Autismus: Falsch verbunden
Der Informationsaustausch zwischen verschiedenen Hirnregionen fällt bei autistischen Kindern aus dem Rahmen: Benachbarte Areale kommunizieren übermäßig stark miteinander, während entfernte nur schwach verbunden sind. Das berichten Forscher der Université de Lovain in Belgien.
Maxime Taquet und ihre Kollegen untersuchten die funktionellen Netzwerke im Gehirn autistischer und gesunder Vorschulkinder per Elektroenzephalografie (EEG) [1]. Dabei werden mit Hilfe von Elektroden Spannungsschwankungen an der Kopfhaut aufgezeichnet, anhand derer man auf die elektrische Aktivität von Nervenzellen im Gehirn schließen kann. Um Informationen über die Verknüpfung verschiedener Hirnregionen zu erhalten, berechneten die Wissenschaftler wie ähnlich sich EEG-Signalen waren, die sie zur selben Zeit an verschiedenen Orten der Kopfhaut ableiteten. Besonders eng zusammenarbeitende Areale zeigen typischerweise ähnliche Hirnstrommuster.
So stellte sich heraus: Die Denkorgane der Zwei- bis Fünfjährigen mit Autismus wiesen eine Vielzahl redundanter Verbindungen zwischen benachbarten Arealen auf. Im Laufe der Entwicklung baut das kindliche Gehirn üblicherweise überflüssige Verknüpfungen ab. Möglicherweise ist das bei Autisten weniger der Fall. Die Kommunikation zwischen weit voneinander entfernten Hirnregionen war bei autistischen Kindern dagegen geringer als bei normalen Gleichaltrigen. Autisten zeigten demnach ein "einfacheres, weniger spezialisiertes und starreres neuronales Netzwerk", so Jurriaan Peters, ein Autor der Studie.
Kinder mit Autismus widmen sich akribisch detailfokussierten Aufgaben, aber haben Schwierigkeiten, verschiedene Informationen zu übergeordneten Konzepten zusammenzuführen. Eine Hirnarchitektur, welche die Verknüpfung nah benachbarter Zentren überbetont, kann diese klassischen Symptome erklären. "Ein Kind mit Autismus kann möglicherweise nicht erkennen, wie ein ärgerliches Gesicht aussieht, weil visuelle Areale und für die Emotionsverarbeitung wichtige Areale weniger miteinander kommunizieren", erklärt Peters.
Verhaltensauffälligkeiten von Autisten lassen sich aber mitunter verblüffend leicht beeinflussen. Marguerite O'Haire und ihre Kollegen von der University of Queensland beobachteten, dass sich die Anwesenheit eines Haustiers positiv auf das Sozialverhalten autistischer Kinder auswirkte [2]. Fünf- bis dreizehnjährige Autisten nahmen zu einem anderen Kind oder einem Erwachsenen mehr Blickkontakt auf, sprachen öfter mit ihm und lächelten häufiger, wenn das Gegenüber mit einem Meerschweinchen spielte, als wenn andere Spielgeräte zur Auswahl standen. Möglicherweise reduziert die Gegenwart des Tieres den Stress, den soziale Interaktionen bei Autisten erzeugen.
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