Evolution: Auf neuen Wegen
Neue Arten entstehen, wenn in einer Population durch Mutation neue, günstige Gene auftauchen und sich über die nachfolgenden Generationen hinweg die ursprüngliche und die neue Varianten zunehmend auseinander entwickeln, bis sie schließlich zu zwei getrennten Arten werden, die sich nicht mit der jeweils anderen vermehren können. Doch es geht auch anders.
Sie sind sich ähnlich, sehr ähnlich – womöglich zu ähnlich? Die Rede ist von drei Schmetterlingsarten, die durch den mittelamerikanischen Urwald flattern: Heliconius cydno, Heliconius melpomene und Heliconius heurippa. Die beiden erstgenannten teilen sich zu großen Teilen den Lebensraum, bevorzugen aber unterschiedliche Nahrungspflanzen; sie verfügen über die gleiche Chromosomenzahl, tragen aber je nach Art eine andere Flügelfärbung zur Schau: H. cydno ist schwarz mit gelblichen Streifen auf den Flügeln, H. melpomene verziert seine schwarzen Flügel mit rot-orangen Streifen. H. heurippa teilt sich mit H. melpomene den Lebensraum und geriert sich mit seinen gelben und roten Verzierungen auf schwarzem Flügelgrund optisch als Mischung der beiden anderen Arten.
Ein Mischling, der fortpflanzungsfähig ist und eine eigene Art begründet? Geht das überhaupt? Laut Lehrbuchmeinung entstehen neue Arten doch durch Aufspaltung aus einer einzigen bestehenden Art. Und zwei Arten sind auch dadurch als unterschiedlich definiert, dass sie sich nicht nachhaltig miteinander vermehren können. Zwar gibt es Kreaturen wie das Maultier, das durch die Kreuzung von Pferd und Esel entsteht, aber Maultiere können sich selbst nicht fortpflanzen – sie sind eine evolutionäre Sackgasse. Lediglich von manchen Pflanzen ist bekannt, dass sie diese Regel missachten und sich tatsächlich zwei Arten miteinander kreuzen und dabei erfolgreich eine neue Art begründen. Aber bei Tieren? Nie gesehen!
Dem Geheimnis um den seltsamen Schmetterlingsmischling ging nun ein multinationales Team um Chris Jiggins von der Universität Edingburgh, Jesús Mavárez vom Smithsonian Tropical Research Institute in Panama und Mauricio Linares von der Universidad de los Andes in Kolumbien auf den Grund. Die Wissenschaftler versuchten, den evolutionären Schritt "zwei Arten kreuzen sich, und es entsteht eine neue Art" im Labor nachzustellen.
Diese Nachkommen hatten noch eine besondere Eigenschaft: Sie bevorzugten bei der Partnerwahl eindeutig Ihresgleichen – weder für andersgeschlechtliche Exemplare von H. cydno noch für die der Art H. melpomene brachten sie größeres Interesse auf.
Ein Mischling, der fortpflanzungsfähig ist und eine eigene Art begründet? Geht das überhaupt? Laut Lehrbuchmeinung entstehen neue Arten doch durch Aufspaltung aus einer einzigen bestehenden Art. Und zwei Arten sind auch dadurch als unterschiedlich definiert, dass sie sich nicht nachhaltig miteinander vermehren können. Zwar gibt es Kreaturen wie das Maultier, das durch die Kreuzung von Pferd und Esel entsteht, aber Maultiere können sich selbst nicht fortpflanzen – sie sind eine evolutionäre Sackgasse. Lediglich von manchen Pflanzen ist bekannt, dass sie diese Regel missachten und sich tatsächlich zwei Arten miteinander kreuzen und dabei erfolgreich eine neue Art begründen. Aber bei Tieren? Nie gesehen!
Dem Geheimnis um den seltsamen Schmetterlingsmischling ging nun ein multinationales Team um Chris Jiggins von der Universität Edingburgh, Jesús Mavárez vom Smithsonian Tropical Research Institute in Panama und Mauricio Linares von der Universidad de los Andes in Kolumbien auf den Grund. Die Wissenschaftler versuchten, den evolutionären Schritt "zwei Arten kreuzen sich, und es entsteht eine neue Art" im Labor nachzustellen.
"Wir haben im Labor die evolutionären Schritte wiederholt, durch die Heliconius heurippa entstanden sein könnte"
(Jesús Mavárez)
Das Experiment gelang: Zwar waren nur die Männchen aus der Kreuzung von H. cydno und H. melpomene fruchtbar, aber diese Hybride vermehrten sich prächtig. (Jesús Mavárez)
Dabei gab es zwei Möglichkeiten: Wenig spannend war es, wenn sich die Hybride mit Weibchen von H. melpomene einließen, denn der Nachwuchs glich sehr stark H. melpomene. Um so aufregender war die zweite Variante: Paarten sich die Hybride nur ein einziges Mal mit H. cydno, kamen dabei Schmetterlinge heraus, die dem wildlebenden H. heurippa zum Verwechseln ähnlich sahen.
Diese Nachkommen hatten noch eine besondere Eigenschaft: Sie bevorzugten bei der Partnerwahl eindeutig Ihresgleichen – weder für andersgeschlechtliche Exemplare von H. cydno noch für die der Art H. melpomene brachten sie größeres Interesse auf.
"Wenn man den roten oder gelben Streifen eines zweifarbigen Hybridweibchens abdeckt, finden Hybridmännchen sie auf einmal überhaupt nicht mehr attraktiv"
(Jesús Mavárez)
Umgekehrt ließen sie auf einmal Bewerber der eigenen Hybridgeneration links liegen, sobald diesen einer der beiden Farbstreifen auf den Flügeln abgedeckt wurde und sie dadurch H. cydno beziehungsweise H. melpomene ähnelten."Wenn man den roten oder gelben Streifen eines zweifarbigen Hybridweibchens abdeckt, finden Hybridmännchen sie auf einmal überhaupt nicht mehr attraktiv", erzählt Mavárez. Auch bei Attrappen aus Papier flogen sie nur auf solche Exemplare, die ihre eigene arttypische Zeichnung trugen. (Jesús Mavárez)
"Wir haben im Labor die evolutionären Schritte wiederholt, durch die Heliconius heurippa entstanden sein könnte", folgert denn auch Mavárez. Vor allem die deutliche Fixierung auf Geschlechtspartner mit der selben Zeichnung – also die sehr selektive Partnerwahl – dürfte wohl die Trennung der Arten begünstigt und eine Rückkreuzung verhindert haben. Demnach besteht wohl doch die evolutionäre Möglichkeit, dass auch Tierarten anders als durch Aufspaltung entstehen. Es gibt eben mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit uns träumen lässt.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.