Die Science-Top-Ten: Evolution in Aktion
Am Jahresende sind Jahresrückblicke jeglicher Themencouleur sehr beliebt. Auch wir fassen für Sie nächste Woche zusammen, was aus unserer Sicht Wissenschaft und Forschung besonders Berichtenswertes boten. Zuvor aber stellen wir Ihnen die Auswahl vor, welche die Redaktion des Fachblattes Science dieses Jahr getroffen hat. Ihr Spitzenreiter: Evolution in Aktion.
Die Feiertage stehen vor der Tür, und viele von Ihnen werden hoffentlich eine ruhige Woche genießen können, bevor nach dem Rutsch ins Neue Jahr der Alltag wieder ruft. Wenn Sie sich nun zurücklehnen und überlegen: Was ist Ihnen aus der Welt der Wissenschaft aus den letzten zwölf Monaten besonders im Gedächtnis geblieben?
Vielleicht die in sich nicht neuen, aber zunehmend drohenden Szenarien aus der Klimaprognose, angeheizt durch zahlreiche Naturkatastrophen mit tausenden Toten. Oder die Weltraumreisenden Huygens, Spirit und Co, die trotz mancherleis Pensionsalter noch immer beeindruckende Bilder ferner Welten lieferten. Vielleicht die Erfolgsmeldung aus Korea, aus geklonten menschlichen Zellen Stammzellen gewonnen zu haben, die sich inzwischen als bittere Fälschung entpuppt. Oder die Freude darüber, dass der Testreaktor für Kernfusion nach Frankreich kommt. Dann wäre da noch der Schrecken der Vogelgrippe und nicht zuletzt die Erinnerungen an ein sehr aktionsreiches Einsteinjahr.
Auch die Redaktion des renommierten Wissenschafts-Fachblatts Science lehnt sich derart im Stuhl zurück und überlegt. Das Ergebnis verkünden sie dann in einer ihrer letzten Ausgaben des Jahres und damit kurz vor Weihnachten – zwischen den Feiertagen machen die Kollegen Urlaub. Und jedes Jahr ist auch für uns interessant zu sehen: Sind wir einer Meinung?
Ein Fundament, das seither unzählige Wissenschaftler mit immer neuen Steinchen füllten. Und gerade das Jahr 2005, so die Science-Mannschaft, zeichne sich durch besonders intensive Bautätigkeiten aus.
Genom um Genom
Nicht zu vergessen natürlich die Frage, was den Mensch denn nun zum Menschen macht – oder ob wir doch ein unbehaarter Schimpanse sind. Hier verheißen jüngere Forschungsergebnisse zu spezifisch menschlichen Genen, die offenbar erst spät durch natürliche Selektion gefördert wurden, im nächster Zeit weitere spannende Erkenntnisse.
Gerade die Suche nach den winzigen Unterschieden in der Buchstabenabfolge des Erbfadens konnte dieses Jahr zudem einen großen Durchbruch feiern: Im Oktober präsentierten Forscher die Ergebnisse des HapMap-Projektes. In drei Jahren hatten sie das Erbgut von 269 Menschen aus vier separaten Populationen nach Single Nucleotide Polymorphisms (SNPs) – im Laborjargon Snips – durchsucht. Aus den über eine Million Funden erstellten sie eine Karte, welche die Diversität des menschlichen Genoms widerspiegelt.
Schrott mit Bedeutung
In den Fokus des Interesses geriet dieses Jahr auch wieder der Schrott im Erbgut – Sequenzen, die nicht für Proteine kodieren und damit, so dachte man lange, keine sonderliche Bedeutung haben. Weit gefehlt, zeigte sich einmal mehr: Bei Taufliegen evolvieren große Teile dieser Abschnitte erheblich langsamer als die Gene selbst. Offenbar sind sie von besonderer Bedeutung für den Organimus und unterliegen daher einer Art positiven Selektion – der Status quo wird möglichst erhalten.
Da die Wissenschaftler zudem deutliche Unterschiede in diesen Bereichen zwischen verwandten Arten fanden, könnte es durchaus sein, dass sie bei der Artentstehung eine entscheidende Rolle spielen. Ein Beispiel: Das Gen yellow erzeugt in einer Taufliegenart einen dunklen, womöglich sexuell anziehenden Fleck. Als die Forscher die nicht kodierende, aber regulierende Region des yellow-Gens in eine andere Art ohne Fleck einschleusten, tauchte der Fleck plötzlich auch dort wieder auf.
