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Polarlichter: Buntes Treiben

An Nord- und Südpol tanzen beizeiten farbenreiche Schleier über den Nachthimmel. Welche Prozesse einem solchen Polarlicht allerdings im Einzelnen vorangehen, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Nun könnte es endlich eine Antwort darauf geben.
Auch wenn der Italiener Galileo Galilei bestimmt nicht der erste Mensch war, der je ein Nordlicht zu Gesicht bekam, gab er diesem imposanten Schauspiel dennoch seinen wissenschaftlichen Namen: Aurora borealis – was etwa die Morgenröte des Nordens bedeutet. Denn in seinen Breiten erschienen die Lichter meist in zarten Rottönen am Nachthimmel und erinnerten ihn wohl an eine verfrühte Morgendämmerung. Und so hielt er das Polarlicht dann auch für Reflektionen des Sonnenlichts in der Atmosphäre.

Die Magnetosphäre der Erde | Das Erdmagnetfeld schirmt uns vor den geladenen Teilchen des Sonnenwinds ab.
Tatsächlich liegt die Ursache der Polarlichter aber irgendwo in der Magnetosphäre unserer Erde verborgen, die den Planeten wie eine große Blase umgibt und uns vor dem gefährlichen Sonnenwind schützt. Mit Geschwindigkeiten von einigen hundert Kilometern pro Sekunde prasselt dieser Strom aus leichten Atomkernen und Elektronen mal stärker, mal schwächer auf das Erdmagnetfeld ein.

Wegen dieses Bombardements muss es sich ganz schön verbiegen: Die Magnetosphäre besitzt einen langen Schweif, der sich von der Sonne weg über mehrere Millionen Kilometer ins All erstreckt. In ihn können einige der ihn umhüllenden Sonnenwindteilchen eindringen, werden unter Umständen zur Erde hin beschleunigt und gelangen in hohen geografischen Breiten – wo die Magnetfeldlinien nahezu senkrecht auf der Oberfläche stehen – schließlich in die obere Atmosphäre.

Nordlicht aus dem All | An Bord der Internationalen Raumstation entstand diese Aufnahme einer Aurora Borealis. Über dem Golf von Alaska, teilweise verdeckt durch ein Tiefdruckgebiet (Wolkenwirbel), erhellt sie den Nachthimmel.
Und damit wären wir schon fast am Ziel, denn hier treffen die Teilchen, vorwiegend Elektronen, auf Luftmoleküle und regen diese zum Leuchten an. Je nach Atomsorte kommt dabei eine andere Farbe heraus: Sauerstoffatome sind für die häufig beobachteten grünen, aber auch für die roten Polarlichter verantwortlich. Stickstoffmoleküle hingegen tauchen den Nachthimmel in einen, wenn auch nicht so intensiven, blauen bis violetten Glanz.

Klingt eigentlich gut verstanden. Doch welche Prozesse in welcher Reihenfolge da oben genau ablaufen, war den Wissenschaftler bislang nicht ganz klar. Eine tragende Rolle spielen ihrer Meinung nach magnetische Teilstürme – anders als magnetische Stürme sorgen diese nur für lokale Veränderungen im Erdmagnetfeld. Wüten sie, wird die vom Sonnenwind in die Magnetosphäre übertragene und dort gespeicherte Energie schlagartig in gewaltigen Ausbrüchen freigegeben und setzt die erdwärtsgerichtete Teilchenflut in Gang.

Aurora über Alaska | In der Nacht vom 16. zum 17. Oktober 2003 entstand dieses Bild eines Nordlichts in Fairbanks, Alaska.
Einige Wissenschaftler glauben, dass die Ursache für derartige Teilstürme relativ nahe dem Planeten – etwa ein Sechstel der Erde-Mond-Distanz entfernt – zu suchen ist. Danach werden riesige elektrische Ströme, die sich in dem mit geladenen Teilchen gefüllten Magnetoschwanz ausbilden, auseinander gerissen und entfachen so das stürmische Ereignis. Andere bevorzugen als Auslöser eine Reorganisation der magnetischen Feldlinien weiter entfernt im Schweif der Magnetosphäre – etwa auf einem Drittel des Weges zum Mond. Jedenfalls treten beide Szenarien während eines "Substurms" auf.

Vassilis Angelopoulos von der University of California in Los Angeles und seine Kollegen setzten im Februar 2008 fünf Satelliten auf einen magnetischen Teilsturm an. Gemeinsam mit einem bodengestützten Beobachtungsnetzwerk in Nordamerika bilden die Raumsonden das Projekt Themis (Time History of Events and Macroscale Interactions during Substorms). Mit ihm können die Wissenschaftler den Weg der Sonnenteilchen in der Magnetosphäre von Anfang an und aus vielen Perspektiven mitverfolgen.

Beginn eines Teilsturms | Magnetfeldlinien (blaue Linien) im Schweif der Magnetosphäre verbinden sich, wodurch explosionsartig enorme Mengen an Energie freigesetzt werden (heller Fleck). Auf diese Weise rasen Ionen und Elektronen entlang der Feldlinien in Richtung Erde und lassen den Himmel erstrahlen. Die gelben Linien zeigen die Umlaufbahnen der fünf Satelliten des Themis-Projekts.
Das Team um Angelopoulos ortete nun den Verursacher dieser speziellen Aktivität, indem sie die Ereignisse dort oben exakt protokollierten: Rund eineinhalb Minuten bevor sich die Aurora verstärkte, kam es 20 Erdradien von unserem Heimatplaneten zur magnetischen Rekonnexion – also dem Neuverbinden von Magnetfeldlinien. Durch die eingelagerte Energie aus dem Sonnenwind würden sich Feldlinien teilweise sehr nahe kommen, könnten sich so schließlich verbinden, und geben den entscheidenden Impuls, berichten die Forscher.

Denn bei diesem Prozess wandeln sich enorme Mengen an magnetischer Energie in Bewegungs- und Wärmeenergie um. Sie katapultieren die Ionen und Elektronen entlang der Feldlinien in Richtung Erde und sorgen so für ein plötzliches Aufflammen und Flackern des Polarlichts. Und das alles noch bevor die erdnahen Regionen eine Chance hätten zu reagieren: Dort stellten die Forscher erst drei Minuten später Veränderungen fest. Schon jetzt warten die Forscher gespannt auf weitere Resultate, denn diese zählen zu den ersten Ergebnissen des Themis-Projekts. Mit längeren Beobachtungszeiten sollten bald auch statistisch fundiertere Schlussfolgerungen möglich sein.
  • Quellen
Angelopoulos, V. et al: Tail Reconnection Triggering Substorm Onset. In: Science 10.1126/science.1160495, 2008.

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