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Serie Astrofotografie: Astrofotos mit Bildbearbeitung in Szene setzen

Wie lässt sich aus Rohbildern ein ansprechendes Astrofoto erzeugen? Wir beschreiben die konkreten Arbeitsschritte, von den kalibrierten Bildern bis zum finalen Ergebnis.
Fotografie mit Nachhilfe
Dieses Bild des Nordamerikanebels im Sternbild Schwan nahm der Astrofotograf Frank Sackenheim mit Hilfe der automatischen Nachführkontrolle MGEN-3 auf. Zur Fotografie nutzte er eine Canon EOS Ra an einem Teleskop vom Typ Takahashi Epsilon 130. Ein parallel zum Teleskop montierter 50-Millimeter-Sucher diente als Leitfernrohr. Daran angeschlossen war die links oben dargestellte Nachführkamera MGEN-3, welche die Nachführgenauigkeit überwachte.

In den vorangegangenen beiden Teilen dieser Serie haben Sie gesehen, welche technische Ausrüstung erforderlich ist, um beeindruckende Fotos von galaktischen Nebeln, Sternhaufen oder Galaxien zu erstellen. Zunächst haben Sie den Ablauf einer typischen Fotonacht kennen gelernt. Anschließend wurde beschrieben, wie aus den aufgenommenen Himmelsfotos ein kalibriertes Bild entsteht: Die vielen Rohbilder des Objekts werden mit Hilfe der Kalibrierbilder Dark und Flat korrigiert und zu einem Summenbild verarbeitet. Dieser Arbeitsgang wird als Stacking bezeichnet. Das Ergebnis der Prozedur ist ein so genanntes lineares Bild, das zu einem ansehnlichen finalen Astrofoto weiterverarbeitet werden kann. Methoden hierfür habe ich am Ende des zweiten Teils skizziert.

Da bislang nur der prinzipielle Ablauf der Bildauswertung betrachtet wurde, möchte ich im Folgenden auf die konkreten Schritte eingehen. Sie werden erfahren, wie die Rohbilder zu kalibrierten Bildern verarbeitet werden und wie aus dem daraus gewonnenen linearen Bild ein vorzeigbares finales Bild entsteht. Die einzelnen Arbeitsgänge – im Folgenden als Phase 1, 2 und 3 bezeichnet – erläutere ich überwiegend anhand der astronomischen Bildbearbeitungssoftware Siril. Dieses Programm kann von der Website siril.org kostenfrei heruntergeladen und installiert werden. Siril wird für die Betriebssysteme Linux, Windows und macOS angeboten und bietet einen sehr großen Umfang an Funktionen.

Zur finalen Bearbeitung des mit Siril erhaltenen Bildes nutze ich Adobe Photoshop. Die hiermit durchgeführten Schritte lassen sich auch auf andere, kostengünstiger erhältliche Programme übertragen, beispielsweise Affinity Photo. Einen Überblick über diese und vergleichbare Programme finden Sie am Schluss dieses Beitrags.

Beispiel Nordamerikanebel | Einfach mit einer Kamera am Teleskop ein Himmelsobjekt aufnehmen – so könnte ein Astrofoto entstehen. Doch erst eine Kalibrierung der Rohbilder und eine behutsame Bearbeitung lassen ein so farbenprächtiges Foto wie dieses entstehen. Anhand von Aufnahmen des Nordamerikanebels NGC 7000 erläutern wir, wie Sie Ihre Rohbilder prozessieren und durch eine verfeinerte Bearbeitung ansprechend präsentieren können. Für das hier gezeigte Foto nutzte Frank Sackenheim eine Canon EOS Ra an einem Refraktor vom Typ Takahashi Epsilon 130D. Belichtet wurden 23 Bilder à 300 Sekunden bei ISO 800.

Bei der Bildbearbeitung kommen häufig so genannte Skripte (englisch: scripts) oder Aktionen (englisch: actions) zum Einsatz, die in Affinity Photo als Macros bezeichnet werden. Hierbei handelt es sich um vorgefertigte Miniprogramme, die auf Knopfdruck eine Reihe von Bearbeitungsschritten automatisiert durchführen. Auch die Arbeit mit Siril erfordert das vorherige Herunterladen und Installieren einiger Skripte. Eine detaillierte Anleitung hierzu finden Sie im Online-Handbuch der Software unter siril.readthedocs.io/de/stable/Scripts.html. Betrachten wir nun die Phase 1 unserer Arbeit mit Siril, beginnend mit dem Stacking der Rohbilder, am Beispiel von Aufnahmen des Nordamerikanebels NGC 7000.

