Inka: Machu Picchu – älter als gedacht?
Machu Picchu gilt als Ikone der Inkazeit. Der Gründer des Andenreichs, Pachacuti Yupanqui, soll die Winterresidenz errichtet haben – bald nach seiner Thronbesteigung, die spanische Schriftquellen für das Jahr 1438 überliefern. US-Forscher widersprechen nun der anerkannten Datierung. Richard Burger von der Yale University und seine Arbeitsgruppe haben menschliche Überreste aus den Nekropolen der peruanischen Ruine per Radiokarbonmethode untersucht. Ihr Ergebnis: Der Palast sei früher, bereits ab 1420, bewohnt gewesen, wie die Forscher im Fachmagazin »Antiquity« darlegen. Pachacuti muss demnach früher regiert haben, und auch seine weit reichenden Eroberungen, die das größte präkolumbianische Reich Amerikas begründeten, hätten sich dann früher ereignet.
Burger und sein Team analysierten 26 menschliche Knochen und Zähne aus den Friedhöfen rund um Machu Picchu. Da die Stätte vor der Errichtung des Palasts unbewohnt war, dürften die Toten nicht älter als Machu Picchu sein. Dafür spricht laut der Wissenschaftlergruppe auch, dass die Knochen keine Abnutzungsspuren schwerer Arbeit zeigen – es sich also sehr wahrscheinlich um Palastdiener und -bewohner handelte, weniger um Arbeiter, die den Baukomplex errichteten.
Die ermittelten C-14-Daten erstrecken sich auf einen Zeitraum von zirka 1420 bis 1530. Das Enddatum passt zu den archäologischen Funden. So sind aus Machu Picchu keine Zeugnisse spanischer Kolonialisten bekannt, die das Inkareich 1532 erobert haben.
Die Chronologie der Inka
Sollten die Forscher um Burger Recht behalten, dann hätte Pachacuti Yupanqui seine Herrschaft früher angetreten als bislang angenommen. Auch die Eroberungszüge des Inka hätten sich dann eher ereignet. Seine Regierungszeit von 1438 bis 1471 ist aus den Berichten spanischer Chronisten bekannt. Der Archäologe John Rowe wertete die Überlieferung in den 1940er Jahren aus und rekonstruierte so die Geschichte der Inka. Diese Chronologie ist bis heute gültig, obwohl die Daten der spanischen Chronisten laut Rowe nicht immer stimmig sind.
Allerdings ist nicht nur die alte Chronologie problematisch, sondern auch die neue C-14-Datierung. Zwar hätten Richard Burger zufolge Messungen an Inkastätten in Argentinien, Ecuador und im Norden Chiles ebenfalls Ergebnisse geliefert, die mit der bisherigen Zeiteinteilung des Inkareichs nicht übereinstimmen. Aber die Radiokohlenstoffmethode selbst kann keine aufs Jahr genauen Daten liefern. Aus diesem Grund betonen Burger und seine Kollegen, dass ihre Datierungen »mit Vorsicht behandelt werden sollten«. Ihres Erachtens sei es aber an der Zeit, nicht mehr nur Schriftquellen Vertrauen zu schenken, sondern Radiokarbondaten für die Chronologie der Inka und ihrer Stätten wie Machu Picchu zu nutzen. Es seien aber weitere Analysen nötig, um ihre Ergebnisse zu bekräftigen.
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