Palaeobotanik: Die jüngsten alten Bäume
Wälder und Weltklima hängen zusammen - aber wen das überrascht, der hat die letzten Jahrzehnte der Klimadebatte ja wohl verschlafen. Der einflussreichste Auftritt von Bäumen in Massen liegt allerdings noch viel länger zurück, Klimatologen waren sicher nicht dabei.
Irgendwie alles ganz schön anders hier, würde ein Zeitreisender sagen, der an der Haltestelle "Frühes Devon" kurz aussteigt und einen Rundumblick wagt. Vor gut 400 Millionen Jahren gab es eben einiges von dem, was unsere Natur heute optisch prägt, noch längst nicht. Es fiele sogar deutlich leichter, das wenige Vertraute aufzuzählen, was an Land herumvegetierte. Ein paar urtümliche Insekten zum Beispiel – allerdings auch gerade erst –, sowie ganz frische Vertreter ihrer Spinnen- und Milben-Vettern. Fischähnliche Amphibien waren eben unbeholfen aufs mehr oder weniger Trockene gerobbt. Und auch Pflanzen, die nur wenig früher die Vorzüge des Landlebens erkannt hatten, machten erst langsam Ernst: Schachtelhalme, Bärlappe und Farne wuchsen nur nach und nach zu einigermaßen imposant großen Spezies heran. Immerhin waren mit den frühen Nacktsamern die ersten Samenpflanzen schon entstanden.
Die Folgen der Evolution des Waldes waren also enorm, sein Einfluss auf das Weltklima kaum zu überschätzen. Umso ärgerlicher für Forscher wie Berry, dass sie trotz lauter Wald die darin stehenden Bäume eigentlich gar nicht kennen: Welche hochragenden Riesen die frühen Wälder des Devons prägten, hatte bislang niemand sagen können. Dabei fehlte es gar nicht unbedingt an fossilierten Zeitzeugen – allerdings an durchaus an völlig vollständigen und zusammenhängenden. In einer unter dem Etikett "Ältester Wald der Welt" firmierenden Fossilfundstätte im US-amerikanischen Bundesstaat New York hatten Wissenschaftler etwa schon massenhaft Stämme einer zur Gattung Eospermatopteris gerechneten uralten Baumform ausgegraben. Ihr Makel aber: Allen Exemplaren fehlten die oberen Kronen völlig.
Damit gibt der vollständig zusammengestückelt devonische Baumpionier ein recht imposantes Bild ab: Er war eine wohl rund acht Meter hohe, baumfarnähnliche Pflanze, an deren Spitze Äste von einem Punkt ausgehend wie Regenschirmspeichen ausstrahlten. Wurzeln hatte der Baum wenige und kurze, Blätter fehlten ihm indes völlig und sind erst von den Nachfolgemodellen im Arboretrum der Erde erfunden worden.
Der Baumgroßvater hatte sich demnach erst einmal darauf konzentriert, ein vor allem stabiles Gerüst zu erstellen, um dem Sonnenlicht möglichst weit entgegen wachsen zu können. Lichtfangende Apparate zur Fotosynthese mussten aber in der Oberfläche der oberen Äste integriert sein – Ästen zumal, die nach einer Vegetationsperiode verloren gingen, weil sie wohl wie später die Blätter modernerer Bäume abgeworfen wurden und den Bodenbewohnern des Devon-Ökosystems Nährstoffnachschub lieferten.
Das Prinzip sollte richtungsweisend für spätere Modellreihen werden und mag, aus heutiger Sicht, sogar als erfolgreicher durchgehen. Den Gilboa-Typen sei aber die Ehrenbezeichnung Baumpioniere unbenommen – und wahrscheinlich überragten sie bei ihrer rasanten Jagd nach Sonnenlicht ein paar Millionen Jahre den Rest aller Devon-Vegetation. Ob unsere modernen Wälder dem Klimawandel noch genauso lang die Stirn bieten, wäre dann eine Fragestellung für Zeitforschungsreisende Richtung Zukunft.
