Entwicklungsbiologie: Der Schlüssel der Erneuerung
Rasierklingen gehören zu den wichtigsten Utensilien von Biologen, die sich mit der Regenerationsfähigkeit der Strudelwürmer beschäftigen. Jetzt konnten sie das Rätsel der Planarien, die sich aus kleinsten Stückchen wieder erneuern können, knacken - natürlich mit ein paar sauberen Schnitten.
Sie faszinieren die Biologenzunft schon seit über 200 Jahren – lassen sich doch die kleinen, unscheinbaren Planarien wunderbar in kleinste Fitzelchen zerhacken. Denn eine deratig martialische Häckselei scheint den mit ihrem schielenden Blick eher etwas drollig dreinschauenden Würmchen wenig auszumachen: Selbst aus einem 279stel Wurmstückchen soll ein komplettes Individuum wieder heranwachsen können. Die zum Stamm der Plathelminthes oder Plattwürmer und zur Klasse der Turbellaria oder Strudelwürmer zählenden Tiere, die sich auch in unseren Bächen und Teichen wohl fühlen, gelten als wahre Wunder der Regeneration.
Nur zu gern möchten die Forscher wissen, wie die Tiere die Kunst der Erneuerung vollbringen. Dabei sind die Zellen, die hier die entscheidende Rolle spielen, seit einem Jahrhundert bekannt: So genannte Neoblasten, undifferenzierte Stammzellen, teilen sich bei Bedarf, wobei aus der einen Tochterzelle ausdifferenzierte Organzellen entstehen, während die andere als undifferenzierter Neoblast zurückbleibt. Klar ist, dass dabei bestimmte Gene gezielt eingreifen müssen, um die Regeneration zu steuern.
Die Zahl der Gene, die hierbei in Frage kommen, hatten die Forscher im Mai dieses Jahres auf 240 Stück eingeschränkt. Zu Hilfe kam ihnen dabei die so genannten RNA-Interferenz, mit der sich Gene gezielt abschalten lassen. Ein nachträglicher Griff zum Rasiermesser zeigte dann, ob das entsprechende Gen für die Regeneration unabdingbar war. "Uns schränkt jetzt nur noch ein, wie viele Experimente wir an einem Tag schaffen", meinte damals Sánchez Alvarado.
Inzwischen sind die Forscher weiter und haben das entscheidende Gen aufgespürt. Sein Name: smedwi-2. Wird das Gen über RNA-Interferenz deaktiviert, dann ist es vorbei mit der Regenerationskunst von S. mediterranea. Und nicht nur das: Auch einem nicht amputierten Wurm geht es ohne funktionsfähiges smedwi-2-Gen schlecht. Die Kopfspitze zieht sich zurück, der Körper krümmt sich merkwürdig, das Körpergewebe degeneriert. Genau unter den gleichen Defekten leidet ein Tier, dessen Neoblasten durch Bestrahlung zerstört worden sind.
Wie die Forscher weiter herausfanden, verhindert die Abschaltung von smedwi-2 – und damit der Verlust des entsprechenden Proteins namens SMEDWI-2 – keineswegs die Teilung der Neoblasten. Nur die Differenzierung der Tochterzellen versagt. "Das SMEDWI-2-Molekül macht irgendetwas in der frühen Reifung der Stammzellnachfahren, sodass diese sich zum richtigen Zelltyp entwickeln", folgert Sánchez Alvarado.
Wie SMEDWI-2 das schafft, möchten die Forscher jetzt natürlich gerne wissen. Schließlich ist das Molekül und sein Gen längst kein Vorrecht der Planarien – entsprechende Entwicklungsgene finden sich bei Pflanzen, Tieren und auch beim Menschen. Bis jedoch das letzte Geheimnis der Regeneration gelüftet ist, werden die Forscher wohl noch häufiger zur Rasierklinge greifen müssen.
Auch Schmidtea mediterranea gehört zu diesem erlauchten Kreis. Peter Reddien, der jetzt am Whitehead-Institut im amerikanischen Cambridge forscht, interessiert sich schon lange für das Würmchen, das so außerordentlich hart im Nehmen ist. Zusammen mit seinem ehemaligen Chef, Alejandro Sánchez Alvarado von der Universität von Utah, und weiteren Kollegen hat er schon etliche Exemplare der Spezies zu Hackfleisch verarbeitet.
Nur zu gern möchten die Forscher wissen, wie die Tiere die Kunst der Erneuerung vollbringen. Dabei sind die Zellen, die hier die entscheidende Rolle spielen, seit einem Jahrhundert bekannt: So genannte Neoblasten, undifferenzierte Stammzellen, teilen sich bei Bedarf, wobei aus der einen Tochterzelle ausdifferenzierte Organzellen entstehen, während die andere als undifferenzierter Neoblast zurückbleibt. Klar ist, dass dabei bestimmte Gene gezielt eingreifen müssen, um die Regeneration zu steuern.
Die Zahl der Gene, die hierbei in Frage kommen, hatten die Forscher im Mai dieses Jahres auf 240 Stück eingeschränkt. Zu Hilfe kam ihnen dabei die so genannten RNA-Interferenz, mit der sich Gene gezielt abschalten lassen. Ein nachträglicher Griff zum Rasiermesser zeigte dann, ob das entsprechende Gen für die Regeneration unabdingbar war. "Uns schränkt jetzt nur noch ein, wie viele Experimente wir an einem Tag schaffen", meinte damals Sánchez Alvarado.
Inzwischen sind die Forscher weiter und haben das entscheidende Gen aufgespürt. Sein Name: smedwi-2. Wird das Gen über RNA-Interferenz deaktiviert, dann ist es vorbei mit der Regenerationskunst von S. mediterranea. Und nicht nur das: Auch einem nicht amputierten Wurm geht es ohne funktionsfähiges smedwi-2-Gen schlecht. Die Kopfspitze zieht sich zurück, der Körper krümmt sich merkwürdig, das Körpergewebe degeneriert. Genau unter den gleichen Defekten leidet ein Tier, dessen Neoblasten durch Bestrahlung zerstört worden sind.
Wie die Forscher weiter herausfanden, verhindert die Abschaltung von smedwi-2 – und damit der Verlust des entsprechenden Proteins namens SMEDWI-2 – keineswegs die Teilung der Neoblasten. Nur die Differenzierung der Tochterzellen versagt. "Das SMEDWI-2-Molekül macht irgendetwas in der frühen Reifung der Stammzellnachfahren, sodass diese sich zum richtigen Zelltyp entwickeln", folgert Sánchez Alvarado.
Wie SMEDWI-2 das schafft, möchten die Forscher jetzt natürlich gerne wissen. Schließlich ist das Molekül und sein Gen längst kein Vorrecht der Planarien – entsprechende Entwicklungsgene finden sich bei Pflanzen, Tieren und auch beim Menschen. Bis jedoch das letzte Geheimnis der Regeneration gelüftet ist, werden die Forscher wohl noch häufiger zur Rasierklinge greifen müssen.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.