Naturkatastrophen: Endzeit ausgefallen
Hätte es damals schon eine Rote Liste bedrohter Arten gegeben, wäre der Mensch sicher aufgenommen worden: Der Ausbruch des Toba-Vulkans brachte ihn angeblich an den Rand des Aussterbens, nur wenige Tausend überlebten. Doch die Naturkatastrophe war vielleicht weniger katastrophal als gedacht. Neue Untersuchungen lassen zumindest daran zweifeln.
Als der indonesische Supervulkan Toba vor rund 74 000 Jahren in die Luft flog, erschütterte die stärkste Explosion der letzten zwei Millionen Jahre den Planeten. In ihrer ganzen Gewalt setzte sie die Energie von 3,5 Millionen Megatonnen TNT frei und übertraf damit die Hiroshima-Bombe um das 270-Millionenfache. Und dieses Erwachen des sumatrischen Feuerbergs hatte ein nachhaltige Wirkung: Er schleuderte etwa 2800 Kubikkilometer Asche in die Atmosphäre, die sich weltweit verteilte und dadurch die Durchschnittstemperaturen um drei bis vier Grad abstürzen ließ. In der direkten Umgebung des Toba bedeckten Asche und Tuff die Erdoberfläche bis zu 600 Meter hoch. Zudem blies der Ausbruch rund zehn Milliarden Tonnen Schwefelsäure in die Luft.
Spuren der Katastrophe finden sich noch in unserem Erbgut, denn dieses wurde durch den genetischen Flaschenhals, den wir damals durchschreiten mussten, anhaltend vereinheitlicht. Auch der Neandertaler dürfte eine harte Zeit verbracht haben und in vielen Regionen verschwunden sein. Durch den Temperatursturz in nördlichen Breiten erlebten Europa und Nordasien die wohl kältesten und damit lebensfeindlichsten Jahre der letzten Eiszeit, gleichzeitig lagen Süd- und Südostasien verwüstet brach, sodass zumindest unsere Spezies wohl nur in den Tropen Afrikas überdauerte und auf bessere Zeiten warten musste. Oder etwa doch nicht?
Neue Untersuchungen aus Indien von Michael Petraglia von der Universität Cambridge und seinen Kollegen könnten die Geschichte von der größten Krise der Menschheit umschreiben. Auch hier setzten sich Aschen des Toba ab und bedeckten die Umwelt, doch schien das die lokalen Bewohner nur unwesentlich zu stören, wie archäologische Artefakte in Jwalapuram im Süden des Subkontinents andeuten: Sowohl unterhalb der Ascheschicht als auch darüber fanden sich Steinwerkzeuge gleicher Ausprägung aus der mittleren Altsteinzeit – spätere Neueinwanderung ausgeschlossen, da dafür der Zeitabstand zwischen den beiden werkzeugtragenden Sedimentschichten zu kurz war. Es müssen also ununterbrochen Menschen in der Region gelebt haben, obwohl sich die klimatischen Folgen des vulkanischen Winters bald zeigten. Anhand der Sedimentarten und -abfolge schlossen die Forscher, dass sich an einer ihrer Probennahmestellen vor dem Ausbruch ein See befand, der in relativ kurzer Zeit danach austrocknete.
Wie die prähistorischen Inder allerdings die Elendsjahre nach der Toba-Katastrophe überstanden, lässt sich aus den Funden nicht ableiten: Konnten sie sich weiter von den gewohnten Pflanzen und Tieren ernähren, oder mussten sie ihre Ernährung umstellen? Wie hoch war die Sterblichkeit und wurden Kämpfe untereinander ums Überleben geführt? All das sollen weitere Ausgrabungen erkunden, die vor allem auf fossile Knochen abzielen – nur damit ließen sich offene Fragen klären, so Petraglia. Der Toba wiederum trübt momentan kein Wässerchen: Ein See füllt seinen ruhenden Krater.
Die Folge waren Siechtum und Absterben der Pflanzenwelt in Teilen Asiens. Aber auch in anderen Regionen nahm die Produktivität der Natur massiv ab, denn die Asche verdunkelte jahrelang den Himmel – es kam zu einer Art globalem vulkanischen Winter, unter dem die Biosphäre vielerorts litt. Für die damals lebenden Vertreter von Homo sapiens hatte dies katastrophale Folgen, denn ihre Population ging rapide zurück: Maximal 15 000 bis 40 000 Menschen überlebten das Desaster und die nachfolgende Zeit des Hungerns – nach anderen Schätzungen waren es sogar nur 5000 bis 10 000 Personen, an denen das Schicksal unserer Spezies hing.
Spuren der Katastrophe finden sich noch in unserem Erbgut, denn dieses wurde durch den genetischen Flaschenhals, den wir damals durchschreiten mussten, anhaltend vereinheitlicht. Auch der Neandertaler dürfte eine harte Zeit verbracht haben und in vielen Regionen verschwunden sein. Durch den Temperatursturz in nördlichen Breiten erlebten Europa und Nordasien die wohl kältesten und damit lebensfeindlichsten Jahre der letzten Eiszeit, gleichzeitig lagen Süd- und Südostasien verwüstet brach, sodass zumindest unsere Spezies wohl nur in den Tropen Afrikas überdauerte und auf bessere Zeiten warten musste. Oder etwa doch nicht?
Neue Untersuchungen aus Indien von Michael Petraglia von der Universität Cambridge und seinen Kollegen könnten die Geschichte von der größten Krise der Menschheit umschreiben. Auch hier setzten sich Aschen des Toba ab und bedeckten die Umwelt, doch schien das die lokalen Bewohner nur unwesentlich zu stören, wie archäologische Artefakte in Jwalapuram im Süden des Subkontinents andeuten: Sowohl unterhalb der Ascheschicht als auch darüber fanden sich Steinwerkzeuge gleicher Ausprägung aus der mittleren Altsteinzeit – spätere Neueinwanderung ausgeschlossen, da dafür der Zeitabstand zwischen den beiden werkzeugtragenden Sedimentschichten zu kurz war. Es müssen also ununterbrochen Menschen in der Region gelebt haben, obwohl sich die klimatischen Folgen des vulkanischen Winters bald zeigten. Anhand der Sedimentarten und -abfolge schlossen die Forscher, dass sich an einer ihrer Probennahmestellen vor dem Ausbruch ein See befand, der in relativ kurzer Zeit danach austrocknete.
Und Petraglias Team ist sich ziemlich sicher, dass hier tatsächlich Homo sapiens die Katastrophe überstanden hatte und beispielsweise nicht der Neandertaler. Denn die Werkzeuge ähneln stark jenen der mittleren Altsteinzeit Afrikas, die sich eindeutig auf den modernen Menschen zurückführen lassen, während sie sich nachweislich von jenen der zeitgenössischen Neandertaler Europas unterscheiden. Allerdings begann diese Kulturstufe in Afrika schon vor 100 000 Jahren und damit deutlich vor der Toba-Eruption. Selbst wenn man die lange Zeit berücksichtigt, welche die sich ausbreitenden Menschen bis nach Südasien benötigten, müssten die Vorfahren der heutigen Inder noch früher in der Region eingewandert sein, als man bislang wusste. Immerhin würden die neuen Forschungsergebnisse zur Theorie passen, dass Homo sapiens sich über eine südliche Route vom Horn von Afrika ausgehend über die Arabische Halbinsel nach Südasien ausbreitete.
Wie die prähistorischen Inder allerdings die Elendsjahre nach der Toba-Katastrophe überstanden, lässt sich aus den Funden nicht ableiten: Konnten sie sich weiter von den gewohnten Pflanzen und Tieren ernähren, oder mussten sie ihre Ernährung umstellen? Wie hoch war die Sterblichkeit und wurden Kämpfe untereinander ums Überleben geführt? All das sollen weitere Ausgrabungen erkunden, die vor allem auf fossile Knochen abzielen – nur damit ließen sich offene Fragen klären, so Petraglia. Der Toba wiederum trübt momentan kein Wässerchen: Ein See füllt seinen ruhenden Krater.
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