Lexikon der Kartographie und Geomatik: desktop mapping
desktop mapping, DTM, ein Verfahren zur digitalen Kartenbearbeitung. Mit einer Vektorgraphik-Software werden interaktiv Vektoren erzeugt, denen graphische Elemente, in sog. graphischen Formaten abgelegt, zugewiesen werden, und Kartennamen, die ein Schriftformat besitzen. Vektoren und Kartennamen bilden die Objekte der Karte. Vektoren, auch Pfade genannt, stellen als offene Form eine Linie, als geschlossene Form eine Fläche dar. Ein graphisches Format besitzt deshalb Eigenschaften der Linie und der Fläche wie Linienfarbe, -breite, -form und -muster sowie Flächenfarbe und -muster. Die Änderung eines graphischen Formats kann die graphische Gestaltung aller Objekte, die dieses Format tragen, verändern, was eine flexible Kartengestaltung und eine Ableitung verschieden gestalteter Karten gestattet. Karten, die für den Offsetdruck bearbeitet werden, können in Farben des Vierfarbendrucks, in Schmuckfarben oder einer Kombination beider gestaltet werden. Da aber die Karte für Ausgabegeräte mit unterschiedlichen Farbmodellen und Farbräumen, wie sie ein Bildschirm, ein Farbdrucker oder der Offsetdruck besitzen, erstellt wird und das Aussehen der Farben am Bildschirm nicht mit den Farben des Ausgabegeräts übereinstimmt, müssen Hilfsmittel wie Farbtafeln des Ausgabegeräts zur Farbdefinition eingesetzt werden.
Schriften liegen als Postscript- und Truetype-Fonts vor und können als sog. Schriftformate verwaltet werden, die u. a. Angaben zu Schriftart, -größe, -farbe, -stellung und -auszeichnung enthalten (vgl. Kartenschrift).
Die Lage der Objekte wird einem Rasterbild des Kartenentwurfs entnommen (Digitalisierung), das in den Bildhintergrund geladen, oder auf einem Digitalisiertablett erfasst wird. Interaktiv werden mit Maus oder Digitalisierlupe die Vektoren nachgefahren, wobei Geraden oder Beziérkurven entstehen. Bei der Bildschirmdigitalisierung ist ein Zoomen möglich, welches das genaue Nachfahren der Vorlage erleichtert. Eine Editierung der Vektoren ist möglich.
Zu den Vorteilen des desktop mapping gehört auch die flexible Kartenbearbeitung durch die Verwaltung der Objekte in übereinanderliegenden Ebenen. Die Objekte einer Ebene verdecken die Objekte der darunterliegenden Ebenen, so dass Freistellungen, z. B. Straßen in farbiger Waldfläche, automatisch erfolgen. Ein abgestimmtes Ebenenkonzept erlaubt die gleichzeitige Bearbeitung von Karten eines Gebiets mit verschiedenen Inhaltselementen, indem Ebenen ein- bzw. ausgeblendet werden. Stehen Vektoren aus anderen Anwendungen oder einer Vektorisierung zur Verfügung, können diese importiert werden (vgl. Datenimport). Dieser Prozess wird ggf. durch Plug-Ins, das sind Hilfsprogramme, die in die Anwendersoftware integriert werden, unterstützt.
In zunehmendem Maße erlauben die Graphikprogramme, Datenbanken anzubinden und Kartodiagramme oder Flächenkartogramme bzw. Choroplethenkarten daraus abzuleiten, Animationen zu erzeugen und HTML-Dokumente zu erstellen. Spezielle Effekte wie verlaufende Töne oder Schattenbildung erweitern die Gestaltungsmöglichkeiten. Werden von den bearbeiteten Karten ein Kontrolldruck oder Arbeitskarten benötigt, können sie auf einem Farbdrucker ausgegeben werden. Für den Offsetdruck werden Druckfilme, im Allgemeinen für Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz, mit einem postscriptfähigen Belichter belichtet. Um mögliche Fehler der Belichtung zu erkennen, können Programme zur Belichtungsprüfung eingesetzt werden. Insbesondere Schriftfonts, die in der Karte verwendet werden, müssen dem Belichter zur Verfügung stehen, da sonst alternative Fonts verwendet werden, was in Karten zu fatalen Fehlern wie fehlende Buchstaben und Zeilenumbrüche führen kann. Nachteilig beim desktop mapping ist, dass nicht die semantischen Informationen der Vektoren, z. B. die Charakteristika eines Verkehrsweges wie Breite und Belag der Fahrbahn verwaltet werden, wie es in Geoinformationssystemen geschieht, sondern im Mittelpunkt fast ausschließlich die graphische Ausprägung der Vektoren steht und dadurch keine automatische Auswahl von Objekten und keine automatisierte Kartensymbolisierung nach der Semantik durchgeführt werden kann. Andererseits erfolgt der Prozess der Kartengestaltung so flexibel, dass es sinnvoll sein kann, Daten aus Geoinformationssystemen in einem desktop-mapping-System kartographisch zu gestalten.
IWT
Literatur: [1] HAKE, G. & GRÜNREICH, D. (1994): Kartographie, de Gruyter, Berlin, New York. [2] JONES, Ch. (1997): Geographical Information Systems and Computer Cartography, Addison Wesley Longman Limited. [3] OLBRICH, G., u. a. (1996): Computerkartographie, Berlin/New York.
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