Astrophysik: Verfinsterung eines Schwarzen Lochs
In der direkten Nachbarschaft um aktive Galaxienkerne, in deren Zentrum sich extrem massereiche Schwarze Löcher befinden, kann es ausgesprochen turbulent zugehen. Die Kernregion ist von einer Akkretionsscheibe aus Gas und Staub umgeben, über die Materie von außen nach innen befördert wird. Der Materieeinfall von der Scheibe in die innersten Zonen und in das Schwarze Loch hinein erzeugt hohe Energien und entwickelt eine immense Leuchtkraft über das ganze Strahlungsspektrum hinweg. Zusätzlich treten Magnetfelder mit ionisiertem Gas in Wechselwirkung und können von diesem beträchtliche Anteile hinausschleudern.
Nun wurde ein solcher Materiestrom in der rund 240 Millionen Lichtjahre von uns entfernten Galaxie NGC 5548 im Sternbild Bärenhüter entdeckt, als sich dieser in die Sichtlinie zwischen den Kern und die Beobachter schob. Er verfinsterte dadurch die Strahlungsquelle und machte so auf sich aufmerksam. Die seit Jahrzehnten ausgiebig erforschte Galaxie zählt zu den Seyfert-Galaxien vom Typ I und ist für einen beständigen Ausstoß an ionisierter Materie bekannt. Dies wurde bereits mit Hilfe von hoch aufgelösten Beobachtungen im Ultraviolett- und Röntgenbereich festgestellt.
Jetzt registrierten Astronomen um Jelle S. Kaastra vom Netherlands Institute for Space Research im letzten Jahr eine unerwartete Verdunkelung der Strahlungsquelle, die auf eine weitere Gasströmung schließen lässt. Deutlich wurde dies in den Daten, die sie im Zeitraum zwischen Mai 2013 und Februar 2014 mit Hilfe von sechs Weltraumobservatorien gesammelt hatten. Zu ihnen zählten unter anderen die Weltraumteleskope Hubble und XMM-Newton. Letzteres ist für Beobachtungen im Röntgenbereich ausgelegt. Insbesondere der Anteil an der so genannten weichen Röntgenstrahlung bei Energien unterhalb von zehn Kiloelektronvolt war im Vergleich zu Archivdaten aus dem Jahr 2002 um 90 Prozent geringer. Des Weiteren verzeichneten die Forscher im ultraviolettem Spektralbereich deutliche Hinweise auf absorbierendes Material mit hohen Eigengeschwindigkeiten von bis zu 5000 Kilometer pro Sekunde.
Unter Zuhilfenahme aller Daten modellierten die Wissenschaftler die Situation. Ihre Rechnungen deuten auf einen zweikomponentigen, klumpigen Ausfluss hin, dessen Ursprung sich nur wenige Lichttage vom aktiven Kern befindet. Der Strom setzte zwischen August 2007 und Februar 2012 ein, wird vermutlich durch die Akkretionsscheibe gespeist und schirmt zum Teil die Umgebung von der Röntgenstrahlung aus dem Zentrum ab. Diese Entdeckung und die zukünftige Untersuchung des Ereignisses sind maßgeblich, um die Mechanismen, die für solche Scheibenwinde in der Nähe von Galaxienkernen verantwortlich sind, besser zu verstehen.
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