Anthropologie: Junger Uropa
Mehr als sechs Milliarden Menschen leben auf diesem Planeten. Doch wann wandelte jener Mensch auf Erden, von dem all diese Milliarden ohne Ausnahme abstammen? Die überraschende Antwort: erst vor wenigen tausend Jahren.
Stellen Sie sich vor, Sie setzen sich in eine Zeitmaschine und reisen zurück in das Jahr 3000 v. Chr. Dann besuchen Sie ein kleines Dorf am Nil. Pharao Menes ist gerade damit beschäftigt, Ober- und Unterägypten gewaltsam zu vereinen und damit die Erste Dynastie des Alten Ägyptens zu gründen – aber das soll uns hier nicht weiter interessieren. Sie besuchen also dieses altägyptische Dorf, und der erste Mensch, der Ihnen über den Weg läuft, ist Ihr – Ur-ur-undsoweiter-urgroßvater.
Und auch bei der nächsten Person, mit der Sie sich auf Grund sprachlicher Probleme vermutlich nur schwer verständigen können, gehört mit ziemlicher Sicherheit zu Ihren unmittelbaren Urahnen. Wenn Sie schließlich dann doch jemanden auftreiben sollten, der nicht zu Ihrem Stammbaum zählt, dann einfach nur deswegen, weil dieser bedauernswerte Mensch überhaupt keine Urenkel im Jahr 2004 sein Eigen nennen wird.
Das soll nun nicht heißen, dass wir unsere Ahnen ausschließlich im Alten Ägypten zu suchen haben. Wenn Sie sich mit Ihrer Zeitmaschine aus dem sonnigen Ägypten in das ferne und kalte Alaska begeben – zu dieser Zeit erreichen gerade die ersten Inuit aus Asien kommend den späteren US-Staat –, werden Sie das gleiche erleben: Egal, wen Sie treffen, er oder sie gehört entweder zu den unmittelbaren Vorfahren der gesamten heute lebenden Menschheit, oder die Person hat heute überhaupt keine Nachfahren.
Dieses auf den ersten Blick etwas überraschende Bild zeichnen Douglas Rohde, Steve Olson und Joseph Chang. Die drei Forscher – Rohde arbeitet als Computerexperte am Massachusetts Institute of Technology, der Journalist Olson zählt zu den bekanntesten amerikanischen Wissenschaftsautoren, und Chang ist als Mathematiker an der Yale-Universität tätig – stützten sich bei ihrer Suche nach dem gemeinsamen Urahn der Menschheit auf ein mathematisches Modell, das Chang ursprünglich entwickelt hatte.
Chang geht zunächst von der bekannten Tatsache aus, dass jeder von uns zwei Eltern, vier Großeltern, acht Urgroßeltern und so weiter hat. Die Zahl unser Vorfahren wächst demnach mit jeder Generation exponentiell an. Damit würden unsere Ahnen sehr schnell die gesamte Erdbevölkerung übersteigen – was natürlich nicht sein kann. Die Ursache für diesen Ahnenschwund liegt einfach darin begründet, dass untereinander verwandte Vorfahren jeweils mehrfach im Stammbaum auftreten. Da das für alle Menschen gilt, muss sich für zwei beliebige heute lebende Personen ein Urahn finden lassen, den beide gemeinsam haben.
Betrachten wir nicht zwei, sondern eine ganze Gruppe von Menschen, dann müssen wir weiter in den Generationen zurückgehen, um einen gemeinsamen Ahnen zu finden. Chang schätzt nun, dass die Zahl dieser Generationen sich proportional zum Zweierlogarithmus der Populationsgröße verhält. Bei einer Gesamtbevölkerung von sechs Milliarden ergibt das knapp 33 Generationen beziehungsweise – bei einer Generationsdauer von etwa 25 Jahren – ein wenig mehr als 800 Jahre. Demnach hätte der letzte gemeinsame Vorfahre der heutigen Menschheit irgendwann im Hochmittelalter gelebt.
Gehen wir noch weiter zurück, dann erreichen wir schließlich – auf Grund der gegenseitigen Verwandtschaft – den Zeitpunkt, ab dem eine beliebige Person entweder der Vorfahre aller heutigen Menschen oder eben von keinem einzigen ist, da seine Linie inzwischen ausstarb. Chang nimmt an, dass diese Schwelle der identischen Ahnen vor knapp der doppelten Generationszahl auftrat.
Das Ergebnis: Der letzte gemeinsame Vorfahre lebte vor 76 Generationen oder 2300 Jahren – zur Zeit von Aristoteles -; vor 169 Generationen oder 5000 Jahren – als in Ägypten die ersten Pyramiden entstanden – wurde die Schwelle der identischen Vorfahren überschritten.
Wie die Forscher betonen, sind die Annahmen ihres Modells eher konservativ. Doch selbst wenn sie besondere geografische Hindernisse verstärkt berücksichtigen – wie die Beringstraße, welche die ersten Einwanderer Amerikas überwinden mussten – verlegt das den Zeitpunkt der gemeinsamen Ahnen der Menschheit nur um wenige Jahrhunderte weiter zurück.
Natürlich sind die Abschätzungen der drei Forscher immer noch recht grob, doch sie sind überzeugt: "Egal, welche Sprache wir sprechen und welche Hautfarbe wir haben, wir alle haben Ahnen, welche an den Ufern des Jangtsekiang Reis gepflanzt, die ersten Pferde in den Steppen der Ukraine domestiziert, Riesenfaultiere in den Wäldern Nord- und Südamerikas gejagt und die Cheops-Pyramide gebaut haben."
Und auch bei der nächsten Person, mit der Sie sich auf Grund sprachlicher Probleme vermutlich nur schwer verständigen können, gehört mit ziemlicher Sicherheit zu Ihren unmittelbaren Urahnen. Wenn Sie schließlich dann doch jemanden auftreiben sollten, der nicht zu Ihrem Stammbaum zählt, dann einfach nur deswegen, weil dieser bedauernswerte Mensch überhaupt keine Urenkel im Jahr 2004 sein Eigen nennen wird.
Das soll nun nicht heißen, dass wir unsere Ahnen ausschließlich im Alten Ägypten zu suchen haben. Wenn Sie sich mit Ihrer Zeitmaschine aus dem sonnigen Ägypten in das ferne und kalte Alaska begeben – zu dieser Zeit erreichen gerade die ersten Inuit aus Asien kommend den späteren US-Staat –, werden Sie das gleiche erleben: Egal, wen Sie treffen, er oder sie gehört entweder zu den unmittelbaren Vorfahren der gesamten heute lebenden Menschheit, oder die Person hat heute überhaupt keine Nachfahren.
Dieses auf den ersten Blick etwas überraschende Bild zeichnen Douglas Rohde, Steve Olson und Joseph Chang. Die drei Forscher – Rohde arbeitet als Computerexperte am Massachusetts Institute of Technology, der Journalist Olson zählt zu den bekanntesten amerikanischen Wissenschaftsautoren, und Chang ist als Mathematiker an der Yale-Universität tätig – stützten sich bei ihrer Suche nach dem gemeinsamen Urahn der Menschheit auf ein mathematisches Modell, das Chang ursprünglich entwickelt hatte.
Chang geht zunächst von der bekannten Tatsache aus, dass jeder von uns zwei Eltern, vier Großeltern, acht Urgroßeltern und so weiter hat. Die Zahl unser Vorfahren wächst demnach mit jeder Generation exponentiell an. Damit würden unsere Ahnen sehr schnell die gesamte Erdbevölkerung übersteigen – was natürlich nicht sein kann. Die Ursache für diesen Ahnenschwund liegt einfach darin begründet, dass untereinander verwandte Vorfahren jeweils mehrfach im Stammbaum auftreten. Da das für alle Menschen gilt, muss sich für zwei beliebige heute lebende Personen ein Urahn finden lassen, den beide gemeinsam haben.
Betrachten wir nicht zwei, sondern eine ganze Gruppe von Menschen, dann müssen wir weiter in den Generationen zurückgehen, um einen gemeinsamen Ahnen zu finden. Chang schätzt nun, dass die Zahl dieser Generationen sich proportional zum Zweierlogarithmus der Populationsgröße verhält. Bei einer Gesamtbevölkerung von sechs Milliarden ergibt das knapp 33 Generationen beziehungsweise – bei einer Generationsdauer von etwa 25 Jahren – ein wenig mehr als 800 Jahre. Demnach hätte der letzte gemeinsame Vorfahre der heutigen Menschheit irgendwann im Hochmittelalter gelebt.
Gehen wir noch weiter zurück, dann erreichen wir schließlich – auf Grund der gegenseitigen Verwandtschaft – den Zeitpunkt, ab dem eine beliebige Person entweder der Vorfahre aller heutigen Menschen oder eben von keinem einzigen ist, da seine Linie inzwischen ausstarb. Chang nimmt an, dass diese Schwelle der identischen Ahnen vor knapp der doppelten Generationszahl auftrat.
Doch das Modell ist ein wenig zu einfach. Es setzt nämlich voraus, dass die Menschheit beliebig untereinander heiratet und Kinder in die Welt setzt. Dem ist bekanntermaßen nicht so, und deshalb versuchten die drei Forscher weitere Faktoren wie Wanderungsbewegungen und geografische Begebenheiten zu berücksichtigen. So teilten sie die Menschheit nach den archäologisch bekannten Wanderungsrouten in zehn Populationen auf: Afrika, Nordafrika, Eurasien, Nordsibirien, Nordamerika, Grönland, Südamerika, Südostasien, Australien und Ozeanien. Dann nahmen sie einen Austausch zwischen diesen Subpopulationen von lediglich einem Migrantenpaar pro Generation und eine Generationsdauer von 30 Jahren an.
Das Ergebnis: Der letzte gemeinsame Vorfahre lebte vor 76 Generationen oder 2300 Jahren – zur Zeit von Aristoteles -; vor 169 Generationen oder 5000 Jahren – als in Ägypten die ersten Pyramiden entstanden – wurde die Schwelle der identischen Vorfahren überschritten.
Wie die Forscher betonen, sind die Annahmen ihres Modells eher konservativ. Doch selbst wenn sie besondere geografische Hindernisse verstärkt berücksichtigen – wie die Beringstraße, welche die ersten Einwanderer Amerikas überwinden mussten – verlegt das den Zeitpunkt der gemeinsamen Ahnen der Menschheit nur um wenige Jahrhunderte weiter zurück.
Natürlich sind die Abschätzungen der drei Forscher immer noch recht grob, doch sie sind überzeugt: "Egal, welche Sprache wir sprechen und welche Hautfarbe wir haben, wir alle haben Ahnen, welche an den Ufern des Jangtsekiang Reis gepflanzt, die ersten Pferde in den Steppen der Ukraine domestiziert, Riesenfaultiere in den Wäldern Nord- und Südamerikas gejagt und die Cheops-Pyramide gebaut haben."
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