Sinneswahrnehmung: Angeborene Farbenblindheit gentherapeutisch behandelt

© Neitz Laboratory (Ausschnitt)
© Neitz Laboratory (Ausschnitt)
Farbsehtest | Affenmännchen Dalton im Farbsehtest: Auf einer Fläche farbiger Punkte sollte der Totenkopfaffe bestimmte Muster wiedererkennen und wurde bei richtiger Wahl mit Fruchtsaft belohnt.
Männliche Totenkopfaffen sind rot-grün-blind: In den für das Farbensehen zuständigen Zapfen ihrer Netzhaut verfügen sie über nur zwei verschiedene Fotopigmente. Ihnen fehlt aber das L-Opsin-Gen und damit fehlen auch die nötigen Rezeptoren für langwelliges, rotes Licht. Dass dies auch bei ihren Versuchstieren der Fall ist, überprüfte die Forschergruppe um Jay und Maureen Neitz von der University of Washington mit Hilfe eines Farbensehtests. Tatsächlich gelang den dressierten Affen nur die Unterscheidung von Blau- und Gelbtönen.
Dann wurde den Tieren die menschliche Variante des L-Opsin-Gens, eingebettet in virale Genfähren, in die Augen injiziert. Mit Hilfe eines Elektroretinografen, der das elektrische Potenzial an der Netzhaut misst, untersuchten die Forscher in den darauffolgenden Wochen, wie sich die spektrale Empfindlichkeit der Augen veränderte. Nach etwa zwanzig Wochen setzte die Rot-Grün-Wahrnehmung ein. Später bestätigten weitere Farbensehtests, dass die Tiere nun dieselben Fähigkeiten besitzen wie weibliche Totenkopfaffen, bei denen in einigen Fällen keine Farbenblindheit auftritt.
Auch das erwachsene Gehirn, so schließen die Forscher, könne sich also auf vollkommen neue Sinnesreize einstellen. Zwar bliebe die Frage unbeantwortet, ob die Tiere auch neue innere Farbempfindungen entwickelt haben. Die Gentherapie hätte aber im Wesentlichen nur das wiederholt, was während der Evolution der Trichromatie – des für Menschen üblichen Farbensehens – bei Primaten ohnehin geschehen sei. Nun hoffen die Forscher, in Zukunft auch menschliche Sehstörungen durch gentherapeutische Verfahren beheben zu können.
Originalveröffentlichung: Mancuso, K. et al.: Gene therapy for red-green colour blindness in adult primates. In: Nature 10.1038/nature08401, 2009
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