Direkt zum Inhalt

Psycholinguistik: Hilfreiche Ähs

Füllwörter signalisieren Kleinkindern, dass ein unbekannter Begriff folgt.
Füllwort schärft Aufmerksamkeit für neue Objekte
Wenn Eltern ihrem Kind etwas erklären und dabei ein wenig stammeln, machen sie sich oft Sorgen, ob sie einen schlechten Einfluss auf dessen Sprachentwicklung haben. Was soll der Nachwuchs mit "Das ist ein, äh, Nilpferd" anfangen? Celeste Kidd von der University of Rochester in New York (USA) und ihre Kollegen haben jetzt nachgewiesen, dass gerade solche Füllwörter den Kleinkindern helfen können, einen Satz zu verstehen. Die Kleinen assoziieren die "ähs" und "hmms" offensichtlich mit einer darauf folgenden neuen Vokabel, die sie mit einem unbekannten Objekt verknüpfen.

Bereits mit 15 Monaten nutzen Babys das so genannte Kontrastprinzip: Unterschiedliche Begriffe haben unterschiedliche Bedeutung, ein fremder Name benennt wahrscheinlich einen noch nicht vertrauten Gegenstand. Doch für einen Zweijährigen, der nur wenige hundert Wörter kennt, ist es schwierig, den jeweils relevanten Ausdruck in der Rede eines Erwachsenen zu entdecken. Kidd und ihr Team wiesen nach, dass Füllwörter als Marker dienen, die darauf hindeuten, dass auf sie ein neuer Begriff folgt.

Füllwort schärft Aufmerksamkeit für neue Objekte | Im Versuch sitzt das Kleinkind auf dem Schoß seiner Mutter und sieht einen Bildschirm, auf dem ein bekanntes und ein neues Objekt erscheinen. Wird dem Kind der Befehl gegeben "Schau auf das, äh ..., xy", schaut es spontan auf den unbekannten Gegenstand, noch bevor es dessen Namen gehört hat.
In ihrem Versuch zeigten die Forscher 16 zwei bis drei Jahre alten Kindern verschiedene Bildpaare aus je einem bekannten und einem völlig neuen Objekt. Wenn die Kleinen von einer Stimme aufgefordert wurden "Schau auf das, äh ... , xy!", betrachteten sie spontan das unbekannte Gebilde – noch bevor sie den Namen gehört hatten. Wurde der Befehl dagegen in flüssiger Rede gegeben, schauten die Kinder weit kürzer auf die ungeläufige Figur. Wahrscheinlich schärfen die sprachlichen Unregelmäßigkeiten die Aufmerksamkeit für neue Dinge.

Die Wissenschaftler schließen daraus, dass die Fähigkeit von Kleinkindern, Laute mit Bedeutungen zu verknüpfen, erheblich allgemeiner ist als angenommen: Sie verbinden Füllwörter nicht mit einem einzigen wahrgenommenen Gegenstand, sondern mit der Eigenschaft einer Botschaft. Unklar ist noch, was sie unter den Füllwörtern verstehen. Für Erwachsene sind sie ein Zeichen dafür, dass der Sprecher Probleme beim Erinnern hat – was eher bei seltenen oder nicht geläufigen Begriffen der Fall ist. Werten auch Kinder ein Ähm als Signal dafür, dass sie nach etwas suchen müssen, dass dem Redner diese Schwierigkeiten bereitet? Oder haben sie einfach gelernt, dass solchen Lauten oft unbekannte Ausdrücke folgen? Dies müssen weitere Studien aufdecken.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.