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Lexikon der Mathematik: Markow-Prozeß

auf einem Wahrscheinlichkeitsraum \(({\rm{\Omega }},{\mathfrak{A}},P)\) definierter, der Filtration \({({{\mathfrak{A}}}_{t})}_{t\in I}\) in \({\mathfrak{A}}\) adaptierter stochastischer Prozeß (Xt)tI mit Zustandsraum ℝn, welcher die Eigenschaft \begin{eqnarray}P({X}_{t}\in B|{{\mathfrak{A}}}_{s})=P({X}_{t}\in B|{X}_{s})\quad P\text{-fast}\,\text{sicher}\end{eqnarray} für alle s, tI mit s< t und jede Borelsche Menge \(B\in {\mathfrak{B}}({{\mathbb{R}}}^{n})\) besitzt. Dabei wird vorausgesetzt, daß die Parametermenge I mittels einer Relation ≤ total geordnet ist. In Anwendungen ist I in der Regel ein Intervall von \({{\mathbb{R}}}_{0}^{+}\) oder eine Teilmenge von ℕ0, und ≤ die natürliche Ordnungsrelation der reellen Zahlen. Im ersten Fall spricht man von Markow-Prozessen mit stetiger und im zweiten Fall von Markow-Prozessen mit diskreter Zeit. Die einen Markow-Prozeß definierende Eigenschaft wird als elementare, einfache oder auch individuelle Markow-Eigenschaft (bezüglich der Filtration \({({{\mathfrak{A}}}_{t})}_{t\in I}\) bezeichnet. Ist \({({{\mathfrak{A}}}_{t})}_{t\in I}\) die kanonische Filtration, so ist die elementare Markow-Eigenschaft zu der Bedingung äquivalent, daß für beliebige n ∈ ℕ, t1, …, tn, tI mit t1< … < tn< t und \(B\in {\mathfrak{B}}({{\mathbb{R}}}^{n})\)\begin{eqnarray}P({X}_{t}\in B|{X}_{{t}_{1}},\ldots, {X}_{{t}_{n}})=P({X}_{t}\in B|{X}_{{t}_{n}})\end{eqnarray}P-fast sicher gilt. Besitzt I ein kleinstes Element t0, so nennt man die Verteilung der Zufallsvariable \({X}_{{t}_{0}}\) die Anfangs- oder Startverteilung des Prozesses. Beispiele für Markow-Prozesse sind die Brownsche Bewegung, der Poisson-Prozeß sowie die Markow-Ketten. Einige Autoren verwenden den Begriff Markow-Prozeß zur Bezeichnung von Markow-Familien.

Interpretiert man den Prozeß (Xt)tI dahingehend, daß die Zufallsvariable Xt für jedes tI die Position eines sich im Raum bewegenden Teilchens zum Zeitpunkt t angibt, so bedeutet die elementare Markow-Eigenschaft anschaulich, daß die zukünftige Position des Teilchens ausschließlich von seiner gegenwärtigen Position, nicht aber von den Positionen abhängt, an denen es sich in der Vergangenheit befand.

In Verallgemeinerung des Begriffes der eindimensionalen Diffusion wird ein Markow-Prozeß (Xt)t≥0 mit Zustandsraum ℝd und Übergangsfunktion P(s, x; t, B) als Diffusion oder Diffusionsprozeß bezeichnet, wenn eine Abbildung \(b:{{\mathbb{R}}}_{0}^{+}\times {{\mathbb{R}}}^{d}\to {{\mathbb{R}}}^{d}\) und eine Abbildung \(a:{{\mathbb{R}}}_{0}^{+}\times {{\mathbb{R}}}^{d}\to {{\mathbb{R}}}^{d\times d}\) mit den folgenden Eigenschaften existieren:

Für jedes x ∈ ℝd und jede beschränkte offene Umgebung Ux von x gilt \begin{eqnarray}\mathop{\mathrm{lim}}\limits_{h\downarrow 0}\frac{1}{h}\displaystyle \underset{\text{C}{U}_{x}}{\overset{}{\int }}P(t,x;t+h,dy)=0,\end{eqnarray} für i = 1, …, d existieren die Grenzwerte \begin{eqnarray}\mathop{\mathrm{lim}}\limits_{h\downarrow 0}\frac{1}{h}\displaystyle \underset{{U}_{x}}{\overset{}{\int }}({y}^{i}-{x}^{i})P(t,x;t+h,dy)={b}^{i}(t,x),\end{eqnarray} und für i, j = 1, …, d die Grenzwerte \begin{eqnarray}\mathop{\mathrm{lim}}\limits_{h\downarrow 0}\frac{1}{h}\displaystyle \underset{{U}_{x}}{\overset{}{\int }}({y}^{i}-{x}^{i})({y}^{j}-{x}^{j})P(t,x;t+h,dy)={a}^{ij}(t,x).\end{eqnarray}

Der Vektor b(t, x) wird als Driftvektor der Diffusion und die Matrix a(t, x) als Diffusions- oder Kovarianzmatrix bezeichnet.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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