Lexikon der Neurowissenschaft: Denervierung
Denervierung [von latein. de- = weg-, ent-, nervus = Sehne], Denervation, E denervation, 1) der Verlust von zuführenden (afferenten) Nervenfasern (Afferenz) eines Organs (z.B. eines Muskels) oder von Zielzellen innerhalb des Nervensystems. Eine Denervierung führt in der Regel zum Funktionsausfall oder einer Funktionsstörung des betreffenden Organs, im Falle der Muskulatur zu einer Lähmung. Bei Denervierungen im Zentralnervensystem kommt es häufig zu komplexeren Funktionsausfällen. Denervierungen sind häufig Folge von Verletzungen. Sie treten aber auch bei allen Erkrankungen auf, bei denen Nervenzellen absterben, da diese Nervenzellen Fasern zu Zielzellen entsenden, die durch den Fortfall dieser afferenten Fasern denerviert werden. So sind ausgedehnte Denervierungen typisch für die Alzheimer-Krankheit und die Parkinson-Krankheit, oder auch für Schlaganfälle. Eine Denervierung führt zu reaktiven Veränderungen an der denervierten Zelle, die bis zum Absterben dieser Zelle führen können (anterograde Degeneration). Eine Denervierung im Zentralnervensystem führt häufig zu einer Reorganisation der verbleibenden synaptischen Verbindungen, d.h., die denervierte Zelle erhält neue afferente Fasern durch Aussprossen von Axonkollateralen aus intakt gebliebenen Nervenfasern. Zum besseren Verständnis der zellulären und molekularen Vorgänge nach Verletzungen und bei degenerativen Erkrankungen des Nervensystems werden Denervierungen an Versuchstieren auch in der experimentellen Neurowissenschaft durchgeführt, z.B. zum Studium der denervierungsbedingten postsynaptischen Veränderungen an einer motorischen Endplatte oder der Regeneration von denervierten Nerven. 2) Enervierung, die therapeutisch angewandte, teilweise oder vollständige Trennung der nervösen Verbindung einer Extremität, einer Muskelgruppe, eines Organs oder auch eines Großhirnteils von seinen nervalen Verbindungen bzw. vom Zentralnervensystem. Dieser Eingriff kann operativ, durch elektrische oder chemische Koagulation oder vorübergehend durch Lokalanästhetika erfolgen. Er wird zur Schmerzausschaltung (Schmerz) oder zur Beseitigung spastischer Lähmungen angewendet.
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