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Stress: Hirn unter Druck

Psychische Belastung ist nicht immer schädlich – kurzfristig kann sie unseren Geist sogar beflügeln. Doch wo verläuft die Grenze zwischen gutem und bösem Stress?
Ein Mann rennt auf seine Uhr schauend die Straße entlang.

Stress hat heutzutage ein Imageproblem. Er schade nicht nur der Gesundheit, sondern zehre auch an den mentalen Kräften. Konzentration, Denk- und Urteilsvermögen würden bei Stress enorm leiden. Doch entgegen dieser verbreiteten Ansicht sind die Folgen psychischer Beanspruchung keineswegs so eindeutig. Je mehr Puzzleteile Forscher zusammentragen, desto klarer wird: Stress kann manche geistigen Leistungen sogar fördern.

Zunächst einmal ist die natürliche Stressreaktion des Körpers eine sehr sinnvolle Erfindung der Evolution. Geraten wir in eine brenzlige Lage, reagiert der Organismus mit zwei bewährten Programmen. Zum einen setzt die Nebenniere, angeregt durch das sympathische Nervensystem, vermehrt Adrenalin und Noradrenalin in die Blutbahn frei. Zum anderen kurbelt mit kurzer zeitlicher Verzögerung die so genannte Stresshormon­achse – bestehend aus dem Hypothalamus, der Hypophyse und der Nebennierenrinde – die Ausschüttung von Glucocorticoiden wie dem Stresshormon Cortisol an. In der Folge steigen Herzfrequenz und Blutdruck, so dass mehr Nährstoffe zu den Muskeln gelangen. Auf diese Weise gewinnen wir Energie für den Kampf oder für die Flucht.

Diese archaischen Programme laufen immer noch genauso im menschlichen Organismus ab wie vor Tausenden von Jahren, auch wenn uns inzwischen meist keine echte Lebensgefahr mehr droht. Der Säbelzahn­tiger von einst ist dem cholerischen Chef oder dem dringend zu erledigenden Aktenberg gewichen.

Wenn Forscher ihre Probanden im Labor unter Stress setzen, präsentieren sie ihnen meist auch keine Schlange oder Spinne. Vielmehr zielen sie auf eine Angst, die ebenfalls tief in uns wurzelt: die vor dem ­Urteil der ­anderen. Oft verwenden Psychologen dazu den Trier-­Sozial-Stress-Test. Der Versuchsteilnehmer muss dabei etwa einen freien Vortrag halten, der zudem per Kamera mitgeschnitten wird. "Bitte schildern Sie uns Ihre persönlichen Eigenschaften", lautet beispielsweise der Auftrag. Der Kandidat steht dabei einer Riege von Interviewern mit gestrengen Mienen gegenüber ...

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  • Quellen

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Schwabe, L. et al.: Stress Effects on Memory: An Update and Integration. In: Neuroscience & Biobehavioral Reviews 36, S. 1740-1749, 2012

Starcke, K., Brand, M.: Decision Making under Stress: A Selective Review. In: Neuroscience & Biobehavioral Reviews 36, S. 1228-1248, 2012

Starcke, K. et al.: Anticipatory Stress Influences Decision Making under Explicit Risk Conditions. In: Behavioral Neuroscience 122, S. 1352-1360, 2008

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