Antisoziales Verhalten: Kaltherzig
In der Anatomie der Gewalt ist das Herz das zentrale Organ, das den Hang zu antisozialem und gewalttätigem Verhalten prägt. Wir wollen, wie oft in der Biologie, mit Tieren beginnen. Kaninchen, die aggressiv und dominant sind, haben einen langsameren Ruhepuls als rangniedere, nichtaggressive Kaninchen. Wenn bei diesen Tieren Dominanz experimentell manipuliert wird, nimmt die Herzfrequenz in dem Maß ab, wie die Dominanz zunimmt. Im gesamten Tierreich hat man diese Beziehung beobachtet – bei Makaken, Pavianen, Spitzhörnchen und Mäusen.
Doch möglicherweise wird Ihnen der Gedanke, dass jemand mit einer niedrigen Herzfrequenz eher dazu neigt, antisozial und gewalttätig zu sein, zu schlicht erscheinen, um glaubhaft zu sein. In einer Zeit, in der leistungsfähige und hochempfindliche Diagnosetechniken wie funktionelles Neuroimaging zur Verfügung stehen, erscheint es allzu simpel, gewalttätiges Verhalten mit einem Biomarker zu verknüpfen, der so erstaunlich leicht zu messen ist. Hält dieser Beitrag zur Biologie des Verbrechens und der Gewalt einer ernsthaften wissenschaftlichen Überprüfung stand?
In meinem ersten Forschungsprojekt als Doktorand an der University of York in England stellte ich fest, dass ein niedriger Ruhepuls charakteristisch für antisoziale Schuljungen war. Zum selben Ergebnis kam ich später bei einer Studie an der University of Nottingham. Ein Zufall vielleicht? Um das zu prüfen, führte ich in meiner Zeit an der University of Southern California mit meinen Kollegen eine Metaanalyse zur Beziehung zwischen Herzfrequenz und antisozialem Verhalten durch. Wir entdeckten 40 Veröffentlichungen mit Daten von insgesamt 5868 Kindern und Jugendlichen. Die Zusammenfassung dieser Studien ergab ein sehr viel klareres Bild ...
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