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Einstein@Home: 13 neue Gammapulsare entdeckt

Das Bürgerwissenschaftsprogramm Einstein@Home spürte mit Hilfe der Computer von zehntausenden Freiwilligen in aller Welt 13 bislang unbekannte Gammapulsare in den Messdaten des Forschungssatelliten Fermi auf.
Pulsar und naher Begleitstern, künstlerische Darstellung

Im Rahmen des Projekts Einstein@Home spenden Zehntausende von Personen weltweit Rechenzeit auf Computern, die sie gerade selbst nicht nutzen. Daraus resultiert ein virtueller Großrechner, der – als Einzelgerät – zu den 60 leistungsfähigsten Computern weltweit gehören würde. Mit ihm wurden nun Messdaten durchforstet, die der Gammastrahlensatellit Fermi im Verlauf von vier Jahren aufgezeichnet hatte. Und dies mit Erfolg: In den Daten stießen die weltweit verteilten Heimcomputer auf 17 Gammapulsare, von denen 13 bislang unbekannt waren. Die vier anderen waren bereits bekannt, wurden aber dadurch erneut bestätigt.

Bei Gammastrahlenpulsaren handelt es sich um rasch rotierende Neutronensterne, die von starken Magnetfeldern umgeben sind. Sie erzeugen in ihrem unmittelbaren Umfeld große Mengen an elektromagnetischen Wellen, die in zwei gerichteten Bündeln entlang der Magnetpole abgestrahlt werden. Darunter befindet sich auch die äußerst energiereiche Gammastrahlung. Bei entsprechender Ausrichtung der Rotations- und Magnetfeldachsen des Neutronensterns können die Strahlenbündel wie das Licht eines Leuchtturms periodisch über uns hinwegstreifen, woraus bei uns eine scheinbar blinkende Strahlungsquelle, eben der Pulsar, resultiert.

Die Positionen der 13 neu entdeckten Gammapulsare | Auf dieser Karte des gesamten Gammastrahlenhimmels sind die Positionen der 13 neu entdeckten Gammapulsare eingezeichnet. Die Karte wurde aus Daten des Gammastrahlensatelliten Fermi zusammengestellt. Unter den Feldern ist jeweils die Bezeichnung des Pulsars und seine Rotationsfrequenz angegeben. Die Flaggen geben die Nationalitäten der Freiwilligen an, deren Computer die Pulsare aufgespürt haben.

Neutronensterne sind die kollabierten Überreste der Kerne massereicher Sterne und entstehen bei Supernovae. Sie sind nur etwa 20 Kilometer groß, können aber das bis zu 1,4-Fache der Masse unserer Sonne enthalten. Sie rotieren häufig in Bruchteilen von Sekunden um ihre Rotationsachsen. Ihre Rotationsperioden sind im Allgemeinen so gleichförmig, dass sie als natürliche Uhren nur von Atomuhren der Spitzenklasse an Präzision übertroffen werden.

Für die Untersuchungen wurde aber nicht der gesamte Datensatz von Fermi durchforstet. Die Wissenschaftler um Colin Clark vom Albert-Einstein-Institut in Hannover gaben 118 nicht identifizierte Objekte aus dem Fermi-LAT Third Source Catalog vor, bei denen der Verdacht besteht, dass es sich um Neutronensterne beziehungsweise um Gammapulsare handeln könnte. Die Durchsuchung dieses Teildatensatzes mit nur einem klassischen Heimcomputer hätte etwa 1000 Jahre Rechenzeit benötigt, durch die Vernetzung von Zehntausenden von Rechnern gelang dies aber in nur rund einem Jahr.

Die nun aufgespürten Pulsare sind zwischen 12 000 und maximal zwei Millionen Jahre alt und verteilen sich über den gesamten Himmel entlang der Ebene unseres Milchstraßensystems. Ihre Rotationsperioden betragen zwischen 0,08 Sekunden und recht langen 0,62 Sekunden. Die Objekte mit den Bezeichnungen J1057–5851 und J1827–1446 sind mit Rotationsperioden von 0,6 und 0,5 Sekunden die langsamsten bislang bekannten Gammastrahlenpulsare. Bei einem weiteren Pulsar mit der Bezeichnung J1844–0346 trat ein besonderes Ereignis ein, er durchlief einen so genannten Glitch, eine abrupte Änderung seiner Rotationsperiode aus bislang unbekannten Gründen. Die Forscher um Colin Clark spekulieren, dass sich im Innern dieses Neutronensterns dessen Struktur etwas verändert hat, was sich auf die Rotationsperiode auswirkte.

Auch Sie können mit Ihrem Computer an dieser spannenden Suche im Rahmen von Einstein@Home teilnehmen. Dafür müssen Sie sich nur auf der Homepage des Projekts die Desktopanwendung herunterladen und den Installer starten. Neben der Suche nach Pulsaren können sie auch auf die Fahndung nach Gravitationswellen gehen, derzeit werden neue Daten des Gravitationswellendetektors LIGO nach den verräterischen Schwingungen verschmelzender Schwarzer Löcher durchforstet.

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