Ökologie: Frühwarnsystem für bedrohte Welten
Der Peter Lake, ein winziger See im Norden der USA, liegt tief im Ahornwald von Wisconsin nahe der Grenze zu Michigan. Hier setzten Ökologen im Juli 2008 zwölf Forellenbarsche aus. Gleichzeitig platzierten sie im See Sensoren, die viele Monate lang im Fünfminutentakt die Wasserklarheit und somit auch das Algenaufkommen messen sollten. Im folgenden Jahr ließen die Forscher um Stephen Carpenter von der University of Wisconsin in Madison dort noch zweimal je 15 der großen Raubfische frei, die fast einen Meter lang werden können. Zunächst tat sich äußerlich nicht viel. Doch im Sommer 2010 veränderte der See plötzlich seine Farbe: Vorher war er grün und voller Algen gewesen, nun wurde das Wasser klar. Denn darin tummelten sich jetzt Unmengen von Wasserflöhen und anderen Organismen, die Algen fraßen. Zwei Jahre zuvor hatten vielerlei kleine Raubfische, darunter Elritzen und kleine Sonnenbarsche, die Winzlinge dezimiert. Aber diese Fische, die hier noch vor Kurzem die Nahrungskette dominiert hatten, standen nun nicht mehr länger an der Spitze. Die Neuankömmlinge hatten unter ihnen tüchtig aufgeräumt.
Der neue Zustand ist bis heute so geblieben. Was war geschehen? Das stabile frühere Nahrungsnetz – also die Nahrungsbeziehungen zwischen den verschiedenen Bewohnern des Sees – war kollabiert, und ein neues hatte sich aufgebaut. Den Umschwung hatten die Wissenschaftler in diesem Fall absichtlich provoziert. Und zwar reiht sich die Studie in experimentelle Forschungen ein, mit denen sie Faktoren aufspüren möchten, die im Zusammenhang mit Fressen und Gefressenwerden dauerhafte Veränderungen der Artendichten bewirken.
Gerade in den letzten Jahrzehnten beobachten Ökologen vielerorts, und oft unerwartet, Umbrüche ganzer Nahrungsnetze – meist in viel größerem Ausmaß als bei dem geschilderten Experiment. Vor Namibia etwa nehmen Quallen überhand, in den Marschen vor North Carolina Schnecken und Pilze. Im Nordwestatlantik sind die Kabeljau-(Dorsch-)Bestände kollabiert, während die Hummer prächtig gedeihen. Ob im Einzelfall Überfischung daran schuld ist, die Schaffung neuer Agrarflächen, städtische Bebauung oder die Erderwärmung – fest steht: Die Menschheit setzt gegenwärtig viele der großen Ökosysteme einem enormen Stress aus. Fachleute rechnen damit, dass in den kommenden Jahren noch so manche eingespielte Lebensgemeinschaft kippen wird. Solch ein Ereignis vorherzusagen, um es vielleicht noch abzuwenden, ist jedoch alles andere als einfach, denn Nahrungsnetze sind dazu oft viel zu komplex aufgebaut.
Der Peter Lake ist schon seit 30 Jahren ökologisches Forschungsobjekt. Anhand des reichen Datenmaterials entwickelten Carpenter und seine Mitarbeiter mathematische Modelle für das Verhalten von Nahrungsnetzen. Von daher konnten sie bei ihrem Experiment bereits 15 Monate im Voraus erste Warnzeichen für das baldige Umschlagen des Sees erkennen. Denn die Rechenmodelle haben inzwischen, zumindest ansatzweise, einige der Gesetzmäßigkeiten aufgezeigt, die darüber bestimmen, ob ein Nahrungsnetz stabil bleiben wird oder ob es demnächst an seine Grenzen zu stoßen und dann zu kollabieren droht.
Die Forscher möchten mit diesen Modellen den Stabilitätsgrad von Nahrungsnetzen erfassen und die gefährdeten unter ihnen identifizieren. Idealerweise hätte man damit ein Frühwarnsystem zur Hand, das etwa anzeigt wann bestimmte menschliche Eingriffe dringend aufhören müssen. Vielleicht ließe sich manche fatale Entwicklung auf die Weise sogar noch rechtzeitig umkehren. Ist ein Ökosystem nämlich einmal gekippt, gelingt eine Rückkehr zum früheren Zustand nach aller Erfahrung wenn überhaupt, dann höchst mühsam. Vorsorge ist in jedem Fall die wesentlich bessere Option.
