Out-of-Body-Erfahrung: Der Körper und ich
Es klingt wie eine mystische Legende: Das "Ich" verlässt seinen physischen Ort und betrachtet seine körperliche Hülle von hinten. Doch was nach parapsychologischem Humbug klingt, lässt sich tatsächlich im Labor erzeugen.
Außerkörperliche Erfahrungen genießen einen zweifelhaften Ruf. Wer erzählt, er habe seinen Körper von oben oder von der Seite gesehen, dem wird mit großer Wahrscheinlichkeit eine rege Fantasie oder ein Hang zur Parapsychologie unterstellt. Dennoch interessieren sich auch seriöse Neurowissenschaftler für das obskure Thema - schließlich können derartige Erlebnisse die Mechanismen enthüllen, die unsere Selbstwahrnehmung an den Körper binden. Doch wie lässt sich eine "Out-of-Body"-Erfahrung in einem reproduzierbaren Experiment auslösen?
Die Schweizer Forscher orientierten sich in ihrem Versuchsaufbau am so genannten Gummihand-Experiment, bei dem Probanden eine künstliche Hand sehen, die gestreichelt wird, während außerhalb des Blickfeldes die eigene Hand eine ähnliche Berührung erfährt. Sollen die Testpersonen danach auf die eigenen Finger zeigen, neigen sie dazu, auf die künstliche Gliedmaße zu deuten. Entsprechend streichelten die Wissenschaftler ihre Versuchsteilnehmer am Rücken, während diese die Berührung als Live-Aufnahme sahen. Danach führten sie die Probanden mit verbundenen Augen weg und baten sie, ihre ursprüngliche Position wieder einzunehmen.
Tatsächlich bewegten sich die Testpersonen nicht auf den Platz, an dem sie ursprünglich gestanden hatten, sondern weiter nach vorne – wo sie die dreidimensionale Projektion ihres Rückens gesehen hatten. Genau wie beim Gummihand-Experiment hatten sie also die falsche Version für echt gehalten, nur handelte es sich diesmal nicht um einen Körperteil, sondern um den ganzen Menschen. Dies entspricht – so deuten Lenggenhager und Co ihr Ergebnis – einer außerkörperlichen Erfahrung.
Auf eindrucksvolle Weise hat das auch ihr Stockholmer Kollege Ehrsson belegt: Er hatte im unteren Blickfeld der Kamera einen Hammer in die Richtung geschwungen, in der sich der Bauch des virtuellen Körpers befinden sollte. Den Probanden brach bei diesem Anblick der Schweiß aus – sie fühlten sich wirklich bedroht!
Wenn eine derart einfache Manipulation der visuellen Informationen eine außerkörperliche Erfahrung erzeugen kann, genügen dann allein diese Informationen, um unser "Ich" dort zu verorten, wo sich auch unser Körper befindet? Ganz so einfach ist die Sache nicht. Offensichtlich brauchten die Probanden auch die synchrone Berührung ihres realen sowie ihres virtuellen Körpers, um das gesehene Bild als echt zu bewerten: Sahen die Schweizer Versuchpersonen lediglich das vorher aufgenommene Video, ohne dass sie berührt wurden, fanden sie an ihren Standort zurück.
Ehrssons Hammer-Nachweis funktionierte ebenfalls besser, wenn er seine sitzenden Probanden zuvor mit einem Stift an der Brust berührt hatte, während er im Kamerablickfeld einen zweiten Stift in Richtung des virtuellen Körperteils bewegte. Als entscheidend erwies sich auch, dass die Versuchsteilnehmer in den Live-Videos tatsächlich ihren eigenen Rücken betrachteten: Als die Wissenschaftler um Lenggenhager stattdessen einen Dummy oder einen Block in Menschengröße von hinten filmten, schwächte sich der Effekt bei den Probanden deutlich ab.
Ehrsson schließt aus seinem Experiment, dass zwei Schlüsselfaktoren bestimmen, wo wir unser Selbst verorten: die visuelle Information aus der Ich-Perspektive – im Experiment durch die Videobrille manipuliert – sowie die Kombination aus dem Empfinden und gleichzeitigen Beobachten einer Berührung. Nach Meinung seiner Schweizer Kollegen müsste für eine echte außerkörperliche Erfahrung als drittes noch eine kognitive Komponente dazukommen: die bewusste Überzeugung, dass der in der Brille gesehene Körper der eigene ist. Darauf führt Lenggenhager auch einen Widerspruch zurück, der bei ihrem Experiment auftrat: Obwohl die Versuchspersonen sich fälschlicherweise zu dem Ort bewegten, an dem sie die Projektion ihres Körpers gesehen hatten, behaupteten sie standhaft, sie hätten keine echte Entkörperlichung erlebt.
Für die oft belächelten Patienten, die in vollem Ernst von solchen Erlebnissen berichten, glaubt Bigna Lenggenhager trotzdem eine neurologische Erklärung gefunden zu haben: Ihrer Meinung nach könnte eine Störung an der Schnittstelle der beiden Hirnbereiche, die das Sehen aus der Ich-Perspektive und die sensorischen Informationen über die Umgebung koordinieren, das Gefühl der Entkörperlichung bewirken. Vielleicht steckt also doch ein wenig mehr als sprühende Fantasie dahinter.