Innerhalb kurzer Zeit – nur einen ungefähren 50-Millionen- Jahre-Zeithopser weiter Richtung heute – hatte sich dann aber alles recht radikal entwickelt: Pflanzen wuchern in unterschiedlichen Florengemeinschaften, Wälder sind aus dem öden Boden geschossen, produzieren Sauerstoff und fixieren Kohlenstoff. Wahrscheinlich waren es wachsenden devonischen Forste und ihre Nachfahren im Karbon, die den frühen Klimawandel des ausgehenden Paläozoikums eingeläutet haben könnte, meinen Altbotaniker wie Christopher Berry von der Cardiff-Universität in Großbritannien: Der Entzug von massenhaft in Bäumen verbautem Kohlenstoff aus der Atmosphäre – und der dadurch sinkenden Konzentration des Treibhausgas Kohlendioxid – läutete die globale Abkühlung im Perm ein. Verbrennende Wälder und die sonnenverdunkelnde Asche tat dann ihr kühlendes übriges, bis das Massenaussterben einen Neustart des Lebens im Mesozoikum erforderlich machte.
Die Folgen der Evolution des Waldes waren also enorm, sein Einfluss auf das Weltklima kaum zu überschätzen. Umso ärgerlicher für Forscher wie Berry, dass sie trotz lauter Wald die darin stehenden Bäume eigentlich gar nicht kennen: Welche hochragenden Riesen die frühen Wälder des Devons prägten, hatte bislang niemand sagen können. Dabei fehlte es gar nicht unbedingt an fossilierten Zeitzeugen – allerdings an durchaus an völlig vollständigen und zusammenhängenden. In einer unter dem Etikett "Ältester Wald der Welt" firmierenden Fossilfundstätte im US-amerikanischen Bundesstaat New York hatten Wissenschaftler etwa schon massenhaft Stämme einer zur Gattung Eospermatopteris gerechneten uralten Baumform ausgegraben. Ihr Makel aber: Allen Exemplaren fehlten die oberen Kronen völlig.
Bis jetzt. Denn nun erlaubte ein glücklicher Fund im Gilboa-Wald von New York und intensive Untersuchungen durch Berrys Team, die fehlenden Kronen in das alte Baumpuzzle zu integrieren. Offenbar saß an der Spitze der Eospermatopteris ein oberer Vegetationsteil, den Paläobotaniker bislang als eigene Pflanze – eine Wattieza angesehen hatten.
Damit gibt der vollständig zusammengestückelt devonische Baumpionier ein recht imposantes Bild ab: Er war eine wohl rund acht Meter hohe, baumfarnähnliche Pflanze, an deren Spitze Äste von einem Punkt ausgehend wie Regenschirmspeichen ausstrahlten. Wurzeln hatte der Baum wenige und kurze, Blätter fehlten ihm indes völlig und sind erst von den Nachfolgemodellen im Arboretrum der Erde erfunden worden.
Der Baumgroßvater hatte sich demnach erst einmal darauf konzentriert, ein vor allem stabiles Gerüst zu erstellen, um dem Sonnenlicht möglichst weit entgegen wachsen zu können. Lichtfangende Apparate zur Fotosynthese mussten aber in der Oberfläche der oberen Äste integriert sein – Ästen zumal, die nach einer Vegetationsperiode verloren gingen, weil sie wohl wie später die Blätter modernerer Bäume abgeworfen wurden und den Bodenbewohnern des Devon-Ökosystems Nährstoffnachschub lieferten.
Das Walderscheinungsbild des späteren Devons wird allerdings nicht nur aus den kronenabwerfenden Gilboa-Bäumen bestanden haben – ein zweiter, erstaunlich anders designter Urbaum hat ihm bald schon Konkurrenz machen können: Archaeopteris. Diese länger bekannte Baumvariante ist – wie die Vertreter des Gilboa-Exemplares – längst ausgestorben, erinnerte aber schon viel mehr an die heute noch erfolgreiche Konstruktion: Äste, die auch schon in Bodennähe aus dem Stamm auswuchsen, tiefe Wurzeln, vor allem aber dichteres Blattwerk als Sonnenkollektor.
Das Prinzip sollte richtungsweisend für spätere Modellreihen werden und mag, aus heutiger Sicht, sogar als erfolgreicher durchgehen. Den Gilboa-Typen sei aber die Ehrenbezeichnung Baumpioniere unbenommen – und wahrscheinlich überragten sie bei ihrer rasanten Jagd nach Sonnenlicht ein paar Millionen Jahre den Rest aller Devon-Vegetation. Ob unsere modernen Wälder dem Klimawandel noch genauso lang die Stirn bieten, wäre dann eine Fragestellung für Zeitforschungsreisende Richtung Zukunft.
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