Mathematische Modelle für komplexe Ökogefüge
Seit rund 100 Jahren befassen sich Forscher mit den Regeln der Artenzusammensetzung von ökologischen Systemen. Sie möchten die Populationsgrößen der einzelnen Spezies verstehen – warum etwa in einem untersuchten Gebiet Fliegen in großer Anzahl auftreten und Wölfe in sehr geringer; oder warum es in manchen Jahren besonders viele Fliegen gibt und in anderen deutlich weniger. Zur Veranschaulichung der inneren Beziehungen des Systems pflegten sie die entdeckten Räuber-Beute-Muster in Netzdiagrammen darzustellen. In solchen Bildern markiert die Dicke der Verbindungen die gefressenen Mengen. Allerdings können zu einem Nahrungsnetz mehrere Dutzend, vielleicht auch einige hundert oder sogar tausende verschiedene Arten gehören. Da stößt die grafische Darstellung rasch an ihre Grenzen. Derart komplexe Netze lassen sich nur mathematisch fassen.
In solchen Modellen übersetzt man das Verhalten einer Art in eine Gleichung, die ihre Wachstums- (sprich Vermehrungs-)Rate auf verschiedene Faktoren wie das verfügbare Futter bezieht und zugleich darauf, wie oft diese Art selbst zur Beute wird. Jedoch sind sämtliche Einflüsse Variablen – was die Berechnungen der Gleichungen selbst für einfachste Nahrungsnetze erheblich erschwert. Heute stehen zum Glück leistungsstarke Computer zur Verfügung. Mit ihnen konnten Forscher in letzter Zeit das Verhalten ganz verschiedener Ökosysteme durchspielen.
In den komplexen Modellierungen stecken eine Reihe von – teils hochvariablen – Eigenschaften sowohl der Individuen als auch der Populationen: unter anderem die Dichte sowie die Alters- und Geschlechtszusammensetzung der einzelnen Arten, deren Mobilität und spezielle Ernährungsstrategien. Hinzu kommen Faktoren wie die Begegnungshäufigkeit zwischen einer Räuber- und einer Beuteart und der Schutz, den ein Habitat bietet. Auch physikalische Faktoren beeinflussen das Wachstum von Populationen, etwa jahreszeitliche Schwankungen. Beim Peter Lake berücksichtigt Carpenters Team insbesondere auch den Lichteinfall, weil der das Algenwachstum und damit die Nahrungsgrundlagen wesentlich mitbestimmt.
Einige Schlüsselprinzipien natürlicher Nahrungsnetze haben die Modelle wie gesagt schon aufgezeigt. So erwies sich, dass in den meisten Systemen keineswegs ein paar wenige kräftige Räuber-Beute-Verbindungen – in der bildlichen Darstellung breite Bahnen – vorherrschen, wie man früher dachte. Viel eher bestimmen eine Menge schwach ausgeprägte Beziehungen, also zahlreiche dünne Fäden, das Bild. Im ersten Fall wären einzelne Räuber überwiegend auf jeweils eine Beuteart fixiert, und diese hätte einen Hauptfeind. Tatsächlich frisst ein Räuber meist etliche verschiedene Tiere, wie auch die einzelnen Beutearten es mit vielerlei Fressfeinden zu tun haben.
Nahrungsnetze, in denen zahlreiche Verbindungen vorherrschen, sind auf Dauer stabiler und wohl deswegen viel häufiger anzutreffen als solche mit dominierenden Räuber-Beute-Präferenzen. Denn im ersten Fall kann es ein Raubtier leichter verkraften und sich anders orientieren, sollte eine der bevorzugten Beutearten rar werden. Auch vermag sich eine stark dezimierte Beutepopulation nicht selten sogar wieder zu erholen, weil ihre Hauptfressfeinde sie nun erst einmal in Ruhe lassen, da ihnen andere Tiere eher unterkommen. Folglich sind Arten unter solchen Bedingungen nicht so leicht von Ausrottung bedroht. Zudem lassen die mathematischen Modelle verwundbare Stellen in Nahrungsnetzen erkennen: Bereiche, an denen kleine, zunächst wenig spektakuläre Veränderungen letztlich gesamte Ökosysteme treffen können. Lange hatten Forscher angenommen, dass diese hauptsächlich von der Basis her beherrscht werden, also von den Pflanzen und kleinen Tieren, die den größeren Tieren Nahrung liefern. Doch in den 1960er Jahren stellten Theoretiker Berechnungen an, denen zufolge Raubtiere an der Spitze eines Ökosystems erheblichen Einfluss auf andere Spezies nehmen können. Sie würden demnach unter Umständen indirekt sogar die Populationsdichte von Arten kontrollieren, die sie selbst überhaupt nicht fressen.
In Fachkreisen stieß diese neue These einer Kontrolle "von oben nach unten" zunächst auf erhebliche Skepsis. War es wirklich möglich, dass ein geringer Anteil der Tiere eines Nahrungsnetzes, die wenigen Topräuber, so viel Macht ausübt? Hierfür sprechen nicht zuletzt auch die Folgen von menschlichen Eingriffen in die Natur besonders in den letzten Jahrzehnten. Die Meere sind inzwischen von manchen großen Raubfischen wie dem Kabeljau ziemlich leer gefischt. Wölfe oder Luchse gibt es in weiten Regionen gar nicht mehr. Umgekehrt brachte der Mensch zum Beispiel neue Arten wie Ratten auf Inseln, wo sie keine Konkurrenten hatten und die Natur mitunter völlig veränderten.
Gesunde Natur mit Wölfen
Wie stark ein Topräuber die Verhältnisse bestimmen kann, lässt sich derzeit gut im Yellowstone-Nationalpark in Nordamerika beobachten. Die ehemals letzten Wölfe wurden dort um 1930 abgeschossen. Daraufhin vermehrten sich insbesondere die Wapitis, die amerikanischen Rothirsche, übermäßig. Sie aber ließen nun bei den Bäumen kaum noch Jungwuchs aufkommen. Die Landschaft wandelte sich völlig, was auch vielen anderen Tieren zu schaffen machte, etwa den Bibern. Erst seit man Mitte der 1990er Jahre Wölfe neu ansiedelte, scheint sich die Natur langsam wieder zu fangen. Ähnlich schwer wiegend wirkt sich mittlerweile vor der Ostküste der USA die Massenabschlachtung großer Haie durch die Fischindustrie auf das gesamte dortige Nahrungsnetz aus. Die Vorkommen von Austern und Kammmuscheln sind zusammengebrochen. Denn die großen Haie erbeuteten kleinere Raubfische, wie Rochen und kleinere Haie, die sich nun stark vermehren. Beispielsweise explodierten die Bestände der Kuhnasenrochen geradezu. Diese ernähren sich von Muscheln und anderen Schalentieren und haben deren Populationen extrem dezimiert.
In vielen solchen Fällen hatten Ökologen nicht rechtzeitig erkannt, dass sich eine Katastrophe anbahnte. Ihr früh genug entgegenzusteuern ist aber oft entscheidend. Wie schwierig es sein kann, wieder die alten Verhältnisse herzustellen, zeigen beispielsweise die Kabeljauvorkommen im nordwestlichen Atlantik. Die über mehrere Jahrzehnte völlig überfischten Bestände dieser recht gefräßigen Raubfische waren Anfang der 1990er Jahre völlig zusammengebrochen. Streng limitierte Fangquoten für Kabeljau, teils auch Fangverbote, sollten der Population wieder aufhelfen. Nach den mathematischen Modellen, an denen sich die Verantwortlichen damals orientierten, hätte sich die geschonte Population eigentlich in fünf bis sechs Jahren wieder weit gehend erholen müssen. Doch die Vorhersagen trafen nicht ein. Noch nach sechs Jahren betrug die Populationsgröße nur wenige Prozent der früheren, und es gab lange keine Anzeichen für eine Regeneration.
