Lexikon der Biologie: Schnabel
Schnabelm, 1) Botanik: a) Bezeichnung für die schnabelartig aussehende Verlängerung und Verdickung des Griffelabschnitts an der Frucht bei einigen Kreuzblütlern und Doldenblütlern; b) beim Kapseldeckel (Kapsel) einiger Moose dessen lang ausgezogene Spitze. 2) Zoologie: Rostrum, von Hornleisten überzogene, zahnlose Kiefer verschiedener Wirbeltiere, kennzeichnendes Merkmal bei Vögeln, hier besonders vielgestaltig durch Einsatz zur Nutzung unterschiedlichster Nahrungsquellen, zumal die zu Flügeln (Vogelflügel) umgewandelten Vorder-Extremitäten hierbei nicht verwendet werden können. Knöcherner Kern mit verhornter Schnabelscheide; die Abnutzung des Horns (Horngebilde) wird durch ständiges Nachwachsen von der Lederhaut (Corium, Cutis) aus kompensiert. Papageitaucher werfen nach der Brutzeit bunt gefärbte Hornplatten ab, Rauhfußhühner im Frühjahr die Hornscheide als Ganzes. Im Oberschnabel münden die Nasenlöcher (Nase) beidseitig des Schnabelfirstes (Culmen), oft von Borsten oder einer Hautklappe abgeschirmt. Bei vielen Arten (Greifvögeln, Papageien, Tauben, Hühnern) sind die Naseneingänge von einer weichen, meist gelblichen, oft auch sehr bunt gefärbten Wachshaut(Cera) umgeben. Das Öffnen des Schnabels bewirkt nicht nur der Unterschnabel, sondern auch der Oberschnabel durch Bewegung gegen den Hirnschädel, was durch ein kompliziertes Zusammenwirken verschiedener Schädelknochen (Quadratum, Quadratojugale [Jochbogen], Pterygoid) ermöglicht wird. Papageien besitzen einen besonders beweglichen Oberschnabel. Schnepfen (Schnepfenvögel) können die Spitze des Oberschnabels bewegen, die zudem mit zahlreichen tastempfindlichen Sinneszellen versehen ist. – Die Schnabelmorphologie ist vielfach das Ergebnis von Konvergenzen (Entwicklung gleichartiger Schnäbel in verschiedenen Gruppen) und Divergenzen – verschiedene Schnabelformen innerhalb derselben Gruppe (z.B. Darwinfinken [Abb.]; adaptive Radiation , Galapagosinseln II ). Schlank und spitz ist der Schnabel ( vgl. Abb. ) bei Insektenfressern, kräftig und kegelförmig bei Körnerfressern (Finken [Abb.]), mit gebogener Spitze zum Zerreißen der Beute bei Greifvögeln (Farbtafel I–II), Eulen (Farbtafel) und Würgern, als Seihapparat ausgebildet bei Enten und Flamingos, als Pinzette bei Wiedehopfen (Hopfe; ö Rackenvögel ) und Baumläufern. Harpunierende Fischjäger wie Reiher und Schlangenhalsvögel besitzen einen langen, sehr spitzen Schnabel. Bei Kormoranen und Sägern verhindern zahnartige Gebilde an den Schnabelrändern das Entgleiten der Fischbeute. Watvögel stochern mit einem langen, schmalen Schnabel im weichen Boden, wobei beim Knutt (Strandläufer) gezeigt werden konnte, daß die Vögel mit Hilfe der Herbstschen Körperchen allein aufgrund unterschiedlichen Drucks des Porenwassers im Sediment verborgene harte Körper wie Muscheln wahrnehmen können. Blütenbesuchende Vögel (Blumenvögel), wie Kolibris und Nektarvögel, haben die Schnabelform und in Verbindung hiermit die Zunge an die Anatomie der Blüte angepaßt (Ornithogamie [Abb.]; ä Bestäubung I , Konvergenz , Zoogamie). Außer für die Nahrungsaufnahme besitzt der Schnabel weitere Funktionen: er dient zum Nestbau (Nest), Klettern (Papageien), Füttern der Jungen (Humanethologie [Abb.]), zur Verteidigung, Gefiederpflege (Einemsen), Lauterzeugung (Klappern bei Störchen, Trommeln bei Spechten) und als Signal (Nashornvögel, Tukane). – Außer bei Vögeln findet man Schnabelbildungen aus Horn bei Schildkröten, Tintenschnecken, Kaulquappen sowie beim Schnabeltier und beim Ameisenigel. Haut, Kraniokinetik, Mechanorezeptoren, Rostrum, Salzdrüse (Abb.), Schnäbeln, Schnauze, sperren, Wanzen; Attrappenversuch , Rassen- und Artbildung IRassen- und Artbildung II .
M.N./O.H.
Schnabel
Schnabelformen:1 Bachstelze, 2 Kernbeißer, 3 Specht, 4 Ente, 5 Fischadler, 6 Sichler, 7 Säbelschnäbler, 8 Pelikan, 9 Löffler, 10 Flamingo, 11 Tukan, 12 Nashornvogel, 13 Keulenhornvogel
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