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Metzler Lexikon Philosophie: Buddhismus

die indische Geistesströmung, die auch außerhalb Indiens den größten Einfluss ausgeübt hat. Während der Jainismus auf den indischen Subkontinent beschränkt blieb und der Hinduismus nur begrenzt in Südostasien zu wirken vermochte, hat der B. Kultur und Denken fast ganz Asiens beeinflusst und geprägt. Der B. ist, wie der Jainismus, eine Gründerreligion, die auf einen historischen Stifter, Gautama Siddhārtha (ca. 560–480 v.Chr.), einen Prinz aus dem nordindischen Adelsklan der Śākya (Śākyamuni »der Weise aus dem Ś.-Geschlecht«), zurückgeführt werden kann. Der B. ist innerhalb der indischen Geistesgeschichte kein plötzlich auftauchendes Phänomen, sondern steht einerseits mit Elementen seiner Grundlehre in der Tradition des Hinduismus (Brahmanismus mit Wiedergeburt, Erlösungslehre und Karma-Lehre), andererseits, entsprechend der geistigen Strömungen des 6. Jh. in Nordindien (Entwicklung urbaner Kultur und erste Ansätze von Großreichen, geistige Emanzipation der Adelskaste, der Kṣatriyas, und der Kaufleute gegenüber den Brahmanen), brach er mit althergebrachten Traditionen und Vorstellungen (Veden, Kastenwesen, Annahme einer individuellen und beständigen Seele, Ātman). Für die Verbreitung in Indien war die Protektion von Herrschern, v.a. des Maurya-Kaisers Aśoka (274–233 v. Chr.), maßgeblich. Schon früh begann der B. jedoch über die Grenzen Indiens zu wirken (Innerasien, Südostasien, Tibet, Mongolei, China, von dort nach Korea, Japan) und sich zu entwickeln. Die indische buddhistische Literatur ist v.a. in Sanskrit und Pāli, einer mittelindischen Sprache, in der der Kanon der Sthaviravädin (Pāli: Theravādin) (Hīnayāna) überliefert ist, war aber auch in anderen nordindischen Sprachen abgefasst. Konstituierende Elemente des B. als religiöse Gemeinschaft sind die »drei Juwelen« (triratna): der Buddha, die Lehre (Dharma) und die (Mönchs-) Gemeinde (Saṃgha). Der B. bietet eine Erlösungslehre: das Ziel ist das Ausscheiden aus dem Kreis der Wiedergeburten (Saṃsāra), wobei wichtig ist, dass die Existenz eines dauerhaften Elements, eines Individuums (Seele, Ātman), strikt geleugnet wird (anātman, Pāli: anattā). Alles Existierende besteht aus Dharmas, den »Atomen« des B., die in kausaler Abhängigkeit von einander entstehen und vergehen. Das Einzelwesen (pudgala) ist gebildet durch fünf Gruppen von Dharma-Kombinationen (skandha, Pāli: khanda): körperliche (rūpa), Gefühle (vedanā), Unterscheidungsvermögen (saṃjñā), Triebkräfte (saṃskāra) und Bewusstsein (vijnāna). Der Buddha hat seine Lehre nach seiner Erleuchtung unter dem Bodhibaum in Uruvelā in der berühmten Predigt von Benares in folgenden Punkten zusammengefasst: Vermeiden der beiden Extreme von Sinneslust und von übermäßiger Askese, der »Edle achtfache Pfad« (āryāsṭāngamārga, Pāli: ariyo aṭṭhaṅgiko maggo), der zum Nirvāna führt: rechte Ansicht (samyagdṛṣṭi, Pāli: sammādiṭṭhi), rechter Entschluss (samyaksaṃkalpa, Pāli: sammāsaṃkappa), rechte Rede (samyakvāc, Pāli: sammāvācā), rechtes Verhalten (samyakkarmānta, Pāli: sammākammanta), rechtes Leben (samyagājīva, Pāli: sammā-ājīva), rechte Anstrengung (samyagvyāyāma, Pāli: sammayāyāma), rechtes Bewusstsein (samyaksmṛti, Pāli: sammāsati), rechte Sammlung (samyaksamādhi, Pāli: sammāsamādhi). Die vier »Edlen Wahrheiten« (āryasatya, Pāli: ariyasacca) geben die Grundeinsicht in das Wesen der Welt und der Erlösung daraus wider: die Wahrheit vom Leiden (duḥkha, Pāli: dukkha), von der Entstehung des Leidens (duḥkhasamudaya, Pāli: dukkhasamudaya), von der Vernichtung des Leidens (duḥkhanirodha, Pāli: dukkhanirodha) und von dem Weg zur Vernichtung des Leidens (duḥkhanirodhagāminī pratipad, Pāli: dukkhanirodhagaminī paṭipadā). Die Frage, wie es zu einer Verstrickung in den Geburtenkreislauf kommen kann, ist im »Kausalnexus« (pratītyasamutpāda, Pali: paṭiccasamuppādo), der sich über drei Existenzen hinweg erstreckt, beantwortet: (1. Existenz) Nichtwissen (avidyā, Pāli: avijjā) führt zu karmischen Kräften (saṃskāra, Pāli: saṅkhāra), die (2. Existenz) ein neues, den kontinuierlichen Übergang von einer Existenz zur nächsten gewährleistendes Bewusstsein (vijñāna, Pāli: viññāna) bilden, das die physischen und psychischen Konstituenten eines Individuums (nāmarūpa) ermöglicht; das Individuum verfügt über sechs (Sinnes-) Bereiche (ṣaḍāyatana: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen, Denken), die die Berührung (sparśa, Pāli: phassa) mit der Außenwelt ermöglichen; diese ruft Empfindung (vedanā) und entsprechend Gier (trsṇā, Pāli: taṅhā) hervor; die Folge ist Ergreifen (upādāna) oder Hang zum Leben, wodurch wiederum Werden (bhāva) von neuem Karma, die Voraussetzung für eine neue Existenz, entsteht; (3. Existenz) die abermalige Geburt (jāti) hat zwangsläufig Altern und Sterben (jarāmaraṇa) zur Folge. Um die Glieder dieser verhängnisvollen Kette voneinander abhängiger Faktoren und Geburten aufzulösen, muss man das Nichtwissen vernichten und zur Erkenntnis oder zum Wissen (Vidyā) gelangen. Schon früh spaltete sich die Gemeinde, und ab dem 1. Jh. v.Chr. stehen sich mit unterschiedlichen Auffassungen über Lehre und Weg zur Erlösung Hīnayāna und Mahāyāna gegenüber. Eine dritte Richtung stellt die des Tantrayāna (ab 2. Jh. n. Chr.) dar, die jedoch zur eigentlichen Philosophie des B. nicht viel Neues beiträgt, sondern Geheimlehren beinhaltet, die mit Hilfe von meditativen Praktiken, magischen Silben: den Mantras, Gesten: den Mudrās, magischen Diagrammen: den Maṇḍalas, den Weg zur Erlösung zu meistern versuchen.

Literatur:

  • Bibliographie bouddhique. Paris 1930 ff
  • S. Hanayama: Bibliography of Buddhism. Tokyo 1961
  • C. Regamey: Buddhistische Philosophie. Bern 1960
  • A. Bareau: Die Religionen Indiens. Bd. III. Stuttgart 1964
  • E. Conze: Eine kurze Geschichte des Buddhismus. Frankfurt 1984
  • Ders.: Der Buddhismus. Stuttgart 81986
  • Ders.: Buddhistisches Denken. Frankfurt 1990
  • E. Frauwallner: Geschichte der indischen Philosophie. Bd. I. Salzburg 1953
  • Ders.: Die Philosophie des Buddhismus. Berlin 31969
  • H.-J. Klimkeit: Der Buddha. Leben und Lehre. Stuttgart 1990
  • H. Nakamura: Indian Buddhism. Delhi 1989
  • H. Oldenberg: Buddha. Stuttgart/Berlin 71920
  • D. Schlingloff: Die Religion des Buddhismus. 2 Bde. Berlin 1962/63
  • U. Schneider: Einführung in den Buddhismus. Darmstadt 21987
  • H. W. Schumann: Mahāyāna-Buddhismus. München 1990
  • J. Takakusu: The Essentials of Buddhist Philosophy. Honolulu 21949
  • M. Walleser: Die buddhistische Philosophie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. 4 Bde. Heidelberg 1904–27.

