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Genetik: Bedingt Krankheitsschutz die geringe Pygmäengröße?

Bedingt Krankheitsschutz Pygmäengröße?

Bekannt sind die afrikanischen Pygmäen vor allem wegen ihrer Körpergröße: Sie übersteigt nur in seltenen Fällen 1,55 Meter. Seit Langem rätseln Forscher über die Gründe für den kleinen Wuchs. Ihre Erklärungen reichen von Nahrungsmangel über einen Bewegungsvorteil in dichten, undurchdringlichen Wäldern bis hin zu einer effektiveren Wärmeabgabe im tropischen Klima. Nun kommen die genetischen Grundlagen der Kleinwüchsigkeit langsam ans Licht: Ein Team von US-amerikanischen und französischen Wissenschaftlern um Sarah Tishkoff von der University of Pennsylvania in Philadelphia hat mehrere Gene auf dem Chromosom 3 identifiziert, die bereits bei Europäern mit Körpergröße in Verbindung gebracht wurden.

Pygmäengruppe | Eine Gruppe von Pygmäen zusammen mit dem Anthropologen Alain Fromant.

Die Forscher hatten im Pygmäengenom nach Hinweisen auf Größenselektion gesucht, wobei ihr Augenmerk auf den so genannten "single nucleotide polymorphisms" (SNP) lag: Dies sind Variationen einzelner Basenpaare im DNA-Strang, für die es seit einigen Jahren umfangreiche Vergleichsdatenbanken gibt. Fündig wurden sie dann in einer bestimmten Region des Chromosoms 3, die im Zusammenhang mit so unterschiedlichen Dingen wie dem Immunsystem und Krankheitsanfälligkeit, der Fortpflanzung, aber auch Variationen der Körpergröße steht. Eines der identifizierten Gene – CISH – ist bei Mäusen bekannt dafür, bei Überexpression den Hormonhaushalt bestimmter Wachstumsfaktoren zu beeinflussen und so Zwergwuchs auszulösen. Gleichzeitig erhöht es jedoch auch den Schutz vor Malaria und Tuberkulose.

Möglicherweise, so die Wissenschaftler, könnte die geringe Körpergröße also das Ergebnis verbesserter Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten sein. Tatsächlich sind Pygmäen einer sehr hohen Belastung durch Krankheitserreger ausgesetzt, und ihre Lebenserwartung zählt mit im Schnitt 16 bis 24 Jahren zu den kürzesten beim Menschen überhaupt.

Tishkoff und Kollegen analysierten sowohl genetisches Material von 57 Angehörigen dreier Pygmäenethnien aus Kamerun als auch von 39 Vertretern ihrer körperlich größeren Nachbarn – einer Bantu sprechenden Volksgruppe. Der Vergleich war notwendig, um die ursprünglichen Abschnitte des Pygmäengenoms herauszufiltern, da sich beide Ethnien seit einigen tausend Jahren immer wieder vermischen. Je weiter diese Vermischung voranschreitet, je mehr "Bantugene" also im Erbgut vorhanden sind, desto größer werden die jeweiligen Personen: ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass die Körpergröße der ortsansässigen Bevölkerung maßgeblich durch genetische Dispositionen beeinflusst werde, so die Forscher.

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