Lexikon der Ernährung: Gärung
Gärung, Efermentation, im ursprünglichen Sinn der anaerobe, heute im weiteren Sinne (Fermentation) auch der aerobe, meist ungesteuerte Abbau von organischen Materialien durch Mikroorganismen (Bakterien, Hefen, Schimmelpilze) oder Enzyme. Je nach Ausgangsmaterial, Gärungsauslöser und entstehenden Stoffen unterscheidet man zwischen folgenden Prozessen:
1) Alkoholische Gärung: Anaerob verlaufender Prozess, bei dem Zucker (Glucose, Fructose, Mannose, Saccharose oder Maltose und in geringem Umfang auch Galactose und Raffinose) bzw. zuckerhaltige Substrate durch bestimmte, in verschiedenen Hefen enthaltene Enzyme, zu Ethanol und Kohlendioxid abgebaut werden. Bei der alkoholischen Gärung entstehen aus 1 kg Zucker etwa 0,5 kg Ethanol und 0,5 kg Kohlendioxid. Da ab einem Alkoholgehalt von 14 % bis max. 18 % die Enzymwirkung inaktiviert wird, können durch die alkoholische Gärung nur verdünnte alkoholische Lösungen hergestellt werden. Zur Herstellung höherprozentiger Alkoholika muss stufenweise destilliert werden. Anwendungsbereich: Herstellung alkoholischer Getränke wie Wein, Bier, Obstbrände etc.
2) Milchsäuregärung: Abbau von Kohlenhydraten durch Milchsäurebakterien im anaeroben Bereich. Je nach Bakterienart entsteht dabei fast reine Milchsäure (homofermentative Milchsäuregärung) oder zusätzlich Ethanol und Kohlendioxid (heterofermentative Milchsäuregärung). Anwendungsbereich: Herstellung von Gärungsgemüsen, Sauermilch(erzeugnissen), Silage (Futtermittel) sowie reiner Milchsäure für industrielle Zwecke.
3) Essigsäuregärung: Aerober Prozess, bei dem Ethanol von Essigsäurebakterien zu Essigsäure abgebaut wird. Anwendungsbereich: Herstellung von (Gärungs-)Essig aus alkoholhaltigen Flüssigkeiten wie Wein oder Branntwein, z. T. auch unerwünschte Reaktion in Wein oder Bier, die zum sog. Essigstich führt.
4) Citronensäuregärung: Aerober Prozess, bei dem Hefen und Pilze (Candida spec., Penicillium-Arten und Aspergillus-niger-Stämme) Citronensäure aus zuckerhaltigen Substraten gemäß dem Citronensäure-Zyklus (Tricarbonsäure-Zyklus) bilden. Anwendungsbereich: Herstellung von Citronensäure für industrielle Zwecke.
5) Sonstige durch Mikroorganismen bedingte Abbaureaktionen wie z. B. in Kläranlagen und bei Fäulnis- und Verwesungsreaktionen gehören im weiteren Sinne ebenfalls zu den Gärungsreaktionen. Neben der traditionellen Anwendung in der Nahrungs- und Genussmittelherstellung wird der gerichtete und gesteuerte Gärungsprozess heute auch in der Biotechnologie als Fermentation industriell genutzt.
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