Phase 1: Erstellen eines linearen Bildes

Legen Sie für jedes fotografierte Himmelsobjekt auf Ihrem Computer ein Dateiverzeichnis an. Hierin erstellen Sie vier weitere Unterverzeichnisse für die unterschiedlichen Kategorien von Bildern, die mit »Lights«, »Flats«, »Darks« und »Biases« beschriftet sind. Nun sortieren Sie Ihre Bilddaten in diese Ordner hinein: Im Ordner »Lights« dürfen sich nur die eigentlichen Deep-Sky-Bilder des Objekts befinden, im Ordner »Darks« nur die Dunkelbilder und so weiter. Sobald dies geschehen ist, öffnen Sie die zuvor installierte Software Siril auf Ihrem Computer (siehe »Schritt 1: Starten mit Siril«).

Wir haben in Phase 1 diejenigen Schritte der Bildbearbeitung getan, die notwendigerweise im linearen Zustand erfolgen müssen. Es ist jetzt an der Zeit, das Bild final zu bearbeiten und aus der dunklen Ansicht ein ansprechendes Bild des Objekts zu erzeugen, das Sie ausdrucken, im Internet hochladen oder auf dem Smartphone, einem Computerbildschirm oder einem Tablet betrachten können.

Phase 2: Das Stretching

Der nun folgende Arbeitsgang wird als »Stretching« oder »Stretchen« bezeichnet. Hierfür verwenden wir eine so genannte Gradations- oder Histogrammkurve – doch zuvor stellen wir sicher, dass die Farben des Bildes beim anschließenden Stretching erhalten bleiben: die so genannte Asinh-Transformation (siehe »Schritt 1: Die Asinh-Transformation«).

Nach dem erfolgreichen Abschluss von Phase 2 haben Sie bereits ein Bild, das als fertig bearbeitet betrachtet werden kann. Viele Astrofotografen verfeinern ihre Bilder aber noch etwas, beispielsweise durch weitere Kontrastanpassungen. Zudem können die Bilder noch etwas entrauscht werden, oder man kann Teile des Bildes etwas nachschärfen.

Phase 3: Die finale Bildbearbeitung

Für die Fertigstellung meiner Bilder nutze ich aus Gewohnheit seit vielen Jahren die Software Adobe Photoshop. In Photoshop ist eine Sammlung von nützlichen Skripten – so genannte Astro actions – unter dem Namen »Astronomy Tools« bekannt. Dieses Paket wird von ProDigital Software für rund 20 US-Dollar angeboten (www.prodigitalsoftware.com).

Serie Astrofotografie: Der Weg zum Deep-Sky-Foto

Sternhaufen, Galaxien, galaktische Nebel: Solche himmlischen Objekte lassen sich nicht nur mit Hilfe von Teleskopen in professionellen Sternwarten oder mit Weltraumteleskopen wunderbar ablichten. In dieser Serie verraten wir, wie das perfekte Astrofoto auch zu Hause gelingt – vom richtigen Equipment über die Aufnahmetechnik bis hin zur Bildbearbeitung.

Teil 1: Mit Kamera und Teleskop zum perfekten Astrofoto
Teil 2: Die richtige Aufnahmetechnik für Galaxien, Sternhaufen und Nebel
Teil 3: Astrofotos mit Bildbearbeitung in Szene setzen (12. Oktober 2024)

Ich selbst stelle solche Aktionen gratis zur Verfügung; überwiegend sind es die Aktionen des Astrofotografen Thomas Henne (www.distant-lights.at/tipps.htm). Die Installation und Benutzung dieser nützlichen Werkzeuge stelle ich in einem Video auf meinem YouTube-Kanal »Astrophotocologne – alles über Astrofotografie« vor. Für Affinity Photo sind die astrophotography macros beliebt, die der britische Fotograf James Ritson auf seiner Website jamesritson.co.uk anbietet. Bei Gefallen können Sie einen Geldbetrag auswählen, der Ihnen der Erwerb wert ist.

Der erste Schritt der Bildverfeinerung lässt sich aber noch innerhalb von Siril durchführen: Wenn Sie das Bild gemäß den in Phase 2 geschilderten Schritten bearbeitet haben, kann es sein, dass die Aufnahme trotz der Farbkalibrierung immer noch einen leichten Grünstich aufweist. Dieser störende Effekt, der auch als Grünrauschen bezeichnet wird, lässt sich in Siril sehr einfach entfernen (siehe »Schritt 1: Eliminieren des Grünrauschens«.

Den abschließenden Schritt der Phase 3 bildete das Einstellen der Gradationskurve. Sie wird auch als S-Kurve bezeichnet. Sobald Sie in einer Fotosoftware den Kontrast eines Bildes erhöhen, verändert sich im Hintergrund genau diese Kurve. Erlernen Sie unbedingt den Umgang mit solchen Kurven –dies ist eine essenzielle Technik der Bildbearbeitung.

Sie können noch andere Aktionen ausprobieren und versuchen, Ihr Foto weiter zu verbessern. Sollte das Bild zum Beispiel noch über ein zu hohes Rauschen verfügen, dann versuchen Sie einmal die Aktion »Rauschen entfernen«. Ich nutze hierfür auch gerne das Plugin »Noise-X-Terminator« von Russell Croman, das auf einer KI-Technologie basiert.