Den Grund hierfür haben Kenneth Frank vom Bedford Institute of Oceanography in Darmouth (Nova Scotia, Kanada) und seine Mitarbeiter aufgedeckt. In die Rechnungen war nur eingeflossen, wie rasch sich der Kabeljau im Prinzip vermehren kann. Mögliche Wechselwirkungen im Nahrungsnetz hatte man nicht berücksichtigt. Jedoch haben sich seine diversen Beutearten, darunter Sprotten, Lodden, Hummer und Eismeergarnelen, nach dem Zusammenbruch der Kabeljaupopulation enorm vermehren können. Diese fressen tierisches Plankton und somit auch Laich und Larven ihrer Räuber. Früher hatte der Kabeljau die Bestände jener Arten niedrig gehalten. Nun aber war das System gekippt: Trotz des Fangverbots wuchs kaum noch Kabeljau nach. Erst in den letzten Jahren finden Frank und seine Mitarbeiter Anzeichen für eine langsame Erholung des Kabeljaubestands.
Der entspricht heute immerhin wieder etwa einem Drittel von dem vor wenigen Jahrzehnten. Der Grund dafür: Die Beutearten vom Kabeljau wuchsen dermaßen an, dass sie schließlich ihre eigenen Nahrungsgründe praktisch leer fraßen und nun selbst nicht mehr genug Futter finden. Daher beginnen ihre Populationen jetzt ihrerseits zusammenzubrechen – und die Kabeljaupopulation erhält eine neue Chance, dass mehr Tiere das Erwachsenenstadium erreichen und sich fortpflanzen. Noch ist nicht sicher, ob seine Bestände eines Tages wieder die alte Größe erreichen und dann die Beutetierpopulationen wie früher klein halten. Laut Frank scheinen sie auf dem Weg dahin zu sein. Der Forscher betont aber, dass man bei so komplexen Wechselspielen jederzeit auf unliebsame Überraschungen gefasst sein muss.
Vieles kann ein etabliertes Nahrungsnetz bedrohen. Manchmal ist es eine fremde Art, die sich breitmacht. Zum Beispiel richten seit einigen Jahren Rotfeuerfische in den Korallenriffen der Karibik und an der US- Ostküste zunehmend großen Schaden an. Die attraktiven Tiere mit den langen, giftigen Flossenstrahlen, die über 30 Zentimeter groß werden, sind im Pazifik heimisch. So mancher Aquarianer, der ihrer überdrüssig wurde, hat sie offenbar in den Atlantik "entsorgt" – und die bizarren, rot-weißen Raubfische gedeihen dort bestens. Sie fressen ein breites Spektrum kleiner Tiere, weswegen Ökologen schwere Auswirkungen auf die heimischen Raubfische befürchten. Sogar Haie könnten von diesen Neuankömmlingen verdrängt werden.
Wie kündigen sich Ökokatastrophen an?
Ebenso hat der Klimawandel unter Umständen schwer wiegende Folgen für Nahrungsnetze, etwa wenn sich die Verbreitungsgebiete – oder Zeitspannen ihres Auftretens – von Raub- oder Beutetieren in unterschiedlicher Weise verlagern. Mancherorts beobachten Ökologen schon dergleichen. Dass es erheblich aufwändiger ist, ein bereits zusammengebrochenes Ökosystem wiederherzustellen, als es kurz vor dem Umkippen noch zu retten, ist Forschern längst klar. Doch die wenigsten vermochten sich bisher vorzustellen, woran sie eine nahende Katastrophe erkennen sollten. Ebenso wussten sie nicht, an welcher Stelle eines Nahrungsnetzes im Vorhinein am besten einzugreifen wäre. Auch hierbei sollen die mathematischen Modelle helfen.
