Metaforschung: Kulturwandel in der Biomedizin
Sind tatsächlich die meisten publizierten Forschungsergebnisse falsch, wie der weithin bekannte Epidemiologe John Ioannidis 2005 in der Fachzeitschrift »PLOS Medicine« schrieb? Warum verkünden Forscher so häufig Durchbrüche in der Behandlung wichtiger Krankheiten, von denen man später nichts mehr hört? Wo sind die versprochenen Heilungen durch Stammzelltherapien, Nanopartikel oder molekulargenetische »Designerdrogen« geblieben?
In der Tat mehren sich die Hinweise, dass die biomedizinische Forschung ein Problem hat. Es fing vor etwa zehn Jahren mit Beschwerden aus der Pharmaindustrie an: Man könne viele Ergebnisse der universitären Forschung, die in renommierten Journalen erschienen sind, in eigenen Studien nicht reproduzieren, also bestätigen. Und Ioannidis' Artikel zur mangelnden Korrektheit publizierter Arbeiten gehört seit Jahren zu den meistzitierten in der Biomedizin. Die Argumente des Epidemiologen sind bis heute nicht ernsthaft widerlegt worden. Im Gegenteil: Die weltweit wohl angesehenste und älteste Fachzeitschrift der Medizin, »The Lancet«, äußerte 2014 die Ansicht, dass wohl 85 Prozent der biomedizinischen Forschung Müll seien.
Mehrere systematische Untersuchungen der zurückliegenden Jahre haben belegt, dass es um die Robustheit und Verlässlichkeit biomedizinischer Forschungsergebnisse nicht zum Besten steht. Dies verunsichert Wissenschaftler mittlerweile deutlich. Bei einer Umfrage der Fachzeitschrift »Nature« im Jahr 2016 unter beinahe 1600 Forscherinnen und Forschern gab mehr als jede(r) Zweite an, die Versuchsergebnisse von Kollegen – sowie sogar die eigenen Resultate! – in Folgeexperimenten nicht reproduzieren zu können. Etliche Wissenschaftler sehen die biomedizinische Forschung derzeit in einer Reproduzierbarkeitskrise …
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben