Plastikprodukte: Forscher finden über 1100 unbekannte Inhaltsstoffe
Viele Alltagsprodukte aus Plastik enthalten offenbar in großer Zahl unbekannte Inhaltsstoffe. Das ergab eine Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um Lisa Zimmermann von der Universität Frankfurt. Ihre Labortests zeigten: In 34 getesteten Produkten, darunter Jogurtbecher, Trinkflaschen, Topfreiniger oder Kaffeebecherdeckel, fanden sich insgesamt 1411 Stoffe, von denen sich gerade einmal 260 identifizieren ließen. In rund drei Viertel der untersuchten Produkte entdeckten die Forscher außerdem potenziell schädliche Chemikalien.
Die Ergebnisse der Studie wurden nun im Fachmagazin »Environmental Science & Technology« publiziert. Die Wissenschaftler testeten mit Hilfe von Laborverfahren, ob von den Stoffen eine Gesundheitsgefahr ausgeht. Potenziell gefährliche Substanzen wirken auf den Körper, beispielsweise indem sie sich wie Hormone verhalten oder Zellen unter oxidativen Stress setzen. Die Forscher testeten allerdings nicht, ob diese Stoffe auch tatsächlich in den menschlichen Körper gelangen. Insofern ist unklar, ob von den Plastikartikeln, in denen sie enthalten sind, eine Gefahr ausgeht. Nur ganz wenige Substanzen seien diesbezüglich gut erforscht, wie etwa das einschlägig bekannte Bisphenol A oder Phtalate.
Während manche Produkte aus einem regelrechten »Cocktail« von Stoffen bestanden, fanden sie in anderen kaum Beimengungen. Das zeige, dass es möglich sei, unbedenklichere Plastikartikel herzustellen, erläutert das Team in einer Pressemitteilung des in Frankfurt ansässigen Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE). Unter Federführung der dortigen Forschergruppe PlastX wurde das Experiment durchgeführt. Die Experten sprechen sich dafür aus, den Produzenten strengere Auflagen zu machen, um die Zahl der Zusatzstoffe vorsorglich so gering wie möglich zu halten.
Systematische Unterschiede gab es laut der Studie bei den verschiedenen Kunststoffarten. Die geringste Zahl möglicherweise schädlicher Inhaltsstoffe fanden sie bei Artikeln aus Polyethylenterephthalat (PET). Deutlich bedenklicher waren hingegen Polyvinylchlorid (PVC) und Polyurethan (PUR). Auch Biokunststoffe auf Basis von Polymilchsäure (PLA) schnitten schlecht ab, sie enthielten ebenfalls eine Vielzahl potenziell toxischer Stoffe.
Laut Zimmermann und Kollegen sei offen, ob die Kunststoffe tatsächlich eine konkrete Gefahr für die Gesundheit darstellen. Dies zu klären, war nicht Bestandteil ihrer aktuellen Studie. Allerdings empfehlen sie Verbrauchern, aus Gründen der Vorsicht auf Plastikverpackungen zu verzichten, wo es geht. »Sollte unter den Einkäufen dann aber doch mal ein in Plastik verpacktes Mikrowellenprodukt sein, sollte das Erhitzen in dieser Verpackung unbedingt vermieden werden«, sagt die Leiterin der Studie Carolin Völker vom ISOE in der Mitteilung des Instituts. Insbesondere die Hitze beschleunige das Übertreten der Chemikalien aus dem Kunststoff in das Lebensmittel. Andere Verpackungsalternativen wie etwa Papier oder Karton seien nicht unbedingt sicherer, denn auch hier können Chemikalien in Lebensmittel übertreten, erklärt Völker.
Dass Inhaltsstoffe aus Plastikprodukten in den Körper gelangen, wurde inzwischen nachgewiesen. Wie »Spiegel Online« beispielsweise jüngst berichtete, weisen nahezu alle Kinder und Jugendlichen laut einer unveröffentlichten Studie des Umweltbundesamts und des Robert Koch-Instituts Plastikinhaltsstoffe im Körper auf. Auch hier ist jedoch in der Regel unklar, welche Menge eines Stoffs sich im Körper anreichern muss, damit er schädliche Wirkung entfaltet.
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