Lexikon der Biologie: Kernspintomographie
Kernspintomographiew, Kernspinresonanztomographie, NMR-(nuclear magnetic resonance-) oder MR-(Magnetresonanz-)Tomographie, Magnetic Resonance Imaging, ein computergestütztes bildgebendes Diagnoseverfahren (bildgebende Verfahren) unter Ausnutzung des Kernspinresonanzverhaltens vor allem von 1H-Kernisotopen (Kernresonanzspektroskopie), das im Gegensatz zur konventionellen Computertomographie nicht invasiv ist, d.h. keine Strahlenbelastung verursacht. Wasserstoffatome (Wasserstoff) und damit 1H-Kerne sind in den Hauptbestandteilen (z.B. Wasser, Lipide) des weichen Körpergewebes so zahlreich vertreten, daß sie ein intensives Signal ergeben (s.u.). Neben der für verschiedene Gewebe unterschiedlichen 1H-Dichte erzeugen Unterschiede in der Umgebung von Wasserstoffatomen in verschiedenen Geweben unterschiedliche Signale, wodurch eine deutliche Differenzierung zwischen den weichen Geweben sowie die Diagnostik von Gewebsveränderungen möglich ist. – Durch Anlegen eines starken Magnetfelds werden 1H-Kerne bezüglich ihres Spins (Eigenrotation, Drehimpuls) in eine bestimmte Richtung ausgerichtet. Durch einen eingestrahlten Hochfrequenzimpuls geringer Intensität werden sie aus ihrer vorgegebenen Richtung abgelenkt. Nach Abschalten des Hochfrequenzfelds kehren die angeregten Protonen bezüglich des Spins wieder in ihre Ausgangslage zurück. Während dieser Relaxationsphase kann eine charakteristische Energie gemessen werden, die in Form von elektromagnetischen Wellen aus dem Körper austritt und mittels einer Empfängerspule nachweisbar ist. Das ausgesandte Signal ist von der Relaxationszeit und der betreffenden Atomdichte abhängig. Die aus verschiedenen Aufnahmepositionen einer abgetasteten Körperschicht erhaltenen Signale lassen sich mit Hilfe eines Computers zu einem zwei- bzw. dreidimensionalen Schichtbild (Tomogramm) zusammensetzen. Eine mögliche Kontrastverstärkung wird z.B. durch Anwendung einer Gadolinium(Gd)-Komplexverbindung, mit stark paramagnetischen Eigenschaften, erzielt. Der Paramagnetismus des Gd bewirkt im untersuchten Organ eine Veränderung des Magnetfelds und ermöglicht so, ohne daß eigene Signale ausgesandt werden, eine Kontrastverstärkung durch Verkürzung der Relaxationszeit. Inzwischen werden Verfahren entwickelt, bei denen unter Verwendung solcher kontrastverstärkenden Substanzen die Aktivität von Genen durch Kernspintomographie in nicht durchsichtigen Organismen registriert werden kann. Neben den erwähnten Anwendungen in der medizinischen Diagnostik ( vgl. Abb. ) und der biologischen Grundlagenforschung ( vgl. Infobox ) kommt die Kernspintomographie in der Lebensmitteltechnologie, der chemischen Prozeßtechnik und in den Materialwissenschaften zum Einsatz.
Kernspintomographie
1 offener Kernspintomograph; 2 kernspintomographische Aufnahmen einer weiblichen Brust: a ohne Kontrastmittel aufgenommen, b ein Differenzbild nach Kontrastmittelgabe, das deutlich einen Tumor in der linken Brust zeigt.
Kernspintomographie
Da das Eisen des Hämoglobins Komplexe mit ungepaarten Elektronen bildet, verhält sich desoxygeniertes Hämoglobin ebenfalls paramagnetisch. Ändert sich der Desoxyhämoglobin-Gehalt einer untersuchten Region, so ändert sich auch die Intensität der Kernspintomogramme. Die Betrachtung einer Serie von „schnellen“ Tomogrammen (Flash-Technik, fast low angle shot) erlaubt Rückschlüsse auf die O2-Versorgung abgegrenzter Gehirnareale, z.B. bei bestimmten Handlungsvorgängen (funktionelle Kernspintomographie). Die Kernspintomographie wird in Zukunft möglicherweise auch vermehrt für die Untersuchung von spezifischen Gehirnfunktionen eingesetzt und kann somit invasive Methoden, wie z.B. die Positronenemissionstomographie (positrone emission tomography, PET), ersetzen.
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