Lexikon der Neurowissenschaft: Vestibularreflexe
Vestibularreflexe [von latein. vestibulum = Vorhof, reflexus = Zurückbiegen], Labyrinthreflexe,Evestibular reflexes, reflektorische Vorgänge, die durch das Gleichgewichtsorgan ausgelöst werden und deren Reflexantwort von der Extremitäten- und Rumpfmuskulatur sowie den Augenmuskeln realisiert wird. Sie ermöglichen in Zusammenarbeit mit den Propriozeptoren und dem optischen System (Gleichgewichtssinn) die Kontrolle der Augen-, Kopf- und Körperstellung in Ruhe (statische Reflexe) und bei Bewegungen (statokinetische Reflexe). Die entsprechenden Rezeptoren liegen im Labyrinth (Vestibularrezeptoren). Die Cristae ampullares des Bogengangorgans sprechen auf Drehungen des Kopfes oder des ganzen Körpers, d.h. auf Winkelbeschleunigungen an. Der adäquate Reiz für die Maculae staticae in Utriculus und Sacculus sind Linearbeschleunigungen. Die in den Rezeptoren entstehenden Erregungen werden über den Vestibularis zu den zugehörigen Kernen (Vestibulariskerne; Hirnnervenkerne) im Hirnstamm geleitet und hier auf verschiedene Bahnen umgeschaltet. Dadurch entstehen u.a. Verbindungen zum Kleinhirn, zu den motorischen Kernen für die Augenmuskeln, zu den Motoneuronen im Rückenmark und zu vegetativen Zentren. Bei Drehung oder Kippung des Körpers werden durch Erregungen aus dem Gleichgewichtsorgan vestibulo-spinale Reflexe (VSR) ausgelöst. Vestibulo-okuläre Reflexe (VOR) halten die Blickachsen bei Kopf- und Körperbewegung stabil, damit fixierte Objekte "nicht aus den Augen verloren" werden. Zu den Vestibularreflexen zählt auch der vestibuläre Nystagmus.
Lit.:Zenner, H.P.: Der Gleichgewichtssinn und die Bewegungs- und Lageempfindung beim Menschen. In: Schmidt, R.F., Thews, G. (Hrsg.): Physiologie des Menschen. Berlin, Heidelberg, New York, 1997.
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