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Urbanisierung: Chinesische Städte sinken ein

Beinahe die Hälfte der urbanen Flächen in China bewegt sich nach unten. Grundwasserentnahme und Bautätigkeit lassen den Untergrund zusammensacken. Das erhöht die Überflutungsgefahr – vor allem in Küstennähe.
Überschwemmung in Qingyuan
Wassermassen überfluten die chinesische Stadt Qingyuan am 21. April 2024.

Chinas Städte sind stark von Landsenkungen betroffen: Fast die Hälfte der urbanen Gebiete dort sacken ab. Zu diesem Ergebnis kommt eine Forschungsgruppe um Shengli Tao von der Universität Peking. Das ist vor allem in küstennahen Gegenden problematisch, weil es die Risiken erhöht, die mit dem steigenden Meeresspiegel infolge des Klimawandels einhergehen. Das Team berichtet darüber in der Fachzeitschrift »Science«.

Tao & Co. haben Messungen ausgewertet, die von Radarsatelliten der Sentinel-1-Reihe sowie von Navigationssatelliten stammen. Mit Hilfe jener Daten ermittelten sie die Bodenbewegungen für 82 chinesische Städte zwischen 2015 und 2022. Die räumliche Auflösung hierbei betrug 40 mal 40 Meter. Zusammengenommen leben in den untersuchten Städten etwa 700 Millionen Menschen.

Laut den Ergebnissen sind rund 45 Prozent der urbanen Gebiete in China abgesackt. Etwa ein Drittel davon bewegt sich mit zehn Millimetern pro Jahr oder schneller nach unten. Zu den besonders stark betroffenen Städten gehören Peking und Tianjin. Insgesamt leben zirka 270 Millionen Stadtbewohner auf sinkenden Arealen. Vor allem in küstennahen Siedlungen wirft das Probleme auf, weil der Meeresspiegel infolge des menschengemachten Klimawandels steigt und die dadurch wachsende Überflutungsgefahr weiter zunimmt, wenn obendrein das Land an Höhe verliert. Den Berechnungen des Teams zufolge könnte sich die urbane Fläche in China, die unterhalb des Meeresspiegels liegt, bis zum Jahr 2120 verdreifachen – was dutzende Millionen Einwohnerinnen und Einwohner beträfe.

Nachgebender Untergrund

Das Absacken städtischer Areale geht hauptsächlich auf menschliche Aktivitäten zurück, in erster Linie auf die massenhafte Entnahme von Grundwasser. Außerdem drückt das Gewicht der Gebäude auf den Untergrund. Verkehrsbedingte Erschütterungen und Tunnelbau tragen ebenfalls dazu bei: Peking etwa verzeichnet in der Nähe von U-Bahnen und Autobahnen eine Abwärtsbewegung von 45 Millimetern pro Jahr. Damit verglichen spielen natürliche Bodensenkungen bloß eine untergeordnete Rolle.

Einsinkende Städte sind nicht nur in China ein Problem, sondern weltweit. Das führt in küstennahen Siedlungen rund um den Globus zu steigender Überschwemmungsgefahr. Schnell wachsende Metropolen wie Tianjin, Ho-Chi-Minh-Stadt, Chittagong, Rangun oder Jakarta sind am stärksten betroffen. Fachleute mahnen schon seit Jahren, dass die Politik dies stärker berücksichtigen müsse. Es bedürfe dringend neuer Strategien der Stadtplanung, um Überflutungsrisiken zu verringern.

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