Eisschmelze: »Grundwasser« in Grönlands Gletscherklüften
Eine der wichtigsten Unbekannten beim Verhalten der großen Eisschilde Grönlands und der Antarktis ist, was mit dem Schmelzwasser passiert, das sich im Sommer auf Teilen der Eisoberfläche bildet. Es sammelt sich in Seen und Flüssen, um dann durch tiefe Löcher im Eis zu verschwinden. Doch nicht immer erreicht das Wasser gleich die Sohle des Gletschers, berichtet nun eine Arbeitsgruppe um Alexander Kendrick von der Stanford University. Wie die Gruppe in »Geophysical Research Letters« schreibt, zeigen hoch aufgelöste Radarechos aus dem Jahr 2014, dass der Store-Gletscher in Grönland bis in 50 Meter Tiefe von Klüften durchzogen ist, in denen sich bei Tauwetter flüssiges Schmelzwasser sammelt. Bisher war nur bekannt, dass Tauwasser in höheren Lagen in durchlässigen Schneeschichten früherer Jahre gespeichert wird.
Anscheinend gibt es aber auch in dem als Ablationszone bekannten Bereich, in dem sich kein Schnee mehr ansammelt, genug Hohlräume, um einen Teil des Schmelzwassers aufzufangen. Das könnte erhebliche Auswirkungen auf den Wasserzyklus rund um die seeseitigen Enden der grönländischen Gletscher haben. Schmelzwasser, das die Gletschersohle erreicht, »schmiert« vermutlich den Eisfluss und beschleunigt ihn. Eine unbekannte Menge Wasser, die stattdessen für unbekannte Zeit im Inneren des Eisschilds gespeichert bleibt, verändert diese Dynamik und daneben auch den Wärmefluss in den Gletscher. Bisher ist noch unklar, auf welche Weise diese Einflüsse in die Modelle von Gletscherbewegungen einfließen müssen, die letztendlich über die Eisschmelze und den ansteigenden Meeresspiegel Aufschluss geben.
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