Im Kleinen wie im Großen
Doch nicht nur auf molekularer Ebene, auch auf Organismenbasis konnten Wissenschaftler dieses Jahr hervorragend anschaulich machen, wie Evolution in Aktion aussieht. Mönchsgrasmücken und Maiszünsler demonstrierten, dass einige Angehörige ein- und derselben Art plötzlich eigene Wege gehen und sich nicht mehr miteinander fortpflanzen – der erste entscheidende Schritt auf dem Weg, aus einer Art zwei zu machen.
Darwins Fundament hat tatsächlich dieses Jahr eine Menge neue Bausteine erhalten. Doch dass die Science-Redaktion diesen ausgerechnet im Jahr 2005 so besondere Bedeutung zumisst, mag noch einen weiteren Grund haben: das Erstarken des "Intelligent Design" in den USA, das die Lehre Darwins in Schulen und Universitäten zu unterbinden versucht. Wissenschaftler beobachten mit Sorge, dass die Bewegung bereits einige Erfolge erzielen konnte. Damit setzt Science auch ein Zeichen gegen die Gegner Darwins und der Grundlagen der Biologie.
Welche Kandidaten die weiteren Plätze belegen [2], sehen Sie in unserer Dia-Show unter der Rubrik Medien.
Vielleicht die in sich nicht neuen, aber zunehmend drohenden Szenarien aus der Klimaprognose, angeheizt durch zahlreiche Naturkatastrophen mit tausenden Toten. Oder die Weltraumreisenden Huygens, Spirit und Co, die trotz mancherleis Pensionsalter noch immer beeindruckende Bilder ferner Welten lieferten. Vielleicht die Erfolgsmeldung aus Korea, aus geklonten menschlichen Zellen Stammzellen gewonnen zu haben, die sich inzwischen als bittere Fälschung entpuppt. Oder die Freude darüber, dass der Testreaktor für Kernfusion nach Frankreich kommt. Dann wäre da noch der Schrecken der Vogelgrippe und nicht zuletzt die Erinnerungen an ein sehr aktionsreiches Einsteinjahr.
Auch die Redaktion des renommierten Wissenschafts-Fachblatts Science lehnt sich derart im Stuhl zurück und überlegt. Das Ergebnis verkünden sie dann in einer ihrer letzten Ausgaben des Jahres und damit kurz vor Weihnachten – zwischen den Feiertagen machen die Kollegen Urlaub. Und jedes Jahr ist auch für uns interessant zu sehen: Sind wir einer Meinung?
Dieses Jahr, so berichten uns Elizabeth Culotta und Elizabeth Pennisi, stand auf der Rangliste der Redakteure Darwins Erbe ganz oben [1]. Manchmal mache man sich die Bedeutung seiner Lehre gar nicht mehr bewusst, so die beiden Autorinnen, so fest sei Evolution als Grundlage in der Biologie verankert, so überzeugend, so verwurzelt. Und dabei reiche ihre Wirkung weit über biologische Grenzen hinaus. Als Charles Darwin sein Werk 1859 publizierte, konnte er wahrscheinlich kaum ahnen, welches Fundament er damit legte.
Ein Fundament, das seither unzählige Wissenschaftler mit immer neuen Steinchen füllten. Und gerade das Jahr 2005, so die Science-Mannschaft, zeichne sich durch besonders intensive Bautätigkeiten aus.
Genom um Genom
Fangen wir bei dem Grundlegenden an: dem Erbgut. Auch dieses Jahr konnte die "Genetische Arche Noah" wieder einige neue Mitglieder an Bord begrüßen. Allen voran unser nächster Verwandter, der Schimpanse, dicht gefolgt von unserem besten Freund, dem Hund. Die Botaniker dürfen sich über fast vollständige Reis-Sequenzen freuen, und die Mediziner über die Bauanleitung der Erreger von Amöbenruhr und Cholera. Jede Menge neues Material also, in dem Forscher nach Gemeinsamkeiten und den kleinen, aber feinen Unterschieden suchen können, um neue Medikamente zu finden oder bessere Nutzpflanzen zu züchten.
Nicht zu vergessen natürlich die Frage, was den Mensch denn nun zum Menschen macht – oder ob wir doch ein unbehaarter Schimpanse sind. Hier verheißen jüngere Forschungsergebnisse zu spezifisch menschlichen Genen, die offenbar erst spät durch natürliche Selektion gefördert wurden, im nächster Zeit weitere spannende Erkenntnisse.
Gerade die Suche nach den winzigen Unterschieden in der Buchstabenabfolge des Erbfadens konnte dieses Jahr zudem einen großen Durchbruch feiern: Im Oktober präsentierten Forscher die Ergebnisse des HapMap-Projektes. In drei Jahren hatten sie das Erbgut von 269 Menschen aus vier separaten Populationen nach Single Nucleotide Polymorphisms (SNPs) – im Laborjargon Snips – durchsucht. Aus den über eine Million Funden erstellten sie eine Karte, welche die Diversität des menschlichen Genoms widerspiegelt.
Schrott mit Bedeutung
In den Fokus des Interesses geriet dieses Jahr auch wieder der Schrott im Erbgut – Sequenzen, die nicht für Proteine kodieren und damit, so dachte man lange, keine sonderliche Bedeutung haben. Weit gefehlt, zeigte sich einmal mehr: Bei Taufliegen evolvieren große Teile dieser Abschnitte erheblich langsamer als die Gene selbst. Offenbar sind sie von besonderer Bedeutung für den Organimus und unterliegen daher einer Art positiven Selektion – der Status quo wird möglichst erhalten.
Da die Wissenschaftler zudem deutliche Unterschiede in diesen Bereichen zwischen verwandten Arten fanden, könnte es durchaus sein, dass sie bei der Artentstehung eine entscheidende Rolle spielen. Ein Beispiel: Das Gen yellow erzeugt in einer Taufliegenart einen dunklen, womöglich sexuell anziehenden Fleck. Als die Forscher die nicht kodierende, aber regulierende Region des yellow-Gens in eine andere Art ohne Fleck einschleusten, tauchte der Fleck plötzlich auch dort wieder auf.
Auch in der Medizin sind exakte molekularbiologische Daten natürlich eine große Hilfe. Sei es, weil sie durch den Vergleich des Erbguts von Mensch und beispielsweise Schimpanse die genetischen Grundlagen mancher Krankheiten aufdecken. Oder weil die winzigen Tücken solcher Erreger wie des Grippevirus von 1918 sichtbar werden – eine wichtige Voraussetzung, gegen neuerlich auftretende Pandemie-Viren besser gewappnet zu sein.
Im Kleinen wie im Großen
Doch nicht nur auf molekularer Ebene, auch auf Organismenbasis konnten Wissenschaftler dieses Jahr hervorragend anschaulich machen, wie Evolution in Aktion aussieht. Mönchsgrasmücken und Maiszünsler demonstrierten, dass einige Angehörige ein- und derselben Art plötzlich eigene Wege gehen und sich nicht mehr miteinander fortpflanzen – der erste entscheidende Schritt auf dem Weg, aus einer Art zwei zu machen.
Bei den Vögeln trennen Winterquartiervorlieben die potenziellen Partner, bei den Faltern Geschmackspräferenzen. In anderen Fällen reichten geringfügige Unterschiede in der Schmetterlingsflügel- Färbung oder dem Grillengesang, um innerhalb überlappender Populationen das Jeder-mit-Jedem zu unterbinden. Und dass Evolution keineswegs nur langsam und einzigartig abläuft, offenbarten Stichlinge: Nach der letzten Eiszeit in einzelnen Seen gefangen, verloren sie die Stacheln und Knochenplatten, die ihren marinen Urahnen zur Verteidigung dienten. Der Auslöser dabei war überraschenderweise nicht lauter verschiedene, sonder immer dieselbe DNA-Mutation.
Darwins Fundament hat tatsächlich dieses Jahr eine Menge neue Bausteine erhalten. Doch dass die Science-Redaktion diesen ausgerechnet im Jahr 2005 so besondere Bedeutung zumisst, mag noch einen weiteren Grund haben: das Erstarken des "Intelligent Design" in den USA, das die Lehre Darwins in Schulen und Universitäten zu unterbinden versucht. Wissenschaftler beobachten mit Sorge, dass die Bewegung bereits einige Erfolge erzielen konnte. Damit setzt Science auch ein Zeichen gegen die Gegner Darwins und der Grundlagen der Biologie.
Welche Kandidaten die weiteren Plätze belegen [2], sehen Sie in unserer Dia-Show unter der Rubrik Medien.
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