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Mutualismus: Das Faultier, die Motte und die Alge

Ein Zweifingerfaultier

Im Regenwald von Costa Rica haben Wissenschaftler der Universität Wisconsin-Madison eine symbiotische Dreiecksbeziehung zwischen den Dreifingerfaultieren und den in seinem Fell lebenden Motten und Grünalgen entdeckt. Bislang war unklar, warum das Dreifingerfaultier etwa einmal pro Woche von seinem Baum herabsteigt, um Kot abzusetzen, während das verwandte Zweifingerfaultier dafür keineswegs die schützende Baumkrone verlässt. Als Grund für die anstrengende und gefährliche wöchentliche Reise der Dreifingerfaultiere (Bradypus variegatus) nahm man bisher an, sie würden damit ihren Heimatbaum düngen, von dessen Blättern sie sich hauptsächlich ernähren. Diese bestehen überwiegend aus Zellstoff und liefern nur wenig Nährstoffe. Nun zeigt sich aber, dass der Trip auf den Boden ihnen hilft, eine ungewöhnliche Nahrungsquelle zu erschließen.

Ein Zweifingerfaultier | Das Zweifingerfaultier hat weniger Grünalgen im Fell als das Dreifingerfaultier. Es ernährt sich außer von Blättern auch von Insekten und Früchten und braucht keinen zusätzlichen Algensnack.

Denn das Fell der Tiere ist dicht besiedelt; in ihm leben Insekten, Algen und Pilze. Bisher dachten die Experten, die Grünalgen der Gattung Trichophilus im Faultierpelz würden als Tarnung der Tiere vor Greifvögeln dienen. Doch wie sich nach der Untersuchung ihres Mageninhalts zeigte, nutzen die Dreifingerfaultiere sie vor allem als energiereiche Zusatznahrung. Die Grünalgen haben einen bis zu fünfmal höheren Fettanteil als die übliche Blätterdiät und sind wegen des geringeren Zellstoffgehalts auch wesentlich einfacher zu verdauen. Die Forscher entdeckten zudem, dass der wöchentliche Abstieg vom Baum indirekt das Wachstum der fetthaltigen Algen fördert. Eine Mottenart (Cryptoses spp.) im Faultierfell legt nämlich ihre Eier in den Kot des Tiers ab, so dass sich die Larven dort entwickeln können. Sobald sie ausgewachsen sind, besiedeln sie wiederum das Fell eines Dreifingerfaultiers. Dabei tragen sie Kotrückstände von ihrer Brutstätte in das Fell ein. Das, und der Abbau toter Motten durch Pilze, erhöht die Stickstoffkonzentration im Fell und fördert dadurch wiederum das Wachstum der Grünalgen.

Die neuen Erkenntnisse erklären, wieso es bisher so schwierig war, Dreifingerfaultiere in Gefangenschaft ausreichend zu ernähren. Man war sich nicht bewusst, dass sie neben den Blättern ihres Baums auch die Algen aus ihrem Fell als Nahrungsergänzung brauchen. Zweifingerfaultiere dagegen, die sich nicht nur von Blättern, sondern auch von Früchten und Insekten ernähren, beherbergen deutlich weniger Motten, Stickstoff und Algen in ihrem Fell. Sie benötigen die zusätzliche Fettquelle nicht.

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