MD

  • Die Autoren
AA Andreas Arndt, Berlin
AB Andreas Bartels, Paderborn
AC Andreas Cremonini, Basel
AD Andreas Disselnkötter, Dortmund
AE Achim Engstler, Münster
AG Alexander Grau, Berlin
AK André Kieserling, Bielefeld
AM Arne Malmsheimer, Bochum
AN Armin Nassehi, München
AR Alexander Riebel, Würzburg
ARE Anne Reichold, Kaiserslautern
AS Annette Sell, Bochum
AT Axel Tschentscher, Würzburg
ATA Angela T. Augustin †
AW Astrid Wagner, Berlin
BA Bernd Amos, Erlangen
BBR Birger Brinkmeier, Münster
BCP Bernadette Collenberg-Plotnikov, Hagen
BD Bernhard Debatin, Berlin
BES Bettina Schmitz, Würzburg
BG Bernward Gesang, Kusterdingen
BI Bernhard Irrgang, Dresden
BK Bernd Kleimann, Tübingen
BKO Boris Kositzke, Tübingen
BL Burkhard Liebsch, Bochum
BR Boris Rähme, Berlin
BS Berthold Suchan, Gießen
BZ Bernhard Zimmermann, Freiburg
CA Claudia Albert, Berlin
CH Cornelia Haas, Würzburg
CHA Christoph Asmuth, Berlin
CHR Christa Runtenberg, Münster
CI Christian Iber, Berlin
CJ Christoph Jäger, Leipzig
CK Christian Kanzian, Innsbruck
CL Cornelia Liesenfeld, Augsburg
CLK Clemens Kauffmann, Lappersdorf
CM Claudius Müller, Nehren
CO Clemens Ottmers, Tübingen
CP Cristina de la Puente, Stuttgart
CS Christian Schröer, Augsburg
CSE Clemens Sedmak, Innsbruck
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CZ Christian Zeuch, Münster
DG Dorothea Günther, Würzburg
DGR Dorit Grugel, Münster
DH Detlef Horster, Hannover
DHB Daniela Hoff-Bergmann, Bremen
DIK Dietmar Köveker, Frankfurt a.M.
DK Dominic Kaegi, Luzern
DKÖ Dietmar Köhler, Witten
DL Dorothea Lüddeckens, Zürich
DP Dominik Perler, Berlin
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EE Eva Elm, Berlin
EJ Eva Jelden, Berlin
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EM Ekkehard Martens, Hamburg
ER Eberhard Rüddenklau, Staufenberg
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FG Frank Grunert, Basel
FPB Franz-Peter Burkard, Würzburg
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GKB Gudrun Kühne-Bertram, Ochtrup
GL Georg Lohmann, Magdeburg
GM Georg Mildenberger, Tübingen
GME Günther Mensching, Hannover
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GS Georg Scherer, Oberhausen
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JPB Jens Peter Brune
JQ Josef Quitterer, Innsbruck
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MRM Marie-Luise Raters-Mohr, Potsdam
MS Manfred Stöckler, Bremen
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PP Peter Prechtl †
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RDÜ Renate Dürr, Karlsruhe
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REW Ruth Ewertowski, Stuttgart
RH Reiner Hedrich, Gießen
RHI Reinhard Hiltscher, Stegaurach
RK Reinhard Kottmann, Münster
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RLA Rolf-Jürgen Lachmann, Berlin
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RP Roland Popp, Bremen
RS Regina Srowig, Würzburg
RTH Robert Theis, Strassen
RW Raymund Weyers, Köln
SD Steffen Dietzsch, Berlin
SIK Simone Koch, Bochum
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SZ Snjezana Zoric, Würzburg
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TH Thomas Hammer, Frankfurt a.M.
TK Thomas Kisser, München
TM Thomas Mormann, Unterhaching
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TP Tony Pacyna, Jena
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UB Ulrich Baltzer, München
UT Udo Tietz, Berlin
UM Ulrich Metschl, München/Leonberg
VG Volker Gerhardt, Berlin
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WAM Walter Mesch, Heidelberg
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WH Wolfram Hinzen, Bern
WJ Werner Jung, Duisburg
WK Wulf Kellerwessel, Aachen
WL Winfried Löffler, Innsbruck
WM Wolfgang Meckel, Butzbach
WN Wolfgang Neuser, Kaiserslautern
WP Wolfgang Pleger, Cochem/Dohr
WS Werner Schüßler, Trier
WST Wolfgang Struck, Erfurt
WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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