Mit moderner Technik! Henrik Ehrsson vom Stockholmer Karolinska-Institut setzte seinen Testpersonen eine Videobrille auf, in der sie ein Live-Video von sich selbst sahen – gefilmt von einer Kamera zwei Meter hinter ihrem Rücken. So entstand bei den Probanden der Eindruck, auf den eigenen, vor sich sitzenden Körper zu blicken [1]. Ähnlich machten es Wissenschaftler um Bigna Lenggenhager und Olaf Blanke von der Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne: Sie ließen den Film jedoch zusätzlich in eine dreidimensionale Projektion umrechnen [2].
Die Schweizer Forscher orientierten sich in ihrem Versuchsaufbau am so genannten Gummihand-Experiment, bei dem Probanden eine künstliche Hand sehen, die gestreichelt wird, während außerhalb des Blickfeldes die eigene Hand eine ähnliche Berührung erfährt. Sollen die Testpersonen danach auf die eigenen Finger zeigen, neigen sie dazu, auf die künstliche Gliedmaße zu deuten. Entsprechend streichelten die Wissenschaftler ihre Versuchsteilnehmer am Rücken, während diese die Berührung als Live-Aufnahme sahen. Danach führten sie die Probanden mit verbundenen Augen weg und baten sie, ihre ursprüngliche Position wieder einzunehmen.
Tatsächlich bewegten sich die Testpersonen nicht auf den Platz, an dem sie ursprünglich gestanden hatten, sondern weiter nach vorne – wo sie die dreidimensionale Projektion ihres Rückens gesehen hatten. Genau wie beim Gummihand-Experiment hatten sie also die falsche Version für echt gehalten, nur handelte es sich diesmal nicht um einen Körperteil, sondern um den ganzen Menschen. Dies entspricht – so deuten Lenggenhager und Co ihr Ergebnis – einer außerkörperlichen Erfahrung.
Auf eindrucksvolle Weise hat das auch ihr Stockholmer Kollege Ehrsson belegt: Er hatte im unteren Blickfeld der Kamera einen Hammer in die Richtung geschwungen, in der sich der Bauch des virtuellen Körpers befinden sollte. Den Probanden brach bei diesem Anblick der Schweiß aus – sie fühlten sich wirklich bedroht!
Wenn eine derart einfache Manipulation der visuellen Informationen eine außerkörperliche Erfahrung erzeugen kann, genügen dann allein diese Informationen, um unser "Ich" dort zu verorten, wo sich auch unser Körper befindet? Ganz so einfach ist die Sache nicht. Offensichtlich brauchten die Probanden auch die synchrone Berührung ihres realen sowie ihres virtuellen Körpers, um das gesehene Bild als echt zu bewerten: Sahen die Schweizer Versuchpersonen lediglich das vorher aufgenommene Video, ohne dass sie berührt wurden, fanden sie an ihren Standort zurück.
Ehrssons Hammer-Nachweis funktionierte ebenfalls besser, wenn er seine sitzenden Probanden zuvor mit einem Stift an der Brust berührt hatte, während er im Kamerablickfeld einen zweiten Stift in Richtung des virtuellen Körperteils bewegte. Als entscheidend erwies sich auch, dass die Versuchsteilnehmer in den Live-Videos tatsächlich ihren eigenen Rücken betrachteten: Als die Wissenschaftler um Lenggenhager stattdessen einen Dummy oder einen Block in Menschengröße von hinten filmten, schwächte sich der Effekt bei den Probanden deutlich ab.
Ehrsson schließt aus seinem Experiment, dass zwei Schlüsselfaktoren bestimmen, wo wir unser Selbst verorten: die visuelle Information aus der Ich-Perspektive – im Experiment durch die Videobrille manipuliert – sowie die Kombination aus dem Empfinden und gleichzeitigen Beobachten einer Berührung. Nach Meinung seiner Schweizer Kollegen müsste für eine echte außerkörperliche Erfahrung als drittes noch eine kognitive Komponente dazukommen: die bewusste Überzeugung, dass der in der Brille gesehene Körper der eigene ist. Darauf führt Lenggenhager auch einen Widerspruch zurück, der bei ihrem Experiment auftrat: Obwohl die Versuchspersonen sich fälschlicherweise zu dem Ort bewegten, an dem sie die Projektion ihres Körpers gesehen hatten, behaupteten sie standhaft, sie hätten keine echte Entkörperlichung erlebt.
Für die oft belächelten Patienten, die in vollem Ernst von solchen Erlebnissen berichten, glaubt Bigna Lenggenhager trotzdem eine neurologische Erklärung gefunden zu haben: Ihrer Meinung nach könnte eine Störung an der Schnittstelle der beiden Hirnbereiche, die das Sehen aus der Ich-Perspektive und die sensorischen Informationen über die Umgebung koordinieren, das Gefühl der Entkörperlichung bewirken. Vielleicht steckt also doch ein wenig mehr als sprühende Fantasie dahinter.
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