Wie echte Ökosysteme können simulierte plötzlich kollabieren. Und wer genau hinschaut, bemerkt dafür in der Simulation lange vorher zwar nur leichte, aber eindeutige Anzeichen – ähnlich dem fernen Grollen vor einem Gewittersturm. So erholt sich beispielsweise ein virtuelles, bereits "lädiertes" Ökosystem nach einer Störung langsamer als ein noch gesundes. Übertragen auf natürliche Bedingungen heißt das: Wird das angeschlagene System etwa von einem Temperatursturz oder einer Seuche heimgesucht, schwingt es nicht so bald in den alten Zustand zurück wie ein gesundes. Je näher es dem Umschlagpunkt komme, desto länger benötige es nach solch einem Zwischenfall zur Erholung, stellt Marten Scheffer von der Universität Wageningen (Niederlande) fest, der an den Frühwarnsystemen mitarbeitet.
Die Forscher prüfen ihre Modelle in verschiedenster Weise an Organismen, zunächst unter streng kontrollierten Bedingungen im Labor. Am Peter Lake haben sie das Frühwarnsystem erstmals in der Natur ausprobiert. Nachdem sie die Forellenbarsche in den See gesetzt hatten, maßen sie täglich die Fischbestände sowie das Zoo- und das Phytoplankton. Zum Vergleich diente ihnen der direkt daneben gelegene, etwa gleich große Paul Lake, dessen Nahrungsnetz nicht manipuliert wurde. Wie eingangs erwähnt, änderten sich die Verhältnisse im Peter Lake erst zwei Jahre nach Versuchsbeginn drastisch. Doch schon im Sommer ein Jahr vor dem Wechsel fielen rasche Schwankungen des Chlorophyllgehalts – somit der Lichtverhältnisse – auf, die im Paul Lake nicht auftraten.
Jene starken Schwankungen erinnerten an das Verhalten von Simulationen kurz vor dem Kippen. Deswegen möchte Carpenters Team anhand der Modelle nun für verschiedenste Ökosysteme – Wälder, Feuchtgebiete, Meere – Beobachtungsinstrumente entwickeln, die auf solche Vorgänge ansprechen. Eigentliches Ziel der Messungen ist es natürlich, ökologische Desaster zu verhindern – sprich zu erkennen, wann es höchste Zeit wird, ein malträtiertes Ökosystem zu schonen oder sogar gezielt Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Inwiefern dieser Ansatz funktioniert, soll wiederum zuerst am Peter Lake geprüft werden. Diesmal wird der See gedüngt, was nach einiger Zeit eine Algenblüte hervorrufen dürfte. Das Wasser würde dann trüb, nur noch wenig Licht dränge in die Tiefe. Dadurch träte Sauerstoffmangel auf, der dem gesamten Ökogefüge zusetzen würde. Bei fortgesetzter Düngung wäre schließlich ein vermehrtes Sterben etlicher der großen Fische, auch der eingesetzten Forellenbarsche, zu erwarten. Carpenter vermutet, dass diese fortan über eine ganz geringe Dichte nicht mehr hinauskämen.
Allerdings rechnet er mit leichten Anzeichen für den kommenden Umschlag einige Monate im Voraus, die sich zum Beispiel als Schwankungen der Chlorophyllkonzentration bemerkbar machen könnten. Sobald dergleichen auftritt, wird er mit der Düngung aufhören. Dann, so die Prognose, sollte sich das ganze System wieder fangen: Der Algenwuchs ginge zurück, und der frühere Zustand würde sich wieder einpegeln. Der Paul Lake wird zu Vergleichszwecken weiterhin in Ruhe gelassen. Aber in den nahe gelegenen Tuesday Lake leiten die Forscher ebenfalls Nährstoffe ein, und bei diesem See werden sie trotz Alarmzeichen mit dem Düngen fortfahren und die Entwicklung verfolgen.
Bei allem Optimismus, dass derartige Frühwarnsysteme auch in anderen Situationen funktionieren und damit manchen Kollaps abwenden helfen, bleibt Carpenter realistisch. Zwar erscheinen die Modelle wegen der gleichartigen Organisationsprinzipien ökologischer Netze übertragbar. Doch wie die Simulationen zeigen, ist eine heftige Störung mitunter auch zu tief greifend und erfolgt zu rasch, als dass Ökologen sie rechtzeitig registrieren können. Das Fazit des Forschers: Es wird weiterhin böse Überraschungen geben – aber zumindest einige davon kann man mit dem Frühwarnsystem abwenden.
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