Welche Software für welchen Zweck?

Die vorangegangen Ausführungen zur Bildbearbeitung und zum Nachbearbeiten bezogen sich größtenteils auf die Software Siril. Abschließend betrachte ich weitere in der Astroszene verbreitete Programme, mit denen ich eigene Erfahrungen sammeln konnte.

AstroPixelProcessor: Hierbei handelt es sich um eine kostenpflichtige Software für Linux, Windows und macOS, die unter www.astropixelprocessor.com für rund 200 Euro erhältlich ist. Nach einer gewissen Einarbeitungszeit zeigt das Programm seine Stärken, vor allem im Bereich des Stacking und dem Bearbeiten von linearen Bildern. Zur Bearbeitung von bereits gestretchten, nichtlinearen Bildern bietet die Software allerdings kaum Möglichkeiten an.

DeepSkyStacker (DSS): Die unter deepskystacker.free.fr/german/ frei erhältliche Software leistet, was der Name sagt: das Stacking der Bilder. Eine rudimentäre Bildbearbeitung ist damit möglich, aber die meisten Anwender werden das gestackte Bild in einer anderen Software weiterbearbeiten. Das Windows-Programm ist unter Anfängern in der Astrofotografie seit vielen Jahren verbreitet und beliebt.

PixInsight: Diese Software gilt als Goldstandard für die Bildbearbeitung. Sie bietet nahezu alles, was man benötigt, um Deep-Sky-Fotos zu erstellen und anzupassen: vom Stacken über die Bearbeitung linearer Bilder bis zur finalen Bearbeitung nichtlinearer Bilder. PixInsight ist derzeit für rund 360 Euro unter pixinsight.com für Linux, macOS und Windows erhältlich. Die Bedienung empfinden Anfänger meist als sehr komplex. Ohne eine Anleitung in Form von Büchern oder Videotutorials ist ein Einstieg kaum möglich. Dafür bietet die Software nahezu unbegrenzte Möglichkeiten. In den letzten Jahren sind von Drittanbietern zahlreiche Skripte eingeflossen, die teilweise kostenpflichtig sind, aber überwiegend von anderen Astrofotografen kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Diese Skripte erleichtern das Bedienen der Software teilweise enorm.

Weitere empfehlenswerte Programme: Einige Bildbearbeitungsprogramme sind zwar nicht speziell für astronomische Anwendungen gedacht – sie eignen sich jedoch gut für die Astrofotografie. Hierzu gehört Adobe Photoshop. Diese Software war lange Zeit das Arbeitspferd für Astrofotografen, bevor PixInsight den Markt eroberte. Darum gibt es noch viele Tutorials zur astronomischen Bildbearbeitung, die auf Photoshop aufbauen. Die für macOS und Windows erhältliche Software ist kostenpflichtig und kann im Rahmen eines Abo-Modells bezogen werden; ihre Anschaffung lohnt sich aus meiner Sicht nur, wenn sie noch für andere Zwecke eingesetzt wird.

Kostengünstige Alternativen zu Photoshop sind Gimp und Affinity Photo. Beide Programme werden für macOS, Windows und weitere Betriebssysteme angeboten. Gimp (GNU Image Manipulation Program) ist unter www.gimp.org kostenfrei verfügbar; Affinity Photo kostet derzeit 75 Euro, ist aber immer wieder als Angebot erhältlich. Dieses Programm bietet sogar eine rudimentäre Funktion zum Stacken von Fotos. Zudem stehen viele nützliche Skripte bereit, die speziell für Deep-Sky-Astrofotografen geschrieben wurden.

Ein Rat zum Schluss: Seien Sie vorsichtig

Anfänger neigen oft dazu, alle möglichen PlugIns oder Actions auf ihre Bilder anzuwenden. Es ist wichtig, dass Sie ein Gefühl dafür bekommen, welche Methoden Ihr Bild gut verträgt. Eine Aktion zum Aufhellen von Nebeln kann bei einer Galaxie völlig unangebracht sein. Methoden zum Entrauschen oder Schärfen können falsch angewendet dem Bild einen völlig unnatürlichen Eindruck geben. Die Bildbearbeitung ist ein weites Feld; sie erfordert viel Übung und Geschmack. Verfahren Sie lieber wie ein Chirurg, der mit scharfem Skalpell behutsam zu Werke geht, als wie ein Schmied, der mit seinem Hammer grobe Arbeiten verrichtet. Und das Wichtigste: Haben Sie Spaß am Ausprobieren!

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  • Quellen

Sackenheim, F.: Der Weg zum Deep-Sky-Foto. Teil 1: Aufnahmeoptik, Kamera und Nachführung. Sterne und Weltraum 3/2024, S. 62 – 68

Sackenheim, F.: Der Weg zum Deep-Sky-Foto. Teil 2: Aufnahmetechnik und erste Bildbearbeitung. Sterne und Weltraumn&bsp;3/2024, S. 62 – 68

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