Keratine, wenigstens 8 weitere kommen z.B. in Haaren und Nägeln vor. Basierend auf der Aminosäuresequenz unterscheidet man zwischen sauren Keratinen des Typs I (relative Molekülmasse 40–64 kDa) und neutral/basischen Keratinen des Typs II (relative Molekülmasse 52–68 kDa). Keratinfilamente sind immer Heterodimere aus der gleichen Anzahl von Keratinen des Typs I und II. Ballaststoffe, Crick (F.H.C.), Dermatophyten, KGF, Nahrungsspezialisten; Chromosomenkarte ( Chromosomenkarte I
Chromosomenkarte II
Chromosomenkarte III
Chromosomenkarte IV
).
H.K./S.Kl./P.E.
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