Lexikon der Biologie: Möwen
Möwen, Laridae, Familie gewässerbewohnender Vögel mit ca. 50 Arten, die weltweit, hauptsächlich jedoch in der nördlichen Hemisphäre an Meeresküsten, Flüssen und Seen vorkommen. Die Systematik der Arten, insbesondere der sog. Großmöwen, wird derzeit intensiv vor allem mit molekularbiologischen Methoden untersucht und führt zu neuen Schlußfolgerungen bezüglich der Artabgrenzung von Populationen oder herkömmlich als Rassen gewerteten Formen (Rassenkreis, Superspezies [Allospezies]). 28–81 cm groß (Spannweite 65–170 cm), weiß und grau gefärbt, teilweise mit schwarzen Abzeichen an Kopf, Flügeln und Schwanz; die Jungvögel tragen 1–4 Jahre lang ein anfangs vorwiegend braunes Jugendkleid. Kräftig gebaut, der starke Schnabel ist an der Spitze leicht gekrümmt. Zugespitzte Flügel, die den Möwen kraftvollen Ruderflug, Segeln ( ö vgl. Abb. ) und akrobatische Flugmanöver auf engem Raum ermöglichen. Die 3 Vorderzehen sind mit einer Schwimmhaut verbunden. Schwanz relativ kurz, gerade endend oder keilförmig eingeschnitten wie bei der Schwalbenmöwe (Larus sabini) oder der Gabelschwanzmöwe (Creagrus furcatus; Südamerika VIII). Geschlechter gleich gefärbt, manchmal sind die Männchen größer und besitzen ein kantigeres Kopfprofil. Das ganze Jahr über gesellig. Nisten kolonieweise an felsigen und sandigen Küsten, auf Inseln und im Verlandungsbereich von Flüssen und Seen. Nest kann umfangreich aus Stengeln, Halmen und Algen gebaut sein oder auch praktisch völlig fehlen wie bei der felsbrütenden Dreizehenmöwe(Rissa tridactyla). Die 2–3 grünlichen Eier sind dunkel gesprenkelt. Nach 21–26 Tagen schlüpfen die Jungen, die zu sekundären Nesthockern geworden sind. Als Allesfresser sind Möwen äußerst anpassungsfähig, auch Müllplätze suchen sie häufig zur Nahrungssuche auf. Die größte europäische Möwe ist die Mantelmöwe (Larus marinus; ö vgl. Abb. ) mit bis zu 79 cm Länge und fast schwarzer Oberseite; tiefe Stimme. Von nahezu gleichem Aussehen, aber kleiner ist die 56 cm große Heringsmöwe (Larus fuscus), skandinavische Rasse dunkler als die britische. Die gleichgroße Silbermöwe (Larus argentatus;Europa I ) ist die häufigste Möwe der europäischen Küsten; von der hellgrauen Oberseite heben sich die schwarz-weißen Flügelspitzen ab; wie bei den anderen Großmöwen besitzt der Unterschnabel einen roten Fleck, den die Jungen mit dem Schnabel antippen und damit die Fütterung auslösen; gut untersuchtes Studienobjekt der Evolutions- und Verhaltensforschung ( Attrappenversuch ). In jüngerer Zeit erwies sich durch Untersuchungen mit verschiedenen Methoden, daß die gelbfüßigen „Mittelmeer-Silbermöwen“ einen eigenständigen Artstatus besitzen; sie werden im Deutschen meist als Weißkopfmöwe (Larus cachinnans) bezeichnet. Diese Art hat sich inzwischen als Brutvogel auch nach Mitteleuropa ausgebreitet und einen besonders hohen Bestand am schweizerischen Neuenburger See erreicht. Einzelne Populationen weisen auch feldornithologisch gut unterscheidbare Merkmale auf; ob es sich dabei um geographische Rassen oder um eigenständige Arten handelt (mit zum Teil eigenen deutschen Namen), wie zuweilen angenommen wird, ist beim derzeitigen Wissensstand nicht zu klären. Die heller gefärbte, bis 60 cm große Polarmöwe (Larus glaucoides; Polarregion I) besiedelt Grönland und Baffinland und dringt im Winter bis nach Island, Irland und Schottland vor. Eine mit bis zu 68 cm Länge größere Verwandte, die ihr im ganzen Aussehen sehr ähnlich ist und nahezu dasselbe Verbreitungsgebiet aufweist, ist die Eismöwe (Larus hyperboreus); sie tritt im Winterhalbjahr in Einzelexemplaren unter anderen Großmöwen an der Nordseeküste auf, auch auf Mülldeponien. Die 41 cm große Sturmmöwe (Larus canus;Europa VII ) sieht wie eine kleine Silbermöwe aus, besitzt grüne Beine, jedoch keinen roten Schnabelfleck; sie bewohnt außer den Meeresküsten auch Binnengewässer. Die 38 cm große Lachmöwe (Larus ridibundus; ö vgl. Abb. und Europa VII , Flugbild [Abb.], Aggression [Abb.], Konfliktverhalten [Abb.]) brütet in Sümpfen, auf verschilften Inseln und feuchten Wiesen vorwiegend des Binnenlands; sie weist einen Saisondimorphismus auf: von der schwarzbraunen Kopfmaske des Sommers bleibt im Winter lediglich ein dunkler Ohrfleck zurück; überwintert an Seen und Flüssen auch vieler Großstädte. Die mit 28 cm kleinste Art ist die Zwergmöwe (Larus minutus), sommers ebenfalls mit schwarzer Kopfmaske; ihr leichter Flug erinnert an Seeschwalben. Signal.
M.N./O.H.
Möwen
1 Nordamerikanische Ringschnabelmöwe (Larus delawarensis),2 Mantelmöwe (Larus marinus), brütend; 3 Lachmöwe (Larus ridibundus)
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