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Polarforschung: Antarktis kühlt ab, Arktis schmilzt

Forschungsschiff "Polarstern" auf Antarktis-Fahrt
Die Tiefsee der Antarktis wird nach jahrelanger Erwärmung wieder kälter. Dadurch könnten die Umwälzbewegungen der ozeanischen Wassermassen in Schwung gebracht werden, vermeldet das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven nach Abschluss der Messfahrt seines Schiffs Polarstern in antarktischen Gewässern. Gleichzeitig haben Satellitenaufnahmen die höchste Ausdehnung von Meereis im antarktischen Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen gezeigt. Ob der kalte antarktische Sommer einen neuen Trend einleitet oder nur ein "Ausrutscher" war, sollen Messbojen in den nächsten Jahren beobachten.

Ausbringen einer Messboje | Wissenschaftler von der "Polarstern" bringen eine Messboje aus, mit der die Entwicklung des Meereis und und der ozeanischen Strömungen in der Antarktis in den nächsten Jahren gemessen werden sollen.
Unter Leitung des Ozeanografen Eberhard Fahrbach untersuchte ein internationales Wissenschaftlerteam die Meeresströmungen sowie die Temperatur-, Salzgehalt- und Spurenstoffverteilung im antarktischen Meerwasser der Antarktis. Die Absinkbewegungen der Wassermassen im Südpolarmeer sind ein Teil der globalen Umwälzbewegungen des Ozeans und spielen damit eine wichtige Rolle im globalen Klimageschehen: "Während der letzte arktische Sommer der wärmste seit Aufzeichnung der Klimadaten war, hatten wir in der Antarktis einen kalten Sommer mit einem Meereismaximum. Die Reise soll die Grundlage dafür legen, die gegensätzlichen Entwicklungen in Arktis und Antarktis zu verstehen", erklärt Fahrbach.

Die beobachtete Abkühlung des Tiefenwassers bewege sich zwar nur im Bereich weniger Hundertstel Grad Celsius, doch sei dies für polare Meere bereits eine große Veränderung, so der Forscher weiter. Sie reicht zudem aus, die Meeresströmungen anzukurbeln. Sinkt das kalte Oberflächenwasser ab, fließt als Ausgleich wärmeres Wasser aus niedrigeren Breiten in Richtung Antarktis nach. Möglicherweise ist der bis zu 1,5 Grad Celsius wärmere zirkumpolare Tiefenstrom jedoch mitverantwortlich für den Meereisschwund im Westen des Kontinents, der zumindest bis letztes Jahr beobachtet werden konnte, während in diesem Sommer eine rekordverdächtige Ausbreitung beobachtet werden konnte.

Ganz anders sieht die Situation in arktischen Gefilden aus, melden Jennifer Kay vom National Center for Atmospheric Research in Boulder und ihre Kollegen [1]. Rund um den Nordpol schmolz die Meereisbedeckung im letzten September – dem Höhepunkt der arktischen Tausaison – auf nur noch 4,1 Millionen Quadratkilometer zusammen: verglichen mit dem Beginn der Aufzeichnungen mit Satelliten im Jahr 1979 ein Verlust von mehr als vierzig Prozent.

Wolkenfreie Arktis 2007 | Am 7. Juni 2007 herrschte über der Arktis eine ausgeprägte Schönwetterlage, die lange Bestand haben sollte. In ihrer Folge schmolz das Meereis der Region auf den geringsten Stand seit Aufzeichnungsbeginn mit Satelliten im Jahr 1979.
Einen der möglichen Auslöser vermuten die Forscher im sonnigen Wetter, das sich 2007 häufiger und dauerhafter einstellte als in den Vorjahren, wie Satellitenaufnahmen zeigten. Innerhalb von nur drei Monaten schmolz durch die starke Sonneneinstrahlung die durchschnittliche Dicke der Eisschicht um rund dreißig Zentimeter. Zudem erhitzte sich das eisfreie Meer um 2,4 Grad Celsius, da der dunkle Wasserkörper einen großen Teil der Einstrahlung als Wärme speicherte, während Eis mehr davon reflektiert. Dadurch schmolz die Gefrornis aber nicht nur von oben durch die Sonne, sondern auch sehr effektiv von unten durch das wärmere Wasser.

Das sonnige Wetter 2007 ist aber kein extremer Ausnahmefall – genauso viele oder noch weniger Wolken bedeckten den arktischen Himmel beispielsweise 1968, 1971, 1976, 1977 und 1991. In all diesen Jahren schmolz allerdings deutlich weniger Eis. Die Erderwärmung hat also womöglich bereits einen Rückkopplungseffekt zwischen Erwärmung, Meereisbedeckung und weiterer Erwärmung gestartet, der sich in den nächsten Jahren noch verstärken dürfte. (dl)

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