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News: Hüllenlos

Nach wie vor wütet in tropischen Ländern eine alte Geißel der Menschheit: die Malaria. Ihrem Erreger ist nur schwerlich beizukommen, da er fortlaufend seine Oberflächenproteine und damit seinen "Fingerabdruck" ändert. Indem er sich in Leber- und Blutzellen versteckt, schlüpft er außerdem dem menschlichen Immunsystem durch die Finger. Doch auch die verborgenen Parasiten sind verwundbar: Eine vielversprechende Substanz hinderte sie nun daran, die lebensnotwendige Fetthülle um den Nachwuchs zu wickeln.
<i>Anopheles</i>
Wie im Kampf gegen viele andere Erreger ist auch im Fall der Malaria guter Rat teuer. Resistente Plasmodium-Parasiten zeigen sich inzwischen oftmals von den altbewährten Mitteln unbeeindruckt und ließen die fieberhafte Tropenkrankheit im letzten Jahrzehnt wieder dramatisch aufflammen: Millionen von Menschen infizieren sich jährlich neu, wobei das Leiden nicht selten tödlich endet. Dringender denn je sind neue Medikamente vonnöten, um dem Malaria-Erreger Einhalt zu gebieten. Doch gestaltet es sich äußerst schwierig, seiner habhaft zu werden.

Geschickt weicht der Parasit dem Abwehrsystem seines Wirtes aus, indem er sich in Leberzellen und roten Blutkörperchen niederlässt. Ungestört können sich die so genannten Merozoiten in diesen sicheren Verstecken vervielfachen und schließlich weitere Blutzellen befallen. Doch nur richtig verpackt sind die Abkömmlinge des Erregers lebensfähig: Ohne die schützende Lipidmembran geht der Nachwuchs zugrunde.

Auf diese Achillesferse zielten nun Henri Vial und seine Kollegen von der University of Montpellier und dem Centre National de la Recherche Scientifique ab. Sie entwickelten eine Bandbreite von chemischen Substanzen, welche die Parasiten daran hindern sollten, die Hüllschicht aufzubauen. Und tatsächlich stach der Kandidat namens G25 in Versuchen mit infizierten menschlichen Blutproben die anderen potenziellen Verbindungen aus. Sehr wirkungsvoll störte jenes Mittel den Erreger bei seinem Bestreben, dem Blutplasma Cholin zu entziehen, um die Hauptkomponente des Fettmantels herzustellen.

Auch Studien an Nagern und Affen, welche mit dem am häufigsten tödlichen Malaria-Erreger Plasmodium falciparum infiziert waren, verliefen vielversprechend: Bereits geringe Dosen von G25 ließen die Versuchstiere innerhalb kurzer Zeit vollständig genesen. Gezielt griff die Substanz dabei nur jene Blutkörperchen an, welche die teilungsfreudigen Parasiten beherbergten. Unversehrt ließ sie hingegen alle anderen tierischen Körperzellen, die ebenfalls Membranen produzieren – andernfalls hätte G25 auch hier seine schädigende Wirkung entfaltet.

Nun setzen die Forscher große Hoffnungen in jene Verbindung, da sie sich als höchst wirkungsvolle Waffe im Kampf gegen die Malaria-Erreger erweisen könnte. Eventuell lässt sie selbst solche Parasiten nicht verschont, die bereits gegen eine Palette herkömmlicher Medikamente resistent sind, spekuliert David Fidock vom Albert Einstein College of Medicine. Als weitere Pluspunkte sind die leichte Herstellung und die geringen Kosten zu verbuchen. Allerdings gilt es noch eine Hürde zu überwinden: Bislang konnten Forscher die Verbindung nur als Injektion verabreichen.

Obwohl erste Versuche scheiterten, G25 in eine Tablettenform zu bringen, hofft Vial dennoch, innerhalb von zwei Jahren einen derartigen Kandidaten für vorklinische Studien entwickelt zu haben. Im nächsten Schritt planen die Wissenschaftler nun, die Ursache zu entschlüsseln, warum die Verbindung nur infizierte Blutzellen angreift. Gelingt es, die chemische "Spürnase" von G25 aufzudecken, ließen sich vielleicht noch weitere wirksame Medikamente gegen die Tropenkrankheit konstruieren. Und ein weiteres Hauptaugenmerk wollen die Forscher auf mögliche Nebenwirkungen richten, denn immerhin wirkt die Substanz auf ein grundlegendes biologisches System ein.

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