Medizin: Asthma als Erkrankung des Nervensystems
Mehr als 200 Millionen Menschen leiden weltweit unter Asthma. Bei der chronischen Erkrankung verengen sich die Atemwege durch Schleimablagerungen, Ödeme und Muskelkrämpfe. Die Folge davon sind sporadische Anfälle mit Luftnot. Verantwortlich für die Attacken machen Forscher meist das Immunsystem der Betroffenen, das überempfindlich auf bestimmte Allergene aus der Umwelt reagiert und so immer wieder allergische Entzündungsreaktionen auslöst. Medikamente, welche die körpereigene Abwehrreaktion unterdrücken, haben allerdings in der Vergangenheit nur mäßigen Erfolg gezeigt, um die Symptome zu bekämpfen. Charles Zuker von der Columbia University in New York und seine Kollegen vermuteten daher, dass es noch einen anderen zellulären Mechanismus geben muss, der hinter den Anfällen steckt. Und tatsächlich: Im Versuch mit Mäusen entdeckten die Wissenschaftler, dass nicht die Immunabwehr, sondern ein spezieller Typus von Nervenzellen für die asthmatypischen Atemwegsverengungen verantwortlich ist.
Bei den Zellen handelt es sich um sensorische Neurone, die Reize von der Lunge an das Gehirn sowie das Rückenmark weiterleiten und einen so genannten TRPV1-Ionenkanal besitzen. Dieser nimmt als Schmerzrezeptor unter anderem schädliche Umweltreize wahr. Die Zellkörper dieser Neurone liegen im Nervenknoten des Nervus vagus.
Zerstörten Zuker und seine Kollegen diese Zellen bei Mäusen, denen sie zuvor durch ein Protein aus dem Eiklar, das allergische Reaktionen auslöst, menschliche Asthmasymptome verpasst hatten, trat bei den Tieren keine Verengung der Atemwege mehr auf. Eine gezielte Stimulation der TRPV1-Neurone hatte dagegen den gegenteiligen Effekt und verschlimmerte die Symptome noch weiter. Die Reaktion des Immunsystems blieb von der Aktivität der Nervenzellen unberührt.
Die Forscher halten es für möglich, dass die Neurone im Vagusnerv durch proinflammatorische Botenstoffe sensibilisiert werden, wenn Entzündungsprozesse in der Luge stattfinden – und den Schweregrad der Entzündung dann entsprechend auf die Atemwegsreaktionen übertragen. Sollten sich diese Erkenntnisse auch auf den Menschen anwenden lassen, könnte das Nervensystem zu einem neuen Angriffspunkt für zukünftige Asthmamedikamente werden.
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