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Klimawandel: Fatale Schmelze

Jeder kennt Wale und Pinguine, die tierischen Sympathieträger der Antarktis. Aber ihre Existenz hängt in vielen Fällen von einem kleinen, unscheinbaren Lebewesen ab: dem Antarktischen Krill. Diesen bringt nun der Treibhauseffekt ins Schwitzen und damit die Nahrungskette ins Wanken.
Krill | Der Krill (Euphausia superba) bildet einen wesentlichen Bestandteil der marinen Nahrungskette in antarktischen Gewässern. Krill bildet die Hauptnahrungsquelle für viele Wal-, Robben- und Seevogelarten. Durch das Verschwinden der Treibeisflächen nimmt sein Bestand teilweise stark ab.
Die Antarktis zeigt Auflösungserscheinungen. Immer wieder melden die Medien spektakuläre Eisabbrüche an den antarktischen Schelfrändern. So lösten sich beispielsweise 2002 mehrere Eisflächen der Größe Mallorcas vom Thwaites-Gletscher. Doch die Erwärmung um immerhin 2,5 Grad Celsius in den letzten fünfzig Jahren wirkt sich auch in kleinerem Maßstab aus. Dazu gehört ein markanter Rückgang des Treibeises – und dies wiederum beeinflusst die Krillbestände in der Region.

Denn die Menge an Krill (Euphausia superba), die in einem bestimmten Gebiet vorkommt, hängt nicht nur mit der sommerlichen Konzentration an Plankton in diesen Gewässern zusammen, sondern ebenso mit der räumlichen und zeitlichen Ausdehnung des winterlichen Treibeises. Es bietet den kleinen Krebsen nicht nur Schutz, dort liegen auch ihre Kinderstuben und Speisekammern: Während des antarktischen Winters ernähren sich die Tiere von den Algen, die unter- und innerhalb des Treibeises wachsen. Geschützt vor Fressfeinden können hier die Larven ihre Größe verdoppeln und im folgenden Sommer die Krillpopulationen des offenen Meeres auffrischen, wo sie dann die Mägen hungriger Wale, Robben und Seevögel füllen.

Veränderungen der Krill- und Salpen-Bestände in der Antarktis | Veränderungen der Krill- und Salpen-Bestände in antarktischen Gewässern. Die globale Erwärmung und das damit verbundene Verschwinden der Treibeisflächen in der Antarktis lassen die Krill-Populationen schwinden. Nutznießer sind die anspruchsloseren Salpen, die wärmere Ozeanbereiche bevorzugen.
Allerdings gerät der Nachschub wohl ernsthaft ins Wanken. Als Angus Atkinson vom British Antarctic Survey und seine Kollegen die Fangdaten wissenschaftlicher Expeditionen aus den Jahren 1926 bis 1939 sowie von 1976 bis 2003 verglichen, stellten sie massive Bestandseinbrüche der Krustentiere fest. Seit 1976 nahmen die Populationen um bis zu 80 Prozent ab, während sie noch vor dem Zweiten Weltkrieg gestiegen waren. Der intensive Walfang griff damals zugunsten des Krills in die Nahrungskette ein. Mit dem Verschwinden der Wale, die immense Mengen der Kleinkrebse vertilgen können, nahmen die Krill-Schwärme vorläufig an Masse und Ausdehnung zu. Die aktuellen Verluste hängen nun aber keineswegs mit einer Rückkehr der großen Walarten zusammen, sondern gehen einher mit dem Rückgang des Treibeises.

Wie oft in der Natur steht aber auch hier den Verlierern des globalen Wandels ein Gewinner gegenüber: Die Salpen (vor allem Salpia thompsoni) profitieren von der Erwärmung. Die Quallen ähnlichen Manteltiere bewohnen die weiten, weniger produktiven Ozeanbereiche um die Antarktis und bevorzugen etwas wärmere Gefilde als der Krill. Während also der anspruchsvolle Krebs an Quantität abnimmt und sich in Gunstgebiete zurückzieht, breiten sich die anspruchslosen Salpen weiter aus.

Dies hat weit reichende Konsequenzen für die Megafauna der Antarktis. Durch den Walfang fehlte die mächtige Konkurrenz, die Robben- und Seevogelzahlen nahmen enorm zu. Jetzt sind wahrscheinlich auch ihre Vorkommen gefährdet, wie Rückgänge verschiedener Pinguinarten vermuten lassen. Sie verfügen zwar allesamt über große Nahrungsgebiete, massive und langfristige Populationseinbrüche des Krills jedoch lassen ihre Überlebensraten und Fortpflanzungserfolge in den Keller sinken. Als Nebeneffekt könnte sich die Erholung der Walbestände weiter verzögern oder sogar ausbleiben. Keine guten Aussichten für die Sympathieträger der Antarktis.

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