Asteroidenforschung: Immer näher an Vesta
Die Objekte im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter sind Hinterlassenschaften aus der Frühgeschichte unseres Sonnensystems. Hunderttausende Himmelskörper finden sich dort. Sie hatten nicht die Chance, zu großen Planeten zu verschmelzen, denn der Einfluss von Jupiters Schwerefeld störte sie dabei. Die NASA-Raumsonde Dawn war 2007 aufgebrochen, um zwei besonders interessante Ziele in diesem Gürtel näher zu untersuchen.
Der erste Kandidat ist der Asteroid Vesta: Etwa 500 Kilometer groß und derart hell, dass es als einziges Objekt des Asteroidengürtels bei günstigen Bedingungen sogar mit dem bloßen Auge zu erkennen ist. Bei seiner Entstehung war der Asteroid noch heiß und flüssig, so dass er einen Metallkern bilden konnte, um den sich ein Gesteinsmantel formte. Dieser Aufbau macht ihn zur Miniaturausgabe eines erdähnlichen Planeten.
Nach vier Jahren Flugzeit hat Dawn im Juli 2011 Vesta erreicht. Seitdem schraubt sich die Sonde in zunehmend tiefere Umlaufbahnen und liefert beeindruckende Bilder. Den ersten Monat seiner Mission im Orbit verbrachte Dawn damit, Vesta aus etwa 2700 Kilometern Höhe zu fotografieren. Dabei umkreiste die Sonde den Asteroiden insgesamt sieben Mal, jeweils innerhalb von 69 Stunden. Die Jahreszeiten auf Vesta hüllten zu dieser Zeit den Nordpol in Schatten und brachten den Südpol ins Licht. Von dort gelangen spektakuläre Bilder eines gewaltigen Einschlagkraters, fast so groß wie der Asteroid selbst. Auf diese hochauflösenden Ansichten waren die Astronomen besonders gespannt, denn der Krater wurde in geringer Auflösung schon 1997 vom Weltraumteleskop Hubble aufgenommen.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hilft bei der Auswertung der Bilder und hat aus den Aufnahmen ein Video zusammengestellt (Link zum Video), das den Überflug aus der Perspektive von Dawn zeigt.
Die Strukturen, die Dawn von diesem außergewöhnlichen Asteroiden enthüllt hat, stellen die Astronomen vor Rätsel. In der Falschfarbendarstellung sind die Erhebungen und Vertiefungen der Oberfläche besonders gut zu erkennen, codiert durch eine Farbpalette von Rot bis Blau. Auch hierzu bietet die NASA ein Video des DLR an (Link zum Video).
Unter all den Einschlagkratern auf Vesta ist es für die Wissenschaftler eine besondere Herausforderung, die zahlreichen Strukturen auf der Oberfläche zu erkennen, die man einer flüssigen Anfangsphase von Vesta und vulkanischer Aktivität zuschreiben könnte. Auch ausgedehnte Systeme von Furchen entlang der Äquatorregion lassen die Geologen genauer hinsehen. Auffällig ist außerdem, dass die Nordhalbkugel des Asteroiden von deutlich mehr Kratern bedeckt ist als Vestas Südhälfte. Solche Beobachtungen sind möglicherweise Nachwirkungen des gigantischen Einschlags im Süden, der den Asteroiden in zwei Hemisphären teilte.
Im nächsten Schritt wird Dawn den Asteroiden aus einer viermal geringeren Höhe erkunden. So werden aus 680 Kilometern Entfernung noch detailreichere Untersuchungen der Oberfläche möglich. Anschließend wird sich Dawn weiter herunter schrauben und einen dritten Orbit in nur 200 Kilometern Höhe erreichen. Von dort wird die Sonde mit einem Spektrometer die Zusammensetzung der Oberfläche entschlüsseln.
Bevor die Raumsonde Vesta wieder verlässt, wird sie noch eine Serie von Aufnahmen aus 2700 Kilometern sammeln. Dann herrscht auf Vesta eine andere Jahreszeit, so dass mehr Sonnenlicht auf die nördlichen Regionen fällt. Es wird in den kommenden Monaten also noch viele Gelegenheiten geben, ein Auge auf Vestas Geheimnisse zu werfen.
Nach einem Jahr im Orbit des Asteroiden wird Dawn in Richtung des zweiten Missionsziels aufbrechen. In Vestas Nachbarschaft im Asteroidengürtel befindet sich der Zwergplanet Ceres. Er ist mit mehr als 950 Kilometern Durchmesser das größte Objekt in dieser Region und besitzt eine Hülle aus gefrorenem Wasser. Ein näherer Blick auf die Besonderheiten von Ceres und Vesta könnte auch unser Verständnis dafür schärfen, wie das Zusammenspiel von Asteroiden in der Frühphase des Sonnensystems Planeten wie unsere Erde formte. Im Jahr 2015 wird die Raumsonde Ceres erreichen. Auch von dort erwarten uns dann voraussichtlich Aufsehen erregende Bilder. In der Zwischenzeit werden die beteiligten Wissenschaftler reichlich Arbeit haben, anhand der gesammelten Daten die seltsamen Eigenschaften von Vesta zu entschlüsseln.
Mike Beckers
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