Amazonasgebiet: Abholzung schadet auch Sojaanbau
Der Schutz des Waldes hilft auch dem Sojaanbau in Brasilien. Dies geht aus einer neuen Studie in der Fachzeitschrift »World Development« hervor.
In der Studie analysierte ein Team um Avery Cohn von der Bostoner Tufts University den Wert der Vegetation für die Sojaproduktion mit zwei sich ergänzenden Ansätzen: Welche Einnahmen gehen den Soja-Farmern durch die Zerstörung von Wäldern und anderen Ökosysteme verloren? Und welche Einnahmen werden durch die Erhaltung dieser Ökosysteme generiert?
Demnach reduzierte extreme Hitze den Ertrag von Sojabohnen auf einer Anbaufläche von 35,8 Millionen Hektar im Durchschnitt um etwa 100 US-Dollar pro Hektar und Jahr. Insgesamt kostet dies den Sektor schätzungsweise 3,55 Milliarden US-Dollar.
Der Schutz des brasilianischen Amazonasgebiets und der Cerrado-Savanne könne hohe Temperaturen verhindern. Dadurch lässt sich den verbliebenen intakten Ökosystemen ein Wert beimessen. Wie das Team kalkulierte, hängt die Höhe dieses Werts stark davon ab, wie viele Flächen bereits an einem gegebenen Ort in Ackerland konvertiert worden sind. Wo es nur noch wenige intakte Wälder gibt, ist es wirtschaftlich günstiger, sie bestehen zu lassen: Ihre Abholzung macht mittels lokaler Erwärmung mehr Erträge zunichte, als die zusätzlich gewonnene Ackerfläche an Erträgen abwirft.
Dies gilt aktuell noch nicht für alle Gegenden Brasiliens. Mit fortschreitendem Klimawandel werde sich allerdings der künftige Wert der intakten Ökosystem drastisch erhöhen – laut den Berechnungen des Teams um 25 Prozent bis zu 95 Prozent.
Die Studie erscheint zu einer Zeit, in der in Teilen Brasiliens Wassermangel und Trockenheit herrschen. Zudem verzeichnet das Amazonasgebiet die schlimmste Abholzung und die schlimmsten Brände seit mehreren Jahren.
Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro gilt als Befürworter der wirtschaftlichen Ausbeutung des Amazonasgebiets. Er geriet wegen verheerender Brände wiederholt heftig in die Kritik. Ihm wird vorgeworfen, die Zerstörung in Kauf zu nehmen, um neue Flächen für Landwirtschaft, Viehzucht und Bergbau zu erschließen. Umweltbehörden und Kontrollorgane wurden gezielt geschwächt. Dabei kommt Brasilien eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz zu: Das Land verfügt mit einem Anteil in der Fläche Westeuropas über einen großen Teil des Amazonasgebiets, das als CO2-Speicher gilt.
Nach einer im Juni vorgestellten Studie hat sich die Anbaufläche für Sojabohnen in Südamerika seit dem Jahr 2000 von 26 400 auf 55 100 Quadratkilometer verdoppelt. Agrarprodukte wie Soja gehen nach Daten des brasilianischen Landwirtschaftsministeriums zuallererst nach Asien und dort vor allem nach China, aber auch in die Europäische Union mit Ländern wie den Niederlanden, Spanien und Deutschland, wo es zu großen Teilen für Tierfutter verwendet wird